Das vergangene Jahr war verkehrs-politisch gesehen ein ereignisreiches Jahr. Es begann fulminant mit der Abstimmung über den Bau einer zweiten Gotthardröhre. 1 883 741 Ja-Stimmen und 1 420 481 Nein-Stimmen wurden am 28. Februar 2016 eingelegt. 57 Prozent der Stimmbürger sprachen sich für den Bau eines zweiten Gotthard-Stras-sentunnels aus.
Verkehrsministerin Doris Leuthard betonte nach dem Urnengang, dass der Alpenschutz in der Verfassung trotz des Baus gewahrt bleibe. Die Bauarbeiten beanspruchten ungefähr sieben Jahre, sodass die Aufnahme des Betriebs ab 2017 erfolgen dürfe. Anschliessend werde der alte Tunnel saniert. Um 2030 verfüge dann die Schweiz über zwei sichere und moderne Tunnel.
Eine deutliche Abfuhr gab es dagegen für die Promotoren der «Milchkuh»-Initiative. Sie verlangten mit der Initiative zusätzliche 1.5 Mia. Franken pro Jahr aus der Bundeskasse für den Strassenverkehr. Mit 1 719 322 Nein- gegen 709 752 Ja-Stimmen wurde die Initiative verworfen. Etwas Gutes hat die Abstimmung dennoch gebracht, denn jetzt ist klar: Die Stimmbürger wollen sichere und leistungsfähige Strassen und sind auch bereit, den bisherigen Finanzierungsmodus für den öffentlichen und privaten Verkehr punktuell zu ändern, aber nicht grundlegend.
Überwältigender Start
Ebenso fulminant startet das eben angelaufene Jahr mit Bezug auf die Verkehrs-politik. Am 12. Februar entscheiden Volk und Stände über den NAF (Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds). Der NAF löst den 2008 in Kraft getretenen Infrastrukturfonds ab. Analog zu Fabi (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) soll auch die Strasse eine solide und verlässliche Finanzierungsgrundlage erhalten. Der unbefristete Fonds soll aus bisherigen und neuen Quellen gespeist werden.
Zu den bisherigen Quellen zählen die Erträge aus dem Mineralölsteuerzuschlag und der Autobahnvignette. Zu den neuen Quellen gehören die Erträge aus der Automobilsteuer und 10 Prozent der Einnahmen aus der Mineralölsteuer. 50 Prozent der Mineralölsteuer werden in die Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) geleitet. Demnach werden neu 40 statt wie bisher 50 Prozent in die Bundeskasse fliessen. Des Weiteren sollen ab 2020 auch Elektroautos zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur beitragen. Zudem ist beabsichtigt, den Mineralölsteuerzuschlag um 4 Rappen pro Liter auf Benzin und Diesel zu erhöhen, sobald der Fondsbestand unter eine gewisse Grenze fällt. Nach Angaben des Bundesrats sollte das frühestens im Jahr 2019 der Fall sein. Insgesamt werden für den NAF rund 3 Mia. Franken pro Jahr zur Verfügung stehen. Darüber hinaus besteht mit dem Einbezug des Netzbeschlusses 2012, der Ergänzung des Nationalstrassennetzes mit der Umfahrung Morges VD und der Glatttal-Autobahn ZH sowie mit dem Konzept für das Strategische Entwicklungsprogramm (STEP) Nationalstrasse die Aussicht, dass der Planungs- und Investitionsstau bei der Engpassbeseitigung behoben werden kann. Mit dem erwähnten Netzbeschluss sollen 400 Kilometer kantonaler Strassen in das Nationalstrassennetz aufgenommen werden.
Noch nicht in trockenen Tüchern
So vernünftig ein Ja zur NAF-Vorlage auch erscheint, sie ist noch nicht in trockenen Tüchern. Die SP und die Grünen lehnen die Vorlage ab. Die SP bemängelt die einseitige Fokussierung auf den Strassenverkehr. Ihrer Ansicht nach hätten mit den Agglomerationsprogrammen, die Teil des NAF sind, auch der öffentliche Verkehr sowie der Fuss- und Veloverkehr gefördert werden sollen. Neu würden aber nur «Strassen und strassengebundener ÖV» berücksichtigt. Schienen-, Velo- und Fussverkehr würden nicht erwähnt. Schliesslich würden durch den neuen Finanzierungsmodus der Bundeskasse jedes Jahr 600 bis 700 Mio. Franken pro Jahr entzogen. Geld, das deshalb andernorts eingespart werden müsse. Trotz dieser Nein-Front darf man der Abstimmung zuversichtlich entgegenblicken.
Des Weiteren wird uns die Energiestrategie 2050 auch im laufenden Jahr beschäftigen. Die Botschaft des Bundesrats zum Verfassungsartikel über ein Klima- und Energielenkungssystem (Kels) befindet sich momentan in der parlamentarischen Beratung. Dazu kommt, dass die Totalrevision des CO2-Gesetzes sowie das Klimaübereinkommen von Paris in die Vernehmlassung gegeben wurden und die Antworten nun ausgewertet werden. Bekanntlich will der Bundesrat die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030 gegenüber 1990 halbieren. Es ist damit zu rechnen, dass eine Abgabe auf Treibstoffe wieder aufs Tapet kommen und damit zur Diskussion gestellt wird.
Schliesslich soll die dreijährige Ausbildung der Junglenker verbessert werden. So wird die 2-Phasen-Ausbildung neu ausgerichtet. Dazu wird voraussichtlich in diesem Jahr eine Vernehmlassung eröffnet werden. Und ganz zuletzt wird das Teilstück der A16 im Jura auf dem Berner Abschnitt zwischen Loveresse und Court dieses Jahr in Betrieb genommen. AO