Zu lauten Autofahrern soll es nicht nur mit technischen Massnahmen an den Kragen gehen, sondern auch ihr Verhalten soll sich ändern, so die Absicht einer Motion, die das Strassenverkehrsgesetz ändern will. «Übermässigen Motorenlärm wirksam reduzieren» heisst die Vorlage, bei der Ende März die Vernehmlassung zu Ende gegangen ist. Als Sündenbock für die Verschärfung der Gesetze werden die wenigen Autoposer vorgeschoben, die mit getunten Autos in den Ohren Geräuschsensibler unnötigen Lärm verursachen. Autoposer waren in den vergangenen Jahren in den Medien immer wieder negativ präsent – beziehungsweise präsentiert worden –, nicht zuletzt auch im Zuge der geplanten Lockerung des sogenannten Rasergesetzes. Aber nicht nur wenn sie zu schnell fahren stören sie, sondern auch wenn sie nicht fahren. Beispielsweise beim Hochdrehen der Motoren im Stand. Die vorgeschlagenen Anpassungen gehen aber weit über das Gasgeben im Stand oder den Kavaliersstart an der Ampel hinaus. Auch braucht es keine illegalen Umbauten mehr, um als Autofahrer bereits in die Illegalität abzurutschen.
Sportliches Fahren wird illegal
Die gravierendsten Änderungen sind in den Beispielen zu finden, die die Verkehrsregelnverordnung in Zukunft als «vermeidbaren Lärm» auflistet. So gehören dazu künftig das «zu schnelle Beschleunigen des Fahrzeugs in Kurven und Steigungen». Was als «zu schnell» gilt, ist nicht definiert, das liegt dann im Auge des Betrachters beziehungsweise der Vollzugsbehörde, die mit prüfendem Auge und Ohr danebenstehen und beurteilen muss, ob zu schnell beschleunigt wurde oder nicht. Für Besitzer von Sportwagen für Passfahrten am Wochenende oder Töfffahrer könnte es potenziell teuer werden.
Auch «das Verursachen von unnötigem Lärm der Auspuffanlage wie Knallen und Böllern, insbesondere durch Schalten oder abrupte Gaswegnahme oder bei der Verwendung eines Fahrmodus» wird strafbar, auch wenn sie ohne illegales Tuning an der Abgasanlage zustande kommen. Bei nicht wenigen Sportwagen sind solche Geräusche ein bewusster Teil des Soundkonzepts, die Fahrzeuge entsprechend homologiert und zugelassen worden. Es wird also faktisch die Verwendung des Sportmodus bei gewissen Fahrzeugen verboten, wobei das Gesetz nicht abschliessend definiert, welche Fahrmodi als «unnötigen Lärm verursachend» gelten sollen.
Dass sich lärmempfindliche Personen an solchen Motorgeräuschen wenig erfreuen, ist verständlich. Lärm korreliert gemäss verschiedenen Studien stark mit psychischen Krankheiten, beeinträchtigt die Lebensqualität und kann die Lebenserwartung verkürzen. Pikant ist an der Vorlage aber, dass Lärmemissionen künftig keine Betroffenen mehr benötigen, damit sie sanktioniert werden. Hielt das Gesetz bisher explizit fest, dass der Lärmschutz insbesondere in «Wohn- und Erholungsgebieten und nachts» gilt, wird das künftig nicht mehr der Fall sein. Wer also auf einer einsamen Landstrasse ohne Anwohner unterwegs ist, ist genauso ein Störenfried wie jemand, der im Quartier den Motor aufheulen lässt. Auch wenn niemand in der Nähe ist, der gestört werden könnte – mit Ausnahme der polizeilichen Lärmkontrolle beim Mittagsschlaf. Als Strafe dafür droht im Wiederholungsfall der Entzug des Führerausweises.
Angriff aufs Auto
Kein Wunder also, regt sich in autofreundlichen Kreisen Widerstand gegen die geplanten Änderungen. Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, Hans-Ulrich Bigler, sieht in der Vorlage vor allem eine weitere Zwängerei gegen die Autofahrer, wie er in der Stellungnahme zur Vernehmlassung schreibt: «Die Vorlage ist ein Ausdruck einer allgemeinen autofeindlichen Ideologie, welche die Gefahr von Willkür birgt. So werden die Straftatbestände dermassen ausgeweitet, dass jegliches auch nur ansatzweise sportliches Fahrverhalten bestraft werden kann.»
Dass wegen Lärmbelästigung im Verkehr, die nicht nur durch Böswilligkeit, sondern auch durch Unachtsamkeit zustande kommen kann, gleich der Entzug des Führerausweises droht, sorgt für Unsicherheit. Deshalb lehnt auch der Wirtschaftsverband Economiesuisse die Vorlage ab und sieht vor allem die Berufsfahrer unnötig bedroht, die durch die Regelungen zu Schaden kämen.
Gegen Umbauten
Wer sein Auto nicht vorschriftsgemäss umbaut und mit illegalen Teilen lauter macht, muss bereits heute mit Strafen rechnen. Und wer mit einem Fahrzeug im Strassenverkehr unterwegs ist, das nicht den geltenden Vorschriften entspricht, kann bereits heute von der Polizei zu einer Kontrolle auf dem Strassenverkehrsamt geschickt werden. Geht es nach den Grünen, soll noch einmal deutlich härter angepackt werden, wer mehrfach mit illegalen Bauteilen am Auto erwischt wird. Die betroffenen Fahrzeuge sollen während zwei Jahren fünfmal zur Motorfahrzeugkontrolle aufgeboten werden, um zu beweisen, dass sie auch wirklich legal im Strassenverkehr unterwegs sind. Und nicht nur das: Die Pflicht soll für alle Fahrzeuge des erwischten Halters gelten – wer fünf Autos besitzt, müsste insgesamt 25-mal auf dem Strassenverkehrsamt antraben, so der Vorschlag der Grünen.
Auch was als illegal gilt, soll künftig deutlich enger gefasst werden. So sollen jegliche lärmsteigernde Fahrzeugänderungen nicht mehr zugelassen sein, auch wenn die Lärmgrenzwerte weiterhin erfüllt wären. Aber nicht nur das: Die Teile müssen nicht einmal eingebaut werden, bereits der Verkauf lärmsteigernder Bauteile soll unter Strafe gestellt werden. Was genau darunterfällt ist nicht definiert, schliesslich lässt sich bei vielen leistungssteigernden Massnahmen kaum nachweisen, welche davon auch lärmsteigernd ist. Der Verkauf von nicht typengenehmigten Bauteilen, die Abgas, Leistung oder Geräusch eines Autos verändern, ist bereits heute verboten.
In den Parteien ist der Widerstand gegen die geplanten Änderungen klein und kommt vor allem von der Seite der SVP. Als nächstes werden der Bundesrat und anschliessend das Parlament über die Vorlage entscheiden. Man darf hoffen, dass Verkehrsminister Albert Rösti (SVP) etwas mehr Gegensteuer geben wird als seine wenig autofreundliche Vorgängerin.