Gesicherte Erkenntnisse liegen zurzeit nicht vor», schrieb das Bundesamt für Strassen (Astra) letzte Woche in einer Medienmitteilung. Was nicht weiter verwundert, ging es in Sachen Stickoxidausstoss (NOx) letzte Woche gross zu und her: europaweit sollen 630 000 PW zu hohe NOx-Ausstosswerte aufweisen und müssen deshalb in die Werkstätten zurückbeordert werden.
Vermutlich dürften es noch deutlich mehr werden – denn bisher hat erst das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) seine Erkenntnisse vorgelegt. Möglicherweise folgen noch weitere Länder mit Tests (bspw. Frankreich).
Doch zurück zu Deutschland: mehr als 53 aktuelle PW mit Dieselmotoren wurden vom KBA auf ihren Schadstoffausstoss getestet, und zwar sowohl auf dem Rollenprüfstand als auch bei RDE-Fahrten (Real Drive Emissions). Das Resultat: Laut Bundesverkehrsministerium waren die NOx-Werte bei 22 Autos «erklärungsbedürftig». Fast alle Marken sind vertreten. Die deutschen: VW, Audi, Porsche, Mercedes, Opel. Und die ausländischen: Alfa Romeo, Chevrolet, Dacia, Fiat, Ford, Hyundai, Jaguar, Jeep, Land Rover, Nissan, Renault und Suzuki. Sie alle gehören zu einer sogenannten «Gruppe 2», deren Abgaswerte erklärungsbedürftig sind. Auffallend ist, dass alle drei getesteten BMW keine Auffälligkeiten im Abgasverhalten zeigten.
Um es allerdings klar abzugrenzen: Bei den getesteten Fahrzeugen geht es – nach ersten Erkenntnissen – nicht um Abschaltvorrichtungen (diese wären klar illegal), sondern um sogenannte «Thermofenster».
Ab einer gewissen Temperatur (bei den meisten unterhalb von circa 10 Grad Celsius) arbeiten die Abgassysteme dieser Hersteller zum Teil nicht mehr gleich wie bei höheren Umgebungstemperaturen, die Folge sind erhöhte NOx-Werte. Gesetzlich ist das eine Grauzone, denn im Gesetz ist ausdrücklich erlaubt, dass die Abgassysteme ihren Dienst reduzieren dürfen, um Schaden vorzubeugen. Wo dieses «Thermofenster» nun genau anfängt und wo es aufhört, ist Gegenstand der Diskussionen.
Ein Sonderfall stellt offenbar Fiat dar. Laut der deutschen «Bild am Sonntag» stellte der Prüf-Fiat nach 22 Minuten die Abgasreinigung ein. Da ein Test auf dem Rollenprüfstand circa 20 Minuten dauert, vermutete die Zeitung, es könnte sich dabei um eine gezielte Abschaltung (via Software) handeln. Bewiesen ist dies allerdings nicht. Der Hinweis zu diesem «Zeitfenster» kam übrigens von Zulieferer Bosch, der ebenfalls unter scharfer Beobachtung steht.
Volkswagen
Grosse Wellen geschlagen hat diese Tage auch die Schlagzeile, dass jeder US-VW-Besitzer, der eines der fraglichen EA189-Dieselmodelle besitzt, als Wiedergutmachung 5000 Dollar bekommen soll. Kommuniziert wurde dies allerdings nicht verbindlich, denn die offizielle Version von Volkswagen lautet, dass die Wolfsburger sich in den USA in einer Grundsatzvereinbarung mit verschiedenen US-Departements geeinigt hätten.
Die Regelungen werden ausserhalb der USA keine Auswirkungen haben, was zwei Gründe hat. Einerseits ist das US-Abgasproblem für VW komplex: In die Abgasanlage der beanstandeten Fahrzeuge müssen neue Komponenten eingebaut werden, es bedarf neuer Sensorik, neuen Verkabelungen und einer verbesserten On-Board-Diagnose – all diese Massnahmen machen einen längeren Werkstattaufenthalt nötig.
Des Weiteren muss auf die «scharfe» US-Produktehaftpflicht hingewiesen werden. Sie verleiht dem US-Konsumenten viel Macht – mit der allfälligen Geldaktion (wenn das Gerücht denn stimmt) könnte also VW in den USA versucht sein, die drohende Klageflut einzudämmen.
Wie bereits in der AR berichtet, hat die Amag in der Schweiz mit den Dieselmotoren-Nachbesserungen begonnen, rund zwei Drittel der 2-l-Dieselmotoren des Typs Amarok wurden bereits umgerüstet. Gestartet sind ausserdem die Software-Updates für die Audi A4, A5, Q5 sowie für den Seat Exeo.
Laut ersten Gerichtsurteilen aus Deutschland bestehe kein Recht auf Rücknahme der betroffenen Fahrzeuge, lässt VW ausserdem verlauten, denn alle betroffenen Fahrzeuge seien technisch sicher und fahrbereit.