Der gegenwärtige Stellenwert hochwertiger Musikwiedergabe im Auto zeigt sich nicht nur an der Oberklasse. Während dort Burmester die Mercedes S-Klasse beschallt, nahm sich der amerikanische Lautsprecher-Experte JBL des Kleinwagens Smart an. Das Resultat liess mich im letzten Jahr bereits bei der Premiere in Berlin aufhorchen: Das mit acht Lautsprechern samt dickem Subwoofer im Kofferraum ausgerüstete Sound-System klang erstaunlich ausgewogen und breitbandig. Und auch das Drumherum gefiel mir nach dem gemeinsamen Neustart mit Renault um Welten besser als vorher. Eine gute Freundin ist stolze Besitzerin des bisherigen Modells und ich weiss seitdem, dass Smart-Aficionados nach jedem Modellwechsel mindestens genauso viel zu meckern finden wie wollgefärbte Liebhaber des Porsche 911. Schon daran sieht man, dass es sich bei Daimlers Neuerfindung des Automobils um einen ausgesprochenen Kult-Karren handelt. Objektiv wurde schliesslich alles besser mit Ausnahme der Eignung zum ohnehin grenzwertigen Quereinparken in engen Lücken. Mir persönlich gefällt das kantigere, grimmiger wirkende Äussere mit seiner kurzen Frontpartie ziemlich gut. Das neue Design macht den Fortwo zwar nach ästhetischen Massstäben nicht unbedingt schöner, aber mich erinnert er jetzt wenigstens an ein Auto. Dabei profilierte sich der Smart bis- her eher als Transportmittel für alle, die eigentlich Autos verachten, aber lieber nicht auf Zweiräder oder öffentliche Verkehrsmittel umsteigen wollen.
Jetzt eignet er sich auch für jene, die eigentlich Autos bewundern und erst recht keine Lust verspüren, sich mit Bussen, Bahnen oder Zweirädern fortzubewegen. Selbst einen ausgesprochenen Petrol-Head wie mich hat der sage undschreibe66kW(90PS) starke Kraftzwerg begeistert. Alle, die mich zu kennen glaubten, schauten mich während meiner Test-Tage mit dem in Glanzschwarz und mattem Silbergrau gehaltenen Fortwo mit grossen Augen an, wenn ich von dem laufenden Meter Auto schwärmte wie von einem Sportwagen. So verrückt das auch klingt, aber mir kamen Vergleiche mit einem Lotus Elise in den Sinn. Das liegt weniger daran, dass beide eine tragende Struktur aus Aluminium beziehungsweise hochfestem Stahl mit einer leichten Kunststoffbeplankung besitzen. Es liegt vielmehr an ihrer Radikalität. Der zweisitzige britische Sportwagen dient allein dem Zweck, maximalen Fahrspass und maximale Agilität zu bieten, indem er den Unterschied zwischen Geraden und Kurven so weit wie möglich eindampft. Diesem zentralen Zweck wird alles andere untergeordnet. Ich war einige Tage auf der Route der Mille Miglia mit einer Elise unterwegs und hatte mächtig Probleme, mit den kleinen Türen und breiten Schwellern überhaupt in die Schalensitze zu gelangen–geschweige denn aus der Flunder wieder herauszukommen.
Leichter Einstieg garantiert
Einsteigen war beim Smart dank der hohen Sitzposition das reinste Vergnügen, und auch im Inneren fühlte ich mich sehr wohl, obwohl die Materialqualität mit Ausnahme vom lederbezogenen MultifunktionsLenkrad und ordentlich straffen Sportsitzen eher an ein Kinderspielzeug denn an ein Fahrzeug erinnert. Die Pilotenkanzel wirkt radikal einfach, aber konsequent auf Funktionalität und urbanen Style ausgelegt. Immerhin gab es eine sehr brauchbare Klimaanlage, ein sehr ordentliches SoundSystem. Und zu allem Überfluss bei einem Fahrzeug mit knapp 2,7 Metern Länge, das gefühlt zwei Hand breit hinterm Fahrersitz endet, war eine Rückfahrkamera an Bord. Das InfotainmentSystem mit Navigationssystem, DigitalRadio und iPhoneEinbindung über zeugte mich mit seiner intuitiven Bedienlogik, der übersichtlichen, frischen Gestaltung im SmartphoneStil und dem funktionalen Touchscreen sogar mehr als 80 Prozent der übrigen InfotainmentSysteme. Es gibt sogar eine SplitscreenAufteilung zwischen Navigation und weiteren Funktionen wie CoverAnzeige.
Für Elise
Doch zurück zur kühnen Behauptung mit den Parallelen zum Lotus Elise. Der Smart wurde in der jetzigen Generation zwar zu Gunsten der Fahrstabilität und des Komforts geringfügig länger, doch mit seinem sensationellen Wendekreis von gerade mal 7,3 Metern und seiner gesamten Konzeption wurde er auf maximale Beweglichkeit im Grossstadt Dschungel ausgelegt – mit einer Konsequenz, die ausser Exoten wie dem Lotus kaum Vergleichbares kennt. (Sorry, aber den Renault Twizy sehe ich nicht wirklich als Auto an, auch wenn er ein Dach und vier Räder hat). Doch war Smart schon vor der Kooperation mit Renault das französischste unter den deutschen Autos, und dafür kann man Daimler gar nicht genug loben. Mit der natürlich abgestimmten, erstaunlich kraftvollen JBLStereo Anlage strahlt der Wagen eine ungestüme Lebensfreude aus und erweist sich als richtig praktisch. Klar, für die grosse Urlaubsreise oder den Grosseinkauf in einem schwedischen Möbelhaus ist er nicht einmal dritte Wahl. Doch für die täglichen Besorgungen reicht er mit seiner praktischen zweiteiligen Heck klappe – es dauerte bei mir nur einen Moment, bis ich kapierte, dass ich erst die Scheibe und dann den unteren Teil öffnen muss – dicke aus. Sollte es mal etwas eng werden, kann man mit wenigen Handgriffen den mit 16,5 cm durch- messendem Tieftöner ausgestatteten Subwoofer herausnehmen. Der störrische, fest sitzende Schnellverschluss ist allerdings nicht ideal für zarte Frauenhände.
Doch der Fortwo kann nicht nur praktisch, was schon zu ahnen war. Er erwies sich zu meiner totalen Überraschung als geniales Spassmobil, das selbst einen Mini Cooper S reichlich langweilig und vernünftig wirken lässt. Das beginnt schon beim klanggewaltigen 3-Zylinder-Turbo-Benziner, der ab 2000 Touren in Verbindung mit dem eng gestuften, knackigen 5-Gang-Getriebe richtig Schub erzeugt und mit steigender Drehzahl immer mehr nach Porsche Carrera klingt. Nachteil dieser Spassbetonung: Ich kam nur einmal bei einer Fahrt ohne Klimaanlage, dafür aber mit einem langen Gefälle, unter 7 Liter. Üblicherweise blieb der Verbrauch ein ganzes Stück darüber und damit auf dem Level, den ich locker mit einem fünfsitzigen, 170 PS starken Vierzylinder-Benziner erreichen könnte. Das ist zur Hälfte mein Problem, da ich nach Popometer und Gehör fahre, zur anderen das der Motorenbauer: Unter 2000 U/min hängt der 1,0-Liter-Motor im Gegensatz zur Region darüber schlecht am Gas. Er baut kein Drehmoment auf, vibriert stark und klingt wie ein untertourig gefahrener Vierzylinder, der gleich ausgeht oder auseinander liegt. Doch vielen Leuten fällt eh nicht auf, wenn sie einen Motor untertourig quälen, deshalb dürften sie durch ständiges Hoch- und Runterschalten näher an den Normverbrauch von knapp über 4 Litern pro 100 km kommen als ich. Dabei unterstützt sie eine grafische Bewertung ihrer persönlichen Ökobilanz. Mir reichten in der Stadt die unteren drei Gänge, dann wirkte der wendige Flitzer wie ein richtig scharfes Geschoss. Doch das Allerbeste war der Wendekreis. Mit dem Smart kriegst du die Kurve, dass du vom Glauben abfällst. Wenn du denkst, dass du gerade einen verdammt engen Radius fährst, stellst du fest, dass es sogar noch enger geht. Das kannte ich im übertragenen Sinn nur vom limitierten BMW M3 GT, mit dem du Kurven, egal wie schnell du dich unterwegs zu sein wähntest, immer noch einen Tick schneller nehmen konntest. Doch während Letzteres reichlich verrückt und absolut unpassend für den beschaulichen eidgenössischen Verkehr wäre, erweist sich Ersteres als regelrechter Segen im Alltag von Metropolen wie Zürich oder Genf.
Klanglich riesig, dieser Kleine
Dieses Verhalten löste bei mir in Verbindung mit dem satten, weiträumigen JBL-Sound ein Hochgefühl aus. Ich lauschte meinen Playlists und fuhr Kreise um die anderen Verkehrsteilnehmer. Auf der deutschen Autobahn kehrte sich das dann ins Gegenteil um, doch der Spass blieb davon unberührt.
Wo ich mit dem eigenen Wagen mit 120 km/h die Ausfahrt nehme, habe ich beim Smart Fortwo mit 80 Sachen mehr Beschäftigung am direkt ansprechenden, gut in der Hand liegenden Volant und deutlich mehr Nervenkitzel. Das perfekte Auto für Deutsche, die in der Schweiz leben wollen, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Was mich verblüffte, war die perfekte Fahrwerksabstimmung, die ihren Job genauso überzeugend erledigt wie die des Lotus Elise, wenn auch mit anderen Ergebnissen. Schliesslich handelt es sich im einen Fall um einen knapp über dem Asphalt kauernden Mittel- motor-Sportwagen und im anderen haben wir es mit dem gefühlten Radstand eines Leiterwagens zu tun. Dieses dem Stadtverkehr geschuldete Handicap im Sinn, haben die Mercedes-Entwickler einen verdammt guten Job gemacht. Der neue Smart schluckt Bodenwellen, ohne auf der Hinterachse auszukeilen, wirkt aber trotzdem keinesfalls schwammig und meistert sogar Kopfsteinpflaster äusserst elegant, wobei auch die solide Karosserie ihren Anteil hat: Da hoppelt und klappert manch ausgewachsenes Fahrzeug deutlich mehr als der Deutsch-Franzose. Und auch das Sound-System kann mehr als das, was man in mancher Limousine vorfindet.
Mein Urteil
Der Smart passt leider null in mein automobiles Beuteschema, weil ich in der Stadt fast alles zu Fuss erledige und nur mittlere und lange Strecken mit dem Auto zurücklege. Aber bei entsprechendem Bedarf an einem Kurzstrecken-Jet würde ich ihm klar den Vorzug geben – auch gegenüber dem Mini, dessen Berufung ich inzwischen eher in längeren Strecken und gelegentlichen Abstechern in die Stadt sehe.
Das JBL-Sound-System im Überblick
Das JBL-System im Smart Fortwo umfasst acht Hochleistungslautsprecher mit einem sehr ausgewogenen Klangtuning und ordentlicher Präzision in allen Bereichen. In den beiden Türen sitzen passiv angesteuerte Zwei-Wege-Systeme mit 2,5-cm-Hochtönern im Spiegeldreieck (2) und 16,5-cm-Tief-Mitteltönern (3) in der Verkleidung. Ein 8-cm-Center-Speaker (1) soll die Bühne stabilisieren, während zwei weitere 8-cm-Chassis in den hinteren Dachsäulen als Surround-Lautsprecher (4) für einen grossen Raum sorgen.
Die Abbildung wirkt zwar etwas diffus und nicht sonderlich stabil, aber immerhin sehr weiträumig, was in einem so winzigen Auto positiv zu werten ist. Der Subwoofer im Kofferraum mit seinem 16,5-cm-Tieftöner (5) lässt sich nach dem Lösen eines Schnellverschlusses und einer Kabel-Steckverbindung ohne Werkzeug herausnehmen. Der JBL-DSP-Verstärker unterm Fahrersitz (6) liefert insgesamt 240 Watt an sechs Kanäle.
Stefan Schickedanz