Vierzig der 56 Runden lang schien alles wie am Schnürchen für Hamilton zu laufen. Der Weltmeister lag mit über 22 Sekunden Vorsprung in Führung, wähnte sich unterwegs zu seinem 50. Sieg und dem 100. Podestplatz in einem Formel-1-Rennen. Doch dann das: Im Heck des Mercedes züngelten Flammen, der Motor hatte seinen Geist aufgegeben. Statt als grosser Sieger und neuer WM-Leader hervorzugehen, stand der Brite mit einem Schlag mit leeren Händen da. Eine Tragödie für Hamilton, der nach den zwei verpatzten Auftritten in den Grands Prix von Italien und Singapur auf gutem Weg schien, sich zu rehabilitieren. «Mercedes hat 43 Motoren für diese Saison gebaut, aber so was passiert immer nur mir», zeigte sich der Titelverteidiger schwer enttäuscht. Ein Titelverteidiger, der, gemäss Teamchef Totto Wolf, seinen Job an diesem Wochenende «so fokussiert und konzentriert erledigte, wie ich das noch selten gesehen habe». Absolut fehlerfrei. «Das darf einfach nicht passieren», sagt darum Team-Mitbesitzer Niki Lauda. Gemäss Hamilton hat sich der Motorenplatzer in keiner Sekunde angedeutet. «Plötzlich, Ende der Geraden, war Schluss. Keine Ahnung, woran es lag», so der Brite unmittelbar nach dem für ihn enttäuschenden Rennen. Das Power-Unit, dass da den Geist aufgab, war eines der «jüngeren», das Hamilton noch zur Verfügung stand.
Vierter GP-Sieg
Der Australier Ricciardo, der von Platz 4 losbretterte, feierte derlei seinen vierten Grand-Prix-Sieg, den ersten seit jenem vor gut zwei Jahren in Belgien. Der Niederländer Verstappen, er wurde letzte Woche 19 Jahre alt, machte den ersten Doppelerfolg für Red Bull seit November 2013 perfekt. Damals hatte beim Saisonfinale in Brasilien Sebas-tian Vettel vor Ricciardos Landsmann Mark Webber triumphiert. Red-Bull-Teamchef Christian Horner bedankte sich bei seinen beiden Fahrern dafür, dass sie sich im Sinn des Teams den «Zweikampf» um den Sieg in kämpferischen Grenzen gehalten und sich nicht noch gegenseitig abgeschossen haben. Ein Zweikampf, der phasenweise Auto an Auto ausgetragen wurde. «Aber», so Horner an die Adresse von Niki Lauda, «unsere Fahrer sind noch ein junges Paar – nicht wie eures.» Darum geht man in dem Sinn noch anständiger mit-einander um.
Ricciardo und Verstappen waren mit unterschiedlichen Taktiken ausgerückt. Ricciardos Entscheid, die Fahrt nur einmal zu unterbrechen, erwies sich als goldrichtig. Verstappen stoppte zum Reifenwechseln zweimal.
Rosbergs starke Aufholjagd
Hinter dem Duo der «roten Bullen» klassierte sich Nico Rosberg als Dritter, obwohl für ihn das Rennen schon nach wenigen Sekunden hätte vorbei sein können. Sebastian Vettel im Ferrari fuhr seinem Landsmann fadengerade ins rechte Hinterrad und schoss diesen somit ab. Nach dem unvermeidbaren Dreher fiel Rosberg ans Ende der Fahrerkolonne zurück – für Vorjahressieger Vettel endete die Aktion mit einer gebrochenen Vorderradaufhängung und dem Aus. WM-Leader Rosberg konnte zur Aufholjagd starten, die ihm im Kampf um den Titel 15 wertvolle Punkte einbrachte. In der WM-Gesamtwertung führt der Deutsche nun 23 Punkte vor Teamkollege und Nicht-Freund Hamilton. Punkto Konstrukteurswertung musste Mercedes die präparierten «Meister»-T-Shirts noch in den Kartons belassen. Am Sonntag in Suzuka wird es dann aber so weit sein. Dahinter hat Red Bull mit seinen 43 Punkten von Malaysia Platz 2 gegenüber Ferrari ziemlich gefestigt. Während des Rennens kassierte Rosberg noch eine 10-Sekunden-Strafe wegen einer leichten Berührung mit dem Ferrari von Kimi Räikkönen. Eine kleinliche Aktion der Herren Rennkommissäre, die mit solchen Aktionen dem Sport keinen Dienst erweisen. «Lasst die Rennfahrer rennfahren», sagt Niki Lauda.
Sauber wie gehabt
Die Fahrer des Teams Sauber blieben auch im 16. Grand Prix der Saison auf null Punkten sitzen. Marcus Ericsson, der im Zuge der ersten Boxenstopps zwischenzeitlich als Siebenter geführt wurde, klassierte sich als Zwölfter und egalisierte damit das bete Saisonresultat. Felipe Nasr schied nach Bremsproblemen zehn Runden vor Schluss aus.
«Champagner-Fondue» oder «Shoey» – die Show
Schade eigentlich, gewinnt Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo nicht öfter ein Formel-1-Rennen. Die Show, die der Australier dann vom Zaun reisst, wenn er sich den Champa-gner aus dem rechten Schuh reinzieht, hat in aller Regel mehr Unterhaltungswert als alles, was davor ist. Nach seinem total vierten Sieg füllte der 27-Jährige aus Perth auf dem Podest seinen Schuh mit Champagner und nahm ein paar Schlücke daraus. Ein «Champagner-Fondue» sozusagen. Auch Teamkollege Max Verstappen, der Zweitplatzierte, musste sich schliesslich dem Gruppenzwang beugen und ein Mundvoll nehmen. Dies, nachdem er das Angebot zuvor noch dankend und kopfschüttelnd abgelehnt hatte. Danach reichte Ricciardo seinen Schampus-Latschen an Mercedes-Fah-rer Nico Rosberg weiter. Auch der Drittplatzierte schaute ein wenig irritiert, sammelte sich dann jedoch mental und kostete ebenfalls einen Schluck der «Apellation d’Origine Riccardio». Der Champagner-Jubel war die stimmungsvolle Schlussszene des GP von Malaysia. «Es ist eine australische Tradition, die sich ‹Shoey› nennt», sagt Ricciardo zu seinem Treter-Kult. «Mein Freund Jack Miller hat das nach seinem MotoGP-Sieg in Assen gemacht. Da habe ich gesagt, wenn ich gewinne, mache ich es auch.» Ricciardo sagt, dass er den Jubel zwar in der Formel 1 eingeführt habe, doch die ursprünglichen Erfinder seien eine Gruppe verrückter Australier, die «Mad Hueys» genannt werden: «Sie sind Surfer und Fischer und einfach verrückte Kerle», so Ricciardo: «Sie fahren um die Welt und fischen, surfen oder was auch immer und sie trinken gerne Bier und so. Dort begann der ‹Shoey›.» «Ich weiss, dass Jack Miller ein paar Jungs von den ‹Mad Hueys› kennt. Ich hatte darum erwartet, dass er es machen würde und das hat er dann auch», erklärt Ricciardo. Auch der Italiener Valentino Rossi, Millers Konkurrent, hat nach einem Sieg bereits Champagner aus dem Schuh genossen.