Voraussichtlich kommende Woche wird der Ständerat die Vorlage zum Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) behandeln, nachdem er sie vergangenes Jahr an seine Verkehrskommission zur Überarbeitung zurückgewiesen hatte. Diese beantragt nun dem Rat, den Netzbeschluss 2012 zwei Jahre nach Inkrafttreten der Vorlage in den NAF zu integrieren und ihn mit einer Erhöhung der Zweckbindung der Mineralölsteuer zu finanzieren. Das heisst, die Zweckbindung zugunsten der Strasse soll mit der Verbindlichkeitserklärung der Vorlage um maximal 5 Prozent auf 55 Prozent erhöht werden. Bisher floss die Mineralölsteuer je zur Hälfte in die allgemeine Bundeskasse und zur Strasse. Im Gegenzug soll der Mineralölsteuerzuschlag um 4 Rappen pro Liter auf 34 Rappen heraufgesetzt werden. Zwei Jahre nach dem Start des NAF ist geplant, die Mineralölsteuer um weitere maximal 5 Prozent auf insgesamt 60 Prozent anzuheben. Diese maximal 125 Mio. Franken dienen auch der Finanzierung des Netzbeschlusses, der auch in diesem zweiten Schritt in Kraft gesetzt werden soll. Ebenfalls in der zweiten Etappe erfolgt der Kompensationsbeitrag der Kantone im Umfang von 60 Mio. Franken. Es stehen deshalb somit 185 Mio. Franken pro Jahr für die Finanzierung des Netzbeschlusses zur Verfügung. Eine Minderheit der Kommission beantragt, auf die Zweckbindung der Automobilsteuer zu verzichten und stattdessen die Zweckbindung der Mineralölsteuer auf 70 Prozent heraufzusetzen.
In die richtige Richtung
Dass mit dem NAF ein unbefristeter Fonds für die Belange der Strasse geschafffen werden soll, nachdem die Fabi (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur-) Vorlage für den öffentlichen Verkehr unter Dach und Fach ist, entspricht dem Gebot der Gleichbehandlung der beiden Verkehrsträger und geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Zu begrüssen ist zudem auch, dass die Mehrheit der ständerätlichen Verkehrskommission dem Antrag des Bundesrats gefolgt ist und vorschlägt, die Erträge aus der Automobilsteuer künftig dauernd dem NAF zuzuweisen. In der Vergangenheit waren das gegen 400 Mio. Franken pro Jahr. Warum indes die Erhöhung der Zweckbindung der Mineralölsteuer nach Auffassung der Kommissionsmehrheit in zwei Schritten und nicht von Anfang an erfolgen soll, ist nicht nachvollziehbar. Zur Absicherung einer genügenden Finanzierung des NAF ist dieser Anteil in einem Schritt auf 60 Prozent zu erhöhen. Sollte es sich zeigen, dass zur Mitfinanzierung der Bundesaufgaben im Zusammenhang mit der Integration des Netzbeschlusses 2012 in die NAF-Vorlage zusätzliche finanzielle Mittel nötig sind, muss dieser Prozentsatz weiter angehoben werden.
Sinkende Einnahmen
Nachdem die Erträge aus der Mineralölsteuer in der Vergangenheit wegen der kontinuierlich verbesserten Treibstoffeffzienz neuer Motoren, der Aufhebung des Euromindestkurses vom 15. Januar 2015 sowie des Tanktourismus ins benachbarte Ausland markant gesunken sind, gehören jährliche Einnahmen von über 3 Mia. Franken aus der Mineralölsteuer wohl für geraume Zeit der Vergangenheit an. Demgemäss machen 10 Prozent nach Schätzung der Verkehrskommission wie oben dargestellt nunmehr rund 250 Mio. Franken pro Jahr aus. Die Abstützung auf verschiedene Einnahmequellen, also auf die Zuweisung der Erträge aus der Automobilsteuer plus auf diejenige aus der Erhöhung der Mineralölsteuereinnahmen machen den Fonds stabiler und sind dem Vorschlag der Kommissionsminderheit vorzuziehen.
Sollte trotz Neuverteilung der Zweckbindung der Mineralölsteuer zur Realisierung baureifer Projekte die Finanzierung fehlen, könnte eine bescheidene Heraufsetzung des Mineralölsteuerzuschlags von maximal 3 Rappen pro Liter in Betracht gezogen werden. In jedem Fall ist aber darauf zu dringen, dass es bei der Mitfinanzierung von Agglomerationsprogrammen aus dem NAF zwingend um die Lösung von Strassenproblemen gehen muss. Abzulehnen ist im Weiteren der Vorschlag, dem Bundesrat die Kompetenz zum Teuerungsausgleich auf die Mineralölsteuer zu geben.
Zu diskutieren wäre ferner, ob die 1 Promille Mehrwertsteuer (360 Mio. Fran- ken pro Jahr), die via Fabi dem öffentlichen Verkehr zukommen, nicht auch für den NAF bereit stehen sollten. Zweifellos sind Erhöhungen der Mehrwertsteuer möglichst zu vermeiden. Aber eine Diskussion über diese Frage muss erlaubt sein.
Milchkuh-Initiative im Hintergrund
Bei den Beratungen im Ständerat darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass im Hintergrund die Milchkuh-Initiative lauert, die am 5. Juni 2016 zur Abstimmung gelangt. Die Strassenverkehrsverbände machen sich für dieses Volksbegehren stark.
Im Ständerat haben sich die Kräfteverhältnisse seit den Wahlen vom vergangenen Oktober nicht wesentlich geändert. Infolgedessen werden es die bürgerlichen Parteien nicht leicht haben, ihre Sicht der Dinge durchzubringen. FDP und CVP haben je 13 Sitze, die SP hat 12 und die SVP 6, BDP und Grüne Fraktion je 1 Sitz. Für Spannung ist kommende Woche gesorgt.