Ferrari 340 Mexico – auf Abwegen

Ferrari baute für die Carrera Panamericana 1952 extra den 340 Mexico. Aber das brachte nichts.

  • Nur 1952 gebaut
  • Nur drei Exemplare
  • Bittere Niederlage gegen Mercedes

Max Verstappen steht aktuell bei 177 Rennen in der Formel 1, davon gewann er 47. Das ergibt dann eine Siegesquote von 26,5 Prozent. Damit liegt er deutlich hinter Lewis Hamilton zurück, 324 Starts, 103 Siege, stolze 31,8 Prozent Siegesfahrten. Doch diese beiden Jungs schaffen es nicht annähernd aufs Podest der «erfolgreichsten» Piloten, der dritte Rang gehört Alberto Ascari, 32 Starts, 13 Siege, 40,6 Prozent, der zweite Rang Juan Manuel Fangio, 51 Rennen, 24 Siege, 47,1 Prozent. Und wer ist der Sieger? Das lesen Sie dann weiter unten.

Der Aufbau für die Berlinetta stammte von Vignale – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Hier geht es aber zuerst um Alberto Ascari, den Sohn von Antonio Ascari, dem vielleicht besten Piloten der 20er Jahre. Beide Ascari starben im Alter von 36 Jahren – und beide an einem 26. des Monats. Alberto Ascari hätte einer der ganz Grossen werden können, mehr als zwei Weltmeister-Titel gewinnen, denn wenn sie auf gleichwertigem Material antraten, war Ascari immer schneller als Fangio. Aber Ascari war auch sehr loyal, er verliess Ferrari, als der Commendatore seinen besten Freund Luigi Villoresi rausschmiss – was ihn um mindestens einen weiteren WM-Titel und diverse GP-Siege brachte.

Und der 4,1-Liter-V12 von Lampredi – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Ascari war der wohl erste Rennfahrer, der sich mental und mit körperlichem Training auf ein Rennen vorbereitete. Aber er war auch eine Wildsau. Es begab sich bei der Carrera Panamericana 1952, also vor 71 Jahren. Er legte beim wohl härtesten Rennen, das es damals gab, gleich mal los wie eine Furie, hatte nach 80 Kilometern schon neun Konkurrenten überholt – ein grandioses Schauspiel sei das gewesen, bezeugten Zeitzeugen, er habe überholt, wo kaum ein Auto Platz gehabt habe, sei aussenrum an einem der Benzen vorbeigepfeilt, hab zwei Lancia auf einmal nassgemacht. Bloss: Ascari rutschte schon auf der ersten Etappe (von acht) nach weniger als 100 Kilometern (von fast 3500) in einen Abgrund. Sein Ferrari 340 Mexico war Schrott. Es gewann dann Mercedes (Kling/Klenk) vor Mercedes (Lang/Gaupp). Auch auf dem dritten Rang wäre eigentlich noch ein Mercedes gelandet, doch das Renn-Kommitée hatte Erbarmen mit Ferrari und disqualifizierte den dritten Stern aus fadenscheinigen (in Mexiko: absolut üblichen) Gründen. Chinetti/Lucas durften schliesslich auch noch ein bisschen mitfeiern.

Offiziell waren die Ferrari 340 Mexico nicht vom Werk gemeldet – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Wie Ascari/Scotuzzi traten auch Chinetti/Lucas und Villoresi/Cassani auf einem Ferrari 340 Mexico an. Diese wurden zwar nicht vom Werk gemeldet, doch die drei Fahrzeuge, alle unter dem Banner von «Industrias 1-2-3» startend, waren eindeutig von Maranello aus auf den Weg nach und durch Mexiko geschickt worden. Das zeigen allein schon die prominenten Fahrer, die für Ferrari antraten. Und die extra von Vignale entworfenen Berlinetta-Aufbauen.

Aber sie hätten deutlich schneller sein sollen als die siegreichen Mercedes – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Rein von den Fahrleistungen her hätten die Benzen keine Chance haben dürfen gegen die Ferrari 340 Mexico. Die 3-Liter-Sechszylinder der Mercedes kamen 1952 auf etwa 175 PS, die 4,1-Liter-V12 der Ferrari auf etwa 280 Pferde. Der Italiener rannte schon vor 70 Jahren in 6 Sekunden von 0 auf 100 km/h, war 280 m/h schnell. Doch die Deutschen hatten die «Carrera» generalsstabsmässig geplant, waren die Strecke mehrfach abgefahren – und Hans Klenk war der erste Beifahrer, der seinem Piloten eine Art «Roadbook» vorlas. Zwar waren die Italiener schnell, aber halt auch schwer – und das war mit dem damals noch üblichen Trommelbremsen auf den unsäglich schlechten mexikanischen Strassen sicher kein Vorteil.

Welch eine dürftige Beleuchtung – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Das Fahrzeug, das wir hier zeigen, trägt die Chassis-Nummer #0226AT. Luigi Chinetti, der so grossartige Rennfahrer, clevere Geschäftsmann und amerikanische Ferrari-Importeur, hatte #0226AT schon vor dem Rennen an Allen Guibertson in Dallas verkauft. Nachdem Ascari das Gerät aber mächtig deformiert hatte, musste der Mexico zuerst wieder zurück nach Maranello und auch zu Vignale, wo er einen neuen Aufbau erhielt. Erst im Frühling 1953 war das Fahrzeug wieder in den USA, Guibertson hatte aber die Lust verloren und verkaufte ihn an A.V.Dayton weiter, der ihn bei SCCA-Rennen einsetzte. Am Lenkrad: Carroll Shelby und Jack McAfee. Über die nächsten Jahre ging 0226AT durch viele Hände, wurde in den 80er Jahren wieder auf seine «Carrera Panamericana»-Spezifikationen zurückgebaut.

Das Fahrzeug von Ascari wurde in den 80er Jahren komplett restauriert – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Wir schulden Ihnen noch den Mann zuoberst auf dem Podest: Lee Wallard ist der «erfolgreichste» F1-Fahrer aller Zeiten. Er startete zwei Mal, gewann ein Rennen (Indy 500 im Jahr 1951), seine Erfolgsquote liegt also bei 50 Prozent. In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, da haben wir eine Liste mit diesen schönen Geschichten erstellt, zu bewundern: hier.

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