DEN MÖCHTEN VIELE GERNE HABEN

Der Porsche 911 gehört zu den meistgeklickten Occasionen in den Suchmaschinen. Im Ratgeber steht, was Käufer wissen sollten.

Der mit dem Spieleier-Gesicht: 996 1997 bis 2005.
Der mit dem Spieleier-Gesicht: 996 1997 bis 2005.

Seit Kurzem verfügt nicht mehr nur der 911 Turbo über eine Abgasbefeuerung, sondern auch der 911 Carrera, dieser darf die Bezeichnung aber nicht im Namen tragen. Im Dezember 2015 kam ein neuer Neunelfer mit kleinerem Motor aber inklusive Turbolader wegen den gefordert tieferen CO2-Emissionen auf den Markt und hat – wie immer – für ein breiter gefächertes Occasionenangebot gesorgt. Die Modellreihe mit Heckmotor ist 53 Jahre alt, und ist das geblieben, was sie von Beginn an war; der ultimative Sportwagen, auch für den Alltagsgebrauch. Stimmt so nicht ganz, wenn man «Sportwagen» mit Herausforderung gleichsetzt, denn spätestens seit die Elfer wassergekühlt sind, lassen sie sich wie Schienenfahrzeuge dirigieren, bloss erheblich temperamentvoller. Geblieben ist die hohe Wertschätzung, welche auf die stark gewachsene Porschefamilie abfärbt.

Sofern am Auto nicht gebastelt worden ist, oder allfällige Änderungen im Fahrzeugausweis eingetragen sind, fährt der Porsche als Musterschüler auf der MFK vor. Es gibt kaum ein Auto mit einer ähnlich robusten Substanz. Das zeigt sich verstärkt im höheren Alter, hängt dann auch damit zusammen, dass ein Porsche dauerhaft gepflegt wird, während bei Gebrauchsfahrzeugen mit zunehmender Reife gerne an der Wartung gespart wird.

So wie sich der Elfer vom herausfordernden Sportwagen zur perfekten Fahrmaschine gewandelt hat, änderte sich auch das Kaufverhalten der Kunden. In der Schweiz sind die Tiptronic-Versionen und die über beide Achsen angetriebenen in der Überzahl. Und seit ein Doppelkupplungsgetriebe (PDK) zur Verfügung steht (2012) fehlt das Kupplungspedal in 95 Prozent aller neu zugelassenen Elfer.

Aktuell angezogen

Schade eigentlich, und Freunde der manuellen Getriebeschaltung sollten sich keinen Illusionen hingeben; Elfer ohne PDK werden künftig beim Werterhalt gnadenlos abgestraft, auch wenn der 911 Typ 991 ab 2011 sogar über sieben Vorwärtsgänge verfügt. Man muss sogar vermuten; wegen dem Siebengang-Getriebe verschlägt es den letzten Handschalt-Freak zur Automatik. Es würde uns nicht wundern, wenn die nächste Carrera-Generation ausschliesslich mit Automatik verfügbar sein wird. Die aktuelle Elfer-Generation mit 3-Liter-Turbomotor wird intern weiterhin 991 genannt, gehört also zur ab 2011 gebauten Ausgabe, hat nur geringfügige Karosseriemodifikationen. Wer sich also einen 911 ab 2011 anlacht, sieht noch für eine gute Zeit aktuell angezogen aus. Verräterisch sind bloss die vertikalen statt horizontalen Gitter der Motorraumentlüftung in der Heckklappe.

Ab 2008 sind alle 6-Zylinder im Elfer direkteingespritzt und imponieren mit einem spürbar tieferen Benzin-Verbrauch. Die Bedienungsanleitung nennt einen Ölverbrauch von bis zu 0,8 Liter auf 1000 Kilometer als normal.

MfK-Musterknabe

Auf den Verkehrsämtern gilt die Ikone als Musterknabe, sofern er sich nicht als getuntes Exemplar mit Karosserieanbauten oder speziellen Felgen zu erkennen gibt, und diese nicht im Ausweis eingetragen sind. Vor allem bei den Heckgetriebenen kann es sein, dass der Prüfer eine zu geringe Profiltiefe der Reifen reklamiert, mit einem hohen Reifenverschleiss ist wegen der exzellenten Traktion sowieso zu rechnen, und das geht dann ungefähr alle 10 000 Kilometer ins Geld.

Ein qualitativer Durchhänger wurde bei der Serie 996 (bis 2005) registriert. Da gab es neben schlecht verarbeiteten Trimm-Materialien sogar Motorplatzer auch ohne Rundstreckeneinsatz. Mechaniker können seit einigen Jahren über Drehzahlen, ABS-Sensoren usw. herauslesen und auf Rundstreckeneinsätze schliessen, falls sich einer getraut, einen Kulanzantrag zu stellen. Generell gilt die Erfahrung, dass Porsche bei aussergewöhnlichen Schäden nicht eben kulant reagiert.

Geheimtipp

Die zwischen 1997 und 2006 mit dem so genannten Spiegeleier-Gesicht gelten auf CH-Niveau mit Allrad und Automatik hoch gerüstet zurzeit als Geheimtipp. Selten war es günstiger an einen Elfer heranzukommen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es so bleiben wird, ist gering. Die 997 (2004-bis 2013; einige Versionen wie Turbo wurden über das Ablaufdatum des Carrera weitergebaut) geniessen eine höhere Wertschätzung, qualitative Dellen wie abfallende Dachverkleidungen oder undichte Schiebedächer und defekte Hydrostössel dürften inzwischen ausgeräumt sein. Dass der Hauptschalldämpfer reissen kann, bleibt eine Achillesferse.

Der Porsche 911 Carrera 997 Gen II

Welches Modell wählen?

Die eigentlich wahrhaften Carreras mit Heckantrieb und Handschaltung sind im Occasionsmarkt eher zu Langstehern geworden, der typische Porsche-Fahrer paddelt lieber, deshalb bleiben die Normalos bis über 100 Tage bleiern beim Händler stehen, werden aber im Verkaufspreis nicht nach unten korrigiert. Die Gefragtesten Neunelfer sind dickbackige 4S als Coupé und Cabriolet. Die Preise für GT3-Versionen sind jenseits. Die jüngeren Targas gefallen, sind aber keine echten Offen-Autos. Wenn offen, dann ein Cabrio. Unsere Empfehlung wäre ein rarer GTS mit Handschaltung und Heckantrieb, der beste Kompromiss zwischen Sport und Strasse. Aber uns fragt ja keiner.

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