Endlich ist es soweit: die letzten Dezember von PostAuto, Navya und BestMile vorgestellten Selbstfahr-Elektro-Shuttlebusse haben vorletzten Donnerstag ihren Fahrbetrieb in der Innenstadt von Sitten VS aufgenommen.
Mit diesem Experiment will man herausfinden, ob der Einsatz von autonomen Shuttles im öffentlichen Raum technisch sowie betrieblich machbar ist und einen Kundenmehrwert bietet, indem sich so bspw. Orte und Gebiete erschliessen liessen, welche bisher nicht ans ÖV-Netz angeschlossen waren.
Im Vorfeld der Pilotphase, welche bis Oktober 2017 dauern wird, wurde die rund 1,5 Kilometer messende Rundstrecke für die beiden Shuttles digitalisiert, sodass die Fahrzeuge ihre Route selbstständig bestimmen und Hindernissen ausweichen können. Dank Sensoren können die Shuttles auf den Zentimeter genau fahren und Menschen, Gegenstände und Signalisierungen auf der Strasse erkennen. Der Strom für die reinen Elektrofahrzeuge wird aus erneuerbaren Energien gewonnen.
Mit diesen beiden Selbstfahrbussen verkehren in der Schweiz nun erstmalig autonome Fahrzeuge, die im öffentlichen Raum Personen transportieren. In Ermangelung von entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen musste bei den zuständigen Behörden eine Sonderbewilligung eingeholt werden. Dabei prüften insbesondere das Bundesamt für Strassen (Astra), das Bundesamt für Verkehr (BAV), das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) sowie das Walliser Strassenverkehrsamt die technischen und rechtlichen Aspekte.
Hightech-Postautöchen
Die 4,8 Meter langen und 2,4 Tonnen schweren E-Shuttles der Firma Navya verfügen über eine zweite Batterie mit 16,5 kW für eine grössere Autonomie von 6 bis 12 Stunden und auch, damit die neue Klimaanlage sowie die Scheibenwischer für eine ungetrübte Sicht (der Passagiere?) durch die Frontscheibe betrieben werden können. Dank einer Rampe können auch Personen mit eingeschränkter Mobilität den neuartigen Service in Anspruch nehmen. Maximal elf Personen können sich so sitzend und mit bis zu 20 km/h durch die Strassen des Walliser Hauptortes befördern lassen — und dies erst noch kostenfrei.
Autonom? Na ja, nicht ganz …
So wirklich autonom sind die neuen «SmartShuttles» dann doch nicht unterwegs: Spezialisiertes Personal — u.a. ein Betriebsleiter und ein Teleoperator — überwacht mittels eines Flottenmanagement-Systems von BestMile den Betrieb der Fahrzeuge und kann sie, notfalls auch aus der Distanz, sofort stoppen. Und für so richtig «smart» scheint man die Fahrzeuge selbst (noch?) nicht zu halten, begleitet doch zusätzlich ein Sicherheitsfahrer permanent jedes Fahrzeug. Dies, obwohl die autonomen Postautos so programmiert seien, dass sie die Verkehrs- und Vortrittsregeln jederzeit einhielten.
Ja, wo fahren sie denn?
Die Shuttles verkehren auf einer Route in der Altstadt von Sitten und bedienen mehrere Haltestellen. Zwei davon sind fix und befinden sich auf der Place de la Planta und auf der Place du Midi. Auf der Letzteren kann die Position der Fahrzeuge auf einem Bildschirm übrigens in Echtzeit verfolgt werden, wie auch auf dem Smartphone mittels der «SmartShuttle-App».
Moralisches Dilemma
Sobald dann einmal wirklich autonom verkehrende Fahrzeuge auf unseren Strassen unterwegs sind, werden Industrie und Politik sich mit der Lösung folgenden Moraldilemmas befassen müssen: Wie soll das Auto (hier wird dessen hundertjähriger Name nun endlich Programm) reagieren, wenn es sich vor die Wahl gestellt sieht, entweder einen plötzlich auftauchenden Fussgänger zu überfahren, oder stattdessen den eigenen Passagier zu opfern, indem es frontal in eine Betonwand donnert? Und wird die Entscheidung anders ausfallen (müssen), wenn eine ganze Gruppe von Passanten überrollt würde, während sich nur ein einziger Passagier an Bord befindet?