Die Börsenaktivitäten vom 9. November hatten die Titel der amerikanischen wie auch der europäischen Autohersteller arg gebeutelt. Der Grund: Die Wahl – fast aus dem Nichts – von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. Während seiner Wahlkampagne verurteilte der künftige Präsident öffentlich die Jobverlagerungen der amerikanischen Autohersteller nach Mexiko und kündigte an, möglicherweise einen Tarif von 35 % auf alle von dort in die USA importierten Fahrzeuge zu verhängen.
Ein industrielles Eldorado
Die nebenstehende Tabelle zeigt, dass sich dank einer exportfreundlichen Gesetzgebung zahlreiche Hersteller in Mexiko angesiedelt haben, und zwar europäische, asiatische und eben auch amerikanische. Mexiko erhebt für Exporte in 44 Länder überhaupt keine Exportsteuern. Dazu kommen noch die Lohnkosten der als sehr qualifiziert geltenden Arbeiter, die weit unter dem Niveau der amerikanischen Fabriken liegen. So sorgen die Produktionskosten «südlich der Grenze» trotz den anfallenden Logistikaufwendungen für eine beträchtliche Ersparnis. Oder sie erlauben es zumindest, wie Xavier Mosquet von der Boston Consulting Group meint, «die Produktion der weniger profitträchtigen Fahrzeuge dorthin zu verlegen, um in den USA Kapazitäten für rentablere Produkte freizumachen». Das ist beispielsweise der Fall beim schon seit 30 Jahren in Mexiko gebauten Ford Fiesta. Die Einführung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) im Jahr 1994 mit den USA und Kanada erlaubte es Mexiko, seine Wirtschaft auf den freien Güterverkehr auszurichten und in den globalen Handel einzutreten. Das Land ist heute zum zehntgrössten Exporteur avanciert, beispielsweise noch vor Indien oder Brasilien.
Eine gute Idee?
Jetzt ist es die grösste Sorge der Investoren, dass Donald Trump den Protektionismus zum Leitprinzip seiner Wirtschafts- und Industriepolitik erheben könnte. Das simplistische Ziel wäre die Bevorzugung der einheimischen Hersteller oder zumindest der einheimischen Produktion. Während des Wahlkampfs wies der künftige Präsident wiederholt auf die von den Einwohnern verlassenen Städte in Michigan hin, die durch die Finanzkrise massive Fabrikschliessungen verkraften mussten. So ist es ihm gelungen, sich die Unterstützung der einfachen Arbeiter des «Rust Belt» (Rost-Gürtel) – jener mit der Autoindustrie verwachsenen Region im Nordosten, die in den vergangenen 30 Jahren schwere Arbeitsplatzeinbussen hinnehmen musste — zu sichern. Und das trotz der Anfeindungen durch die Gewerkschaften, die sich hinter Hillary Clinton gestellt hatten. Aber diese Fabrikschliessungen haben nicht zwingend zu Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland geführt.
Vergessen wir zudem nicht die Quasi-Konkurse der Big Three (Ford, GM und Chrysler) von 2008 bis 2009; diese kamen nicht nur durch die Finanzkrise zustande, die eher als Auslöser diente, sondern vielmehr durch die Isoliertheit der Hersteller, die völlig vom einheimischen Markt mit seinen billigen Benzinpreisen und niedrigeren Steuern abhängig waren. Das führte schliesslich zur Katastrophe. Als die US-Firmen auf eigenem Boden gegen die asiatische und europäische Konkurrenz antreten mussten, vermochten sie sich nicht an die ihnen aufgezwungenen neuen Bedingungen anzupassen.
Eine protektionistische Politik, die vorgibt, die einheimischen Jobs zu unterstützen, führt unweigerlich zu Handelseinbussen und zu geringerer Produktivität. Sie bringt somit der genesenden Branche eine Abschwächung. Denn schliesslich profitieren die amerikanischen Wirtschaftsproduzenten im Hintergrund vom Freihandel mit Mexiko, indem sie riesige Mengen von Zulieferprodukten günstig einkaufen können.
Folgt man dieser Logik einen Schritt weiter, wie es Xavier Mosquet tut, stellt sich die Frage: Was wird aus den Tausenden von mexikanischen Arbeitern, die ihre Stellen einbüssen werden, wenn die amerikanischen Firmen ihre lokalen Fabriken schliessen?» Und das führt zur Verschärfung der Problematik um die Immigration – ein weiteres Kampfthema von Trump.