SCHWEIZER DUO EROBERT MAROKKO

Beim dritten Anlauf hat es geklappt: Régine Zbinden und Ela Steiner gewinnen das 26. Rallye des Gazelles in der Kategorie 4×4. Zwei weitere Schweizer Teams kamen in die Top 6.

Grund zum Strahlen: Régine Zbinden und Ela Steiner sorgten in ihrem Jeep Wrangler für einen grossen Schweizer Triumph bei der Rallye des Gazelles. © MAIENGA

Sie waren die besten Debütantinnen 2014, Zweitplatzierte 2015 und steigen nun 2016 zuoberst aufs Podest. Bei ihrer dritten Teilnahme am Rallye Aïcha des Gazelles feierten Régine Zbinden und Ela Steiner am Strand von Essaouira einen überragenden Erfolg. Und: Die beiden Fluglotsinnen sind nur die Spitze des Eisbergs, standen doch heuer sieben Schweizer Mannschaften am Start. Mit Véronique De Sybourg-Siffert – der Tochter von «Seppi» – und Emilie Kühni auf dem 4. sowie Sabine Käppeli und Yamina Illien auf dem 6. Rang kamen zwei weitere helvetische Teams unter die Top 6.

Langsam, aber sicher

Die Kolleginnen und Freundinnen Régine Zbinden und Ela Steiner stürzten sich in das Abenteuer des zu 100 Prozent aus Frauen bestehenden Rallye des Gazelles aus Anlass ihrer «Vierziger-Krise». Freilich stand da viel Talent hinter der mutigen Entscheidung; denn die beiden wurden schon am Start in Nizza (F) als Favoritinnen gehandelt. Die von Jeep Schweiz und vom Ausstatter ZZ Kustom unterstützten «Gazellen aus dem Westen» peilten selbstbewusst den Sieg an. Oder sie hofften jedenfalls darauf: «Was wir damit meinten, war eher ein warum nicht?», relativiert Ela Steiner, die bescheiden bleiben will. «Nichts ist sicher, bis zum Schluss. Und sogar nach der Zieleinfahrt können noch Strafpunkte vergeben werden. Unsere Devise war immer: langsam, aber sicher.»

Immer das Beste geben, dabei aber den Jeep Wrangler nicht zerstören, das war der Leitgedanke des Siegerteams. Die beiden Waadtländerinnen lagen nach der ersten Etappe auf Rang fünf, verbesserten sich auf der zweiten auf Rang zwei und übernahmen nach der ersten Marathonetappe über zwei Tage schliesslich die Spitze, die sie bis ins Ziel nicht mehr abgeben sollten. Die rund 230 Kilometer lange Etappe im endlosen Sandmeer der Dünen von Merzouga und im Erg Chebbi bedingte die erwarteten mehrfachen Reifenwechsel, und diese wurden durch einen Sandsturm noch viel anspruchsvoller. «Man sah plötzlich überhaupt nichts mehr», erklärte Yamina Illien, die mit ihrer Kollegin Sabine Käppeli den sechsten Platz des Rallyes belegte. «Je mehr wir schaufelten, umso mehr Sand rieselte wieder unter den Wagen. Alle Spuren waren weggewischt, von den anderen Fahrzeugen sahen wir gar nichts. Man war völlig blind.»

Schwierigere Bedingungen?

Etliche der Schweizer «Gazellen» fanden das Rallye 2016 besonders schwierig. «Ich fand, dass es eine viel grössere Herausforderung als letztes Jahr war», gibt Véronique Siffert zu. «Am Ende des Rallyes war ich völlig auf den Felgen.» Die ebenfalls erschöpfte Ela Steiner schlägt in die gleiche Kerbe: «Auf der zweiten Marathonetappe gab es zwei Unfälle. Ein Wagen machte einen Taucher, und ein Quad überschlug sich und landete auf dem Dach. Die Bilanz war ein Beinbruch … Das gab uns schon zu denken.» Das Navigieren bereitete den Teams indes keine grösseren Schwierigkeiten: «Ich fand, dass es einfacher war als im vergangenen Jahr. Probleme bereiteten uns nur die Dünen und der Wind. Ich habe während zweier Nächte nicht gut geschlafen, was dazu führen kann, dass man am nächsten Tag mal einen Fehler mehr macht.»

Véronique Siffert bildete mit Emilie Kühni ein Team, nachdem sie 2015 mit der Amerikanerin Patricia Klishevich angetreten war. Sie weist auf die Wichtigkeit der Teamarbeit hin: «Ich hatte eine Super-Navigatorin. Wir haben die Karten und den Kompass unheimlich detailliert gelesen. Auf dem Internet sahen die Leute, dass unser Trassee wie ein Um

weg schien, aber das war absichtlich. Man muss die Hindernisse umfahren und die besten Pässe finden. Manchmal irrt man sich auch und stürzt über die Klippe …, aber man muss es immer wieder versuchen.» Die Übung wird dadurch erschwert, dass die einzig verfügbaren Karten mehr als 50 Jahre alt sind. «Die wurden immer wieder fotokopiert und sind kaum noch lesbar», lachte Siffert.

Ohne Schaden ins Ziel

Trotz aller Vorsicht ist man vor Schäden nie gefeit. Das ist der Grund, weshalb man die bestmöglichen Vorbereitungen

treffen muss. «Unser Toyota Land Cruiser wurde von den Spezialisten von BandiToy aus Bassins VD betreut und das ist eine fantastische Garage», freut sich Yamina Illien. «Wir hätten die zweite Marathonetappe nie absolvieren können, wenn der Wagen nicht in bestem Zustand gewesen wäre. Der Land Cruiser war die dritte Gazelle im Team.» Das bestätigte sich noch durch das Unglück eines der Favoritenteams in der Expertenklasse von Jeanette James und Anne-Marie Borg (siehe Kasten). Trotz aller Erfahrung erlitten sie auf der ersten Etappe einen Achsbruch. Der Kategoriensieg ging damit erneut an die ehemalige französische Skirennfahrerin Carole Montillet, die bereits ihren fünften Sieg seit 2004 feiern konnte.

Die Expertenklasse winkt nun auch Régine Zbinden und Ela Steiner, sofern sie 2017 zum vierten Mal antreten sollten. Als Siegerinnen bei den 4×4 werden sie automatisch «befördert». «Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen», winkte Steiner ab. «Das Rallye ist so hart und anspruchsvoll, dass man sich im Ziel immer sagt: nie mehr! Die Lust wird aber immer stärker, je näher die nächste Rallye kommt …»


 

Es geht auch ohne Smartphone und Navigerät.
Es geht auch ohne Smartphone und Navigerät.

Anspruchsvoller OL

Das Rallye des Gazelles ist der erste nur aus Frauen bestehende «Rallye-Raid» und verlangt mehr präzise Navigation denn reine Geschwindigkeit. Smartphones und moderne GPS-Navigationsgeräte sind verboten, sodass die Teilnehmerinnen auf gute alte Mittel wie Karten, Bleistift, Lineal und Kompass angewiesen sind. Sieger wird jenes Team, das die wenigsten Kilometer fährt, gleichzeitig aber die meisten Kontrollposten passiert. Die «Gazellen» haben die Möglichkeit, bei Problemen oder Pannen einen Hilferuf an die Organisatoren zu senden, jedoch geht das mit einer Kilometerstrafe auf ihrem Konto einher. Um alles noch schwieriger zu machen, müssen die Teilnehmerinnen während der zwei Marathonetappen in der freien Natur übernachten und ohne Nachschub oder technische Assistenz auskommen. Seit letztem Jahr wurde ausserdem die neue Kategorie «Expert» eingeführt, eine Arte Elite. Deren Parcours ist viel schwieriger und technisch anspruchsvoller in Bezug auf die Offroadstrecken und Navigation.

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