Der Name ist etwas sperrig, das Automobil dazu aber grossartig.
- Zuerst das Auto, dann der Name
- Fünf Serien der «Tour de France»
- Fünf Exemplare von Zagato
Es ist ja nicht ganz einfach mit den Bezeichnungen bei Ferrari. Aber Berlinetta, das bedeutete einst schon: feine Sache. Die «normalen» Ferrari waren Mitte der 50er Jahre Coupé oder Cabriolet, doch ab 1956 gab es dann auch diese erste Berlinetta. Mit 2,6 Meter Radstand, also: LWB, «long wheel base». Der Entwurf kam von Pininfarina, gebaut wurde die Berlinetta bei Scaglietti, technisch war sie eigentlich gleich wie die Boano und Ellena, also 3-Liter-Colombo-V12, anfangs etwa 240 PS.
Doch die Berlinetta war halt leichter, auch für Rennen geeignet, etwa für die «Tour de France» damals einer der wichtigsten Termine des Jahr, sehr hart. 1956 konnten de Portago/Nelson die «Tour de France» gewinnen. Und weil Olivier Gendebien/Lucien Bianchi, ebenfalls auf einer dieser Belinetta, auch die folgenden drei Austragungen des «TdF» für sich entscheiden konnten, war der Name dann zementiert.
Es gab bis 1959 vier Serien dieser «Tour de France». Von der ersten entstanden neun Exemplare (bekannt als «no louvre», ohne Lufteinlässe an der B/C-Säule), von der zweiten dann wieder neun Stück (bekannt als «14 louvres»), von der dritten dann 17 (als «3 louvres» bezeichnet), von der vierten noch dann stolze 37 (mit einem Lufteinlass).
Von dieser ersten Serie der «Tour de France»-250er gab es nun aber auch noch fünf Exemplare von Zagato: #0515GT, #0537GT, #0665GT, #0689GT und #1367GT. Diese Fahrzeuge nun haben wieder eine ganz besondere Geschichte, wurden sie doch direkt auf Veranlassung von Enzo Ferrari bei Zagato eingekleidet. Auch das hatte wieder einen Hintergrund: zwei der besten Ferrari-Kunden, Vladimiro Galluzzi aus Mailand und Camillo Luglio aus Genua, wünschten sich etwas ganz Besonderes auf dem bekannten 250er-Chassis.
Und Zagato konnte liefern: innert nur einer Woche soll er den Entwurf geschaffen und dem Aufbau gleich mitgeliefert haben, absoluter Leichtbau, denn Luglio wollte einen Rennwagen (#0537GT), Galluzzi ein Fahrzeug, mit dem er sowohl auf der Strasse wie auch auf der Strecke fahren konnte (#0515GT). Luglio war mit seinem GTZ (so sind diese feinen Zagato-Stücke auch bekannt) sehr zufrieden, bestellte sich für die Rennsaison 1957 gleich ein neues Exemplar (#0665GT, das ist das gute Stück, das wir hier zeigen), mit dem er wieder sehr erfolgreich Rennen fuhr (siehe unten). #0689GT war dann etwas anders als die andern GTZ, hatte etwa kein «Double-Bubble»-Dach. Und dann war da noch der späte #1367GT, der wieder an Galluzzi ging, auch ohne «Double Bubble», dafür mit ziemlich eigenartigen Heckflossen. All diese Zagato-250er existieren noch.
Als erste Besitzerin des Ferrari 250 GT LWB «Tour de France» Zagato #0665GT war Cornelia Vassalli eingetragen – die Gattin von Camillo Luglio. Der fuhr dann aber mit dem zwischen Januar und April 1957 aufgebauten Ferrari gleich mal den Giro die Sicilia, dies auf den 5. Gesamtrang und den 2. Platz in der Klasse. Am 11. Mai startete er dann mit Startnummer #441 zu jener Mille Miglia, bei der Alfonso de Portago den tragischen Unfall hatte, der neun Zuschauern, seinem Beifahrer und ihm selber das Leben kostete. Das Rennen wurde aber fertig gefahren, es gewann Piero Taruffi auf Ferrari, Luglio schaffte als Privatfahrer den 6. Rang und den 2. Platz in der Klasse. Was man als Sensation bezeichnen darf.
Es ist auch eine Sensation, dass RM Sotheby’s diesen einzigartigen Ferrari Mitte August in einer sogenanntenn «sealed auction» verkaufen kann; das Fahrzeug war seit 1999 beim gleichen Besitzer. Nein günstig wird das mit Garantie nicht.
In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, da haben wir eine Liste mit diesen schönen Geschichten erstellt, zu bewundern: hier.