Was BMW mit dem 3,0-l-Reihensechszylinder im neuen M4 GTS präsentiert, ist nicht gerade «Rocket Science», aber immerhin ursprünglich aus der Luftfahrt. Und da ist es schon ziemlich lange im Einsatz: Die Rede ist von der Wassereinspritzung.
Doch auch im Automobilbereich ist die Technologie nicht ganz neu. In den 60er-Jahren kam sie im Oldsmobile Jetfire Turbo zum Einsatz, in den Siebzigern im Saab 99 Turbo. Jetzt hat BMW bzw. die M GmbH den Ansatz wieder aufgegriffen für den M4 GTS, den rechtmässigen Erben der Ahnenlinie der M3.
Die Physik
Die bewährte Idee dahinter ist so einfach wie effektiv. Eingespritztes Wasser trägt zur Kühlung der Ladeluft bei, wodurch eines der grössten Probleme bei Turbomotoren angegangen werden kann: die Temperatur.
Die Physik dahinter ist eine ähnliche wie in der Klimaanlage. Wasser wird unter Druck in den Ansaugtrakt eingespritzt und verdampft da. Das Verdampfen des Wassers benötigt Energie, diese entzieht es der Luft in Form von Wärme.
Problemzone Temperatur
Gemäss den Ingenieuren von BMW erhitzt sich die Luft im Turbolader durch die Verdichtung auf bis zu 160 °C. Heisse Luft bedeutet geringere Dichte, bedeutet mehr Volumen, bedeutet eine schlechtere Zylinderfüllung. Zudem hat ein heisses Gemisch eine deutlich grössere Klopfneigung. Damit keine unerwünschte Selbstzündung entsteht, liegt die Verdichtung bei Turbomotoren deutlich tiefer als bei freisaugenden, und der Ladedruck muss begrenzt werden.
Zwar können Ladeluftkühler die Temperatur reduzieren, aber eben nicht beliebig. Die Grösse des Ladeluftkühlers wird eingeschränkt durch die Platzverhältnisse im Motorraum, durch die Aerodynamik des Fahrzeugs. Auf rund 70 °C kann sie so abgekühlt werden, mehr liegt aber üblicherweise nicht drin. Und genau da setzt die Wassereinspritzung an. Durch das Verdampfen des Wassers kann noch einmal eine Absenkung von 25 °C drinliegen.
Alles wird besser
Da kalte Luft das Risiko der Selbstentzündung verringert, kann mit deutlich höherem Ladedruck gefahren werden. Ein höherer Ladedruck bedeutet ein besserer Wirkungsgrad und somit mehr Leistung. Zusätzlich hat kalte Luft eine höhere Dichte als warme, wodurch mit jeder Zylinderfüllung noch einmal mehr Sauerstoff zur Verfügung steht. Überdies kann der Zündzeitpunkt weiter nach früh verschoben werden, was für eine bestmögliche Leistungsausbeute sorgt, da die Brenndauer länger und die Endtemperatur tiefer wird. Wie bei jedem Turbomotor im Allgemeinen, gilt hier noch ganz speziell, dass diese Massnahmen entweder zur Leistungssteigerung oder zur Verbrauchssenkung genutzt werden können.
Schliesslich verspricht BMW, dass die Mehrleistung nicht zu einer erhöhten Belastung der Bauteile führen soll — im Gegenteil. Durch die kältere Luft soll die Kühlung von Zylinderwänden, Ventilen und Kolben verbessert und die thermische Belastung reduziert werden, sodass die Lebensdauer des Aggregates nicht beeinträchtigt wird.
Simpler Aufbau
Die technische Lösung ist relativ einfach. Aus einem Tank im Heck wird Wasser nach vorne in den Motorraum gepumpt. Dort wird es über drei Einspritzventile bedarfsgerecht geregelt in den Ansaugverteiler eingespritzt, je ein Ventil übernimmt die Versorgung von zwei Zylindern. Der Wassertank soll rund alle fünf Tankstopps nachgefüllt werden müssen. Falls der Tank leergefahren ist oder das System Fehlfunktionen aufweist, wird die Einspritzung abgeschalten, der Ladedruck reduziert und der Zündzeitpunkt in Richtung spät verschoben. So soll die Weiterfahrt mit reduzierter Höchstleistung, aber ansonsten ohne Einschränkung möglich sein.
Vertrauten frühere Systeme auf eine Mischung aus Wasser und Frostschutz, verbaut BMW ein aufwendigeres System, um ein Vereisen zu verhindern, dafür kann mit herkömmlichem Leitungswasser gefahren werden. Wird der Motor abgeschaltet, werden die Leitungen komplett leergepumpt in den Tank, der frostsicher untergebracht ist.
Schmiedeeisern
Auch wenn das Highlight des Motors sicher die Wassereinspritzung ist, hat das Aggregat auch sonst einige erwähnenswerte Details zu bieten. So kommt eine geschmiedete Nockenwelle zum Einsatz, um die rotierenden Massen so gering wie möglich zu halten und eine hohe Torsionssteifigkeit zu gewährleisten. Ebenfalls für eine verbesserte Festigkeit sorgen soll die Ausführung des Motorblocks in Closed-Deck-Bauweise. Dadurch werden höhere Verbrennungsdrücke möglich, ohne dass das Gewicht zunehmen muss. Dasselbe Ziel verfolgen die «Plasma»-Laufbuchsen.
Die Lufteinblasung erfolgt über zwei parallele einstufige Turbolader. Die variable Ventilsteuerung sorgt in Zusammenarbeit mit der stufenlosen Nockenwellen-Verstellung «Vanos» für vollvariablen Hub und Steuerzeiten.