Mit dem Concept CLA Class gibt Mercedes Ausblick auf eine optisch reizvolle Neuauflage des CLA. Doch entscheidender ist, was unter der gefälligen Blechhaut des Stromers steckt.
- Attraktive neue Designsprache
- 800-Volt-Architektur, bis 750 Kilometer Reichweite
- Komplett neues Betriebssystem
Auf der IAA Mobility (5. bis 10. September) schlägt Mercedes mit der Präsentation der MMA-Plattform (Mercedes-Benz Modular Architecture) das nächste Kapitel seiner Elektrifizierungsstrategie auf. Der neu entwickelte Unterbau wird das Fundament künftiger Elektro-Einstiegsmodelle der Marke, die Ende 2024 mit grosser Reichweite und starkem Rechenhirn auf den Markt kommen werden. Mit dem Concept CLA Class hat der Autobauer die neue Plattform reizvoll für den Messeauftritt eingekleidet, um zugleich einen konkreten Ausblick auf Design und Innenraum der kommenden Fahrzeugfamilie zu geben. Sie wird aus mindestens vier Mitgliedern bestehen – geplant sind zusätzlich ein Shooting Brake und zwei SUV.
Das Antriebssystem wird nicht ausschliesslich elektrisch sein, denn auf MMA-Basis wird es weiterhin Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben. Diese werden in einigen Märkten noch in Jahren gefragt bleiben, weshalb Mercedes die zweigleisige Strategie verfolgt. Plug-in-Hybride, so die Produktmanagerin Christina Currle-Hamel, sind auf MMA-Basis hingegen ausgeschlossen. Die primäre Ausrichtung der Plattform sei ohnehin die auf E-Autos. Diese sollen dank neuer 800-Volt-Architektur und einem in vielen Punkten auf Effizienz getrimmten Fahrzeug bis zu 750 Kilometer Reichweite bieten. Zahlen zu den Batterieformaten werden noch keine genannt, dafür aber ein niedriger Verbrauchswert von 12 kWh pro 100 Kilometer. Im Zusammenspiel mit der neuen Electric Drive Unit (MB.EDU) soll der Wirkungsgrad von der Batterie bis zum Rad 93 Prozent betragen. Langstreckentauglichkeit verspricht ausserdem der Onboard-Lader der kommenden MMA-Serienfahrzeuge, denn dieser soll mit bis zu 250 kW Strom in die Akkus jagen. Das 800-Volt-System erlaubt sogar deutlich mehr, bei Mercedes ist man jedoch der Ansicht, mit 250 kW einen für Kunden guten Kompromiss gefunden zu haben. Immerhin lassen sich bereits mit dieser Leistung 400 Kilometer Reichweite in 15 Minuten nachtanken.
Aufregender als diese Zahlen ist jedoch das Design des Concept CLA, dessen für 2024 geplantes Serienpendant recht ähnlich geraten soll. Das in einem schicken Granatrot lackierte Konzept gefällt mit rundum stimmigen Proportionen sowie eleganten Wölbungen und nur wenigen Sicken. Während sich bei einigen aktuellen Viertürer-Coupés von Mercedes in der Seitenansicht Front und Heck nicht so recht voneinander unterscheiden, wirkt das CLA Concept mit langer und flacher Front, dem bogenförmigen Dachverlauf und dem knackigen Heck klassisch schön und trotz der vier Türen wie ein echtes Coupé. Den typischen Kunden der Marke dürfte Mercedes mit diesem Styling wieder abholen. Ganz so flach wie das Showcar wird der elektrische Serien-CLA allerdings nicht werden. Hier bleibt das Concept, auch wenn es bereits seriennahes Design zeigt, eben doch ein typisches Showcar, dessen reichlicher Chromschmuck, chromblitzende 21-Zoll-Räder mit Sternendesign und die zahlreichen Sternsymbole, von denen viele auch leuchten, ganz sicher nicht den Weg in die Serie schaffen werden.
Das wird auch auf viele Details des hell eingerichteten und chromblitzenden Innenraums zutreffen, der mit etlichen Wow-Effekten ausstaffiert wurde. Neben viel Bling-Bling findet sich auch nachhaltige Elemente wie Öko-Textilien, mit Kaffeebohnen gegerbtes Leder oder aus Papierstoff gefertigte Zierteile. Mit diesen eher unscheinbaren Details soll der Umweltgedanke stärker in den Fokus rücken, was auch beim Serienfahrzeug etwa mit aus Zellulose und Hanffasern gefertigten Bauteilen ein Thema wird. Apropos Serie: Das gute Platzangebot des Showcars soll dem des kommenden Serien-CLA entsprechen.
Ein besonderes Detail im CLA Concept findet sich mittig im vorderen Fussraum in Form eines leuchtenden Kästchens mit der Aufschrift «MB.OS». Dieses Bauteil symbolisiert das neue digitale Fundament von Mercedes. In dem Kästchen steckt nämlich ein Superrechner mit wassergekühltem Chip, der im Zusammenspiel mit dem von Mercedes selbstentwickelten Betriebssystem MB.OS (Mercedes-Benz Operating System) den zunehmend anspruchsvolleren Anforderungen der digitalen Autozukunft gerecht werden soll. Die hochkomplexen, digitalen und vernetzten Infotainment-Welten von MBUX, Superscreens, immersive Sounderlebnisse, neue KI-Funktionen sowie immer wieder neue und bessere per OTA herunterladbare Infotainmentfunktionen und Assistenzsysteme soll MB.OS beherrschbar machen. Gäste sollen sich in Fahrzeugen der MMA-Generation wie in einem zweiten Zuhause fühlen und im Auto keinen digitalen Komfort mehr vermissen. Und sie können künftig viele Selbstfahrfunktionen geniessen. Vom Start ab sollen MMA-Fahrzeuge Level-3-fähig sein. Ein weiteres Kästchen, das sich aussen zwischen Windschutzscheibe und Dach befindet, deutet beim CLA Concept einen entsprechenden Sensor-Cluster mit Lidar an. Beim Serienmodell wird dieses Bauteil wohl etwas anders aussehen, doch darf man sich als Kunde schon mal an die Integration einer neuen Sensor-Generation für hochautomatisierte Fahrfunktionen gewöhnen.
Darüber hinaus markiert die MMA-Plattform für Mercedes einen wichtigen Schritt hin zur Erreichung der «Ambition 2039», mit der sich der Hersteller selbst verpflichtet hat, bilanziell CO2-Neutralität in seiner gesamten Wertschöpfungskette bis 2039 zu erreichen. Das betrifft die Lieferketten, Produktion und Logistik, die Well-to-wheel-Bilanz und das Lifecycle-Ende der Fahrzeuge. Deshalb, so Mercedes, wurde MMA von Grund auf nachhaltig gedacht. Unter anderem wird die Zell- und Kathodenherstellung CO2-neutral sein, weshalb kommende Batterien bereits bei ihrer Herstellung um 40 Prozent weniger Klimagase verursachen werden. Ziele für Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft sind in einigen Bereichen wie etwa der im Fahrzeug verwendeten Textilien relativ leicht erreichbar. Bei anderen Werkstoffen wie etwa Stahl steht man vor grösseren Herausforderungen. Hier wird Mercedes abhängig davon sein, wie schnell der Stahlindustrie ihre Transformation gelingt. Sollte es in einigen Bereichen nicht gelingen, bis 2039 klimaneutral zu werden, will der Autobauer etwa mit zertifizierten Klimaschutzprojekten Ausgleiche schaffen. (SP-X/AR)
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