MOBILITY PRICING UND TEMPO 80 GEGEN DEN STAU

Mit Mobility Pricing die Mobilität zeitlich steuern und mit Tempo 80 in noch grösserem Umfang auf den Autobahnen den Verkehr verflüssigen: Aktuelle Pläne in der Schweizer Verkehrspolitik gegen Staus.

Dass Kapazitätsengpässe im Nationalstrassen-Netz zu bekämpfen sind, darüber herrscht – jetzt die Gegner des Autos sowieso für einmal ausgeblendet – weitgehend Einigkeit. Doch auch wenn das Was geklärt ist, scheiden sich die Geister erwartungsgemäss über das Wie. Ein möglicher Weg, den man aktuell vertieft überprüft, ist die Einführung von Mobility Pricing. Die Idee dahinter, vereinfacht gesagt, ist, dass wer zu Stosszeiten auf der Strasse – und auf der Schiene ebenfalls! – unterwegs ist, künftig mehr zu bezahlen hat.
Mit der Einführung dieses auf dem Verursacherprinzip basierenden Systems soll dem Umstand begegnet werden, dass es am Morgen und am Abend in den Zügen über Gebühr eng ist und sich auf der Stras-se der Verkehr staut. Wie vom zuständigen Verkehrsdepartement (Uvek) im Juli verlautete, betrachte man Mobility Pricing als mögliches Instrument zur Lösung von Kapazitätsproblemen. Damit man über dieses Mittel zur Steuerung des Mobilitätsverhaltens diskutieren kann, verabschiedete der Bundesrat einen Konzeptbericht. Zudem werden Pilotprojekte geprüft sowie die entsprechenden juristischen Rahmenbedingungen abgeklärt.

Kein Mobility Pricing vor 2030
Obschon die Einführung von Mobility Pricing bereits bei der Vernehmlassung eines Entwurfs zum Konzeptbericht – die Anhörungsfrist zu dieser Vorlage endete am 11. September 2015 – zum Teil auf massive Ablehnung gestossen war, gibt es diverse Interessenten, sich für ein entsprechendes Pilotprojekt zur Verfügung zu stellen. So hatten die Kantone Genf, Tessin und Zug sowie die Stadt Rapperswil-Jona und der Grossraum Bern ihr Interesse für eine Durchführung angemeldet.
Der Fahrplan des Bundes sieht vor, dass mit zeitlich befristeten Pilotprojekten Erfahrungen gesammelt werden können, dafür muss aber noch das Parlament über ein einschlägiges befristetes Bundesgesetz befinden. Dies ist für 2018 geplant, die Pilotversuche würden dann 2019 starten. Angesichts der noch zu machenden Schritte dürfte laut Uvek-Vorsteherin Doris Leuthard Mobility Pricing in der Schweiz nicht vor 2030 eingeführt sein. Der Bund rechnet mit einem Zeithorizont von mindestens 15 Jahren, bis dieses verkehrsträgerübergreifende Konzept, das Strasse und Schiene umfasst, installiert wäre.

Fahrtenschreiber und mehr Tempo 80
In dieser Zeitung informierte bereits in einem Interview in der Nummer 50/2015 der Direktor des Bundesamtes für Strassen (Astra), Jürg Röthlisberger, über die beabsichtigte Einführung von Mobility Pricing und wie damit die Verkehrsinfrastruktur  von Strasse und Schiene effizienter bewirtschaftet werden könnten. Zwar ist eine praktische Umsetzung noch weit entfernt, doch wie diese Bewirtschaftung effektiv geschehen könnte – sprich wie man die Preisgrundlage für eine Fahrt erheben würde –, das wird bereits heute eruiert. In Medienberichten («Blick») äusserte sich Röthlisberger dahingehend, dass Fahrtenschreiber analog den Lastwagen auch in den Personenwagen denkbar sind. Eine zu definierende Kilometerabgabe für den Privatverkehr könnte zusätzlich die heutige Autobahnvignette ablösen.
Dauert es bis zu diesem Szenario Jahre, ist eine weitere Möglichkeit, wie der Bund dem drohenden Verkehrskollaps an den neuralgischen Punkten des Autobahnnetzes begegnen will, real. So führte der Astra-Chef ebenfalls aus, dass man es als wirksame Massnahme erachte, in Stosszeiten auf Autobahnen die maximale Geschwindigkeit noch öfter auf 80 km/h zu senken. Damit werde der Verkehr flüssiger und auch die Zahl der Unfälle würde sinken. Deshalb will man die Autobahnkilometer, auf denen mit dynamischen Tempo-Signalen temporär die Tempo-80-Limite angezeigt werden kann, auf einen Anteil von etwas über 20% rund vervierfachen.

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