EDITORIAL: EIN STICH INS HERZ

Noch ist Lancia nicht ganz aufgenommen in den Kreis der beerdigten Marken, aber viel fehlt nicht mehr. Ab Ende Jahr beschränkt sich die Marke nur noch auf den italienischen Markt, mit dem Ypsilon als einziges Modell, und ist so bloss noch einen Schritt entfernt von Saab, Talbot, Simca, Matra und wie sie alle heis­sen. Bis jetzt haben die «Lancisti» entweder besseren Tagen oder dem langsamen Tod entgegengeblickt und FCA, als Besitzerin von Lancia, hielt sich bedeckt mit Informationen über die Bestimmung der Marke. Mit keinem Wort erwähnte man sie in den Fünfjahresplänen der Gruppe oder in Pressemitteilungen. Auch unsere Anfrage für ein Interview zu diesem Thema hat man bei FCA abgelehnt. Den letzten Hinweis gab es bei der Pressekonferenz am Auto-Salon Genf dieses Jahr. Auf die Frage, ob man Lancia als eigenständige Marke mit 100 % elektrischen Fahrzeugen neu lancieren wird, wischte Sergio Marchionne, CEO der Gruppe, den Vorschlag vom Tisch. «Das wäre eine sehr schlechte Idee», legte er los. «So etwas geschieht nur über meine Leiche. Die Investitionen in ein solches Projekt wären viel zu hoch.»
Klar, jetzt ist nicht die Zeit für Ausgaben in Milliardenhöhe, wenn man gleichzeitig in Biscione investiert. Trotzdem zeigt diese Reaktion die Tragweite der Probleme. Zu viele, oftmals grobe, Fehler sind in der Vergangenheit gemacht worden, die direkt zur heute desas­trösen Situation geführt haben. Die Überheblichkeit der Fiat-Gruppe hat man zur Genüge gesehen. Beispielsweise als es darum ging, die Rostprobleme des Beta zu beheben. Oder auch bei der verpfuschten Entwicklung des Gamma, die ihn zu einem Misserfolg gemacht hat. Giovanni Agnelli und seine Leute bewiesen ihre Kurzsichtigkeit, als sie Lancia aus dem Motorsport abzogen und den sportlichen Modellen, die seit je Bestandteil der Lancia-DNS gewesen waren, ein Ende setzten. Mit dem schändlichen «Re-Badgen» von Chrysler-Modellen hatte Lancia schlussendlich jegliche Würde verloren. Die Traditionsmarke hätte es verdient gehabt, mit eigenen Modellen in Würde zu sterben.
Aber anstatt, dass wir hier alle Fehler aufzählen, verdient es Vincenzo Lancia selig viel eher, dass man die Innovationen, den sportlichen Erfolg, den Beitrag zur Entwicklung des Automobils, den die Marke geleistet hat, ehrt und Generationen von Fans träumen liess. Wir wollen der Marke aus Borgo San Paolo die Ehre erweisen und die Geschichte des Unternehmens von Vincenzo Lancia aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Wir sollten dieses Erbe an die jüngeren Generationen weitergeben, sodass auch diese sich an Flaminia, Flavia Coupé, Aurelia B24 oder Delta erfreuen können. Mögen die Erinnerungen an Marcello Mastroianni oder Miki Biasion für immer in unseren Köpfen und Herzen weiterleben …


 

INHALT
AR 42/43/2016

TITELTHEMA
Lancia Der grosse Nachruf
Lancia Club Interview Rolf Egli
Innovationen Ideen aus Turin
Catherine Sinopoli
Tops und Flops
Rallye Die grossen Erfolge
Cesare Fiorio Interview
Lancia Montecarlo Retro

TESTS UND FAHRBERICHTE
Ford Focus RS Test
Focus RS vs. Type R Duell
Bentley Continental GTC

SPORT
Formel 1: Sauber Grosses Interview mit dem neuen Besitzer
DTM AR-Leser am Finale
Formel 1 GP USA
TCR Pascal Eberle

RUBRIKEN
Impressum, Leserbriefe, Agenda

CLASSICS
Lancia «Collezione Enrico»
Klubs Präsidenten-Konferenz
Oldtimer-Test Lancia Aurelia
British Classic Car Meeting

2016_42_43_titelblatt

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