Zu Beginn seiner Karriere hatte es der Alfa Romeo 164 schwer. Heute sieht das anders aus.
- Gebaut von 1987 bis 1997
- Etwa 273’000 Exemplare produziert
- Empfehlenswert ab 1990
Ein grosser Alfa Romeo mit Frontantrieb? Nicht bloss die Alfisti rümpften 1987 die Nase, als der Tipo 164 als Nachfolger des Alfa 6 auf den Markt kam. Und dann war er ja auch noch baugleich mit dem Fiat Croma, dem Lancia Thema, dem Saab 9000 – das gehörte sich einfach nicht. Schuld war natürlich Fiat, wie eigentlich immer, die Turiner hatten die Mailänder ja schliesslich 1986 übernommen. Doch der Blick muss weiter zurückgehen.
Der Alfa 6 war ja nicht das Gelbe von Ei. Entwickelt worden war er Anfang der 70er Jahre, auf den Markt schaffte er es aber erst 1979. Und schon ein Jahr später begannen die Entwicklungsarbeiten für einen Nachfolger, bezeichnet als Progetto 156 (der mit dem späteren 156er nichts zu tun hat). Es entstand schnell ein ziemlich radikaler Entwurf von Ermanno Cressoni mit einem noch höheren Heck als bei der Giulietta (Tipo 116); die technische Entwicklung unterlag Filippo Surace, selbstverständlich gab es Heckantrieb. Doch Alfa Romeo hatte kein Geld, schon früh in den 80er Jahren mussten sich die Mailänder dem Tipo-4-Projekt anschliessen, einer gemeinsamen Produktion von Fiat, Lancia und Saab. Und das bedeutete dann: Frontantrieb.
Zuerst kam der Lancia Thema auf den Markt, schon 1984 (ja, dann auch als genialer 8.32). Es folgten 1985 der Fiat Croma und der Saab 9000. Bloss Alfa war noch nicht so weit, der Cressoni-Entwurf wurde in die weitläufigen Keller gestellt, man bediente sich bei Pininfarina, wo es noch einen Entwurf von Enrico Fumia aus dem Jahr 1981 gab (anscheinend für einen Alfa Tipo 154). Erst im September 1987 wurde dann auch der Alfa Romeo angeboten, man hatte versucht, durch eine intensive Erprobung so viele Kinderkrankheiten wie möglich schon vor Serienanlauf zu eliminieren.
Nun, das gelang nur teilweise. Die Antriebseinflüsse auf die Lenkung waren heftig, der Geradeauslauf mässig. Zu Beginn gab es den 164 mit dem 2-Liter-Twin-Spark (148 PS – oder 143 PS mit Katalysator), als 2-Liter-Turbo (mit 175 PS), als 3-Liter-V6 (192 PS – oder 184 PS mit Katalysator) und als 2,5-Liter-Turbodiesel (117 PS). Der Erfolg war eher bescheiden, eben, die Fans wollten keinen grossen Alfa mit Frontantrieb. Und die anderen potentiellen Kunden erhielten bei Fiat, Lancia und Saab eine grössere Auswahl an Karosserie-Varianten sowie einen günstigeren Preis.
Die erste Überarbeitung, genannt Maquilage 90, gab es schon 1990; das Fahrverhalten wurde deutlich besser, die Karosse erhielt eine Vollverzinkung. Ab 1991 gab es den 2-Liter-V6-Turbo mit 204 PS, 1992 kam dann der QV mit flotten 232 PS aus dem berühmten Arese-V6, 1994 der Q4 mit Allradantrieb; da wurden die 164er dann schon als Super bezeichnet. Mit Abstand am häufigsten wurden die 2-Liter-Vierzylinder verkauft, so ein 164 Super mit Allradantrieb kostete das gleiche Geld wie eine E-Klasse, aber hatte halt nicht den gleich guten Ruf. 1998 wurde der Alfa 164 vom Alfa 166 abgelöst.
Heute werden die Alfa Romeo 164 wohl mehr geschätzt als damals, als sie den Konzern retten sollten. Daraus wurde, wie man weiss, nichts, Schuld ist wie immer Fiat. Doch das Design hat all die Jahre bestens überstanden, man darf den Pininfarina-Entwurf sicher als Klassiker bezeichnen. Es ist zwar nicht ganz einfach, gute Exemplare zu finden, doch die Ersatzteilversorgung stellt kein Problem dar, Rost war ab 1990 kein Ärgernis mehr – und die Busso-V6 gehören sowieso zu den Meisterwerken der Ingenieurskunst, schaffen auch sehr hohe Kilometerleistungen. Zu empfehlen ist alles ab der Modellpflege von 1990 – und ja, das gibt es auch noch zu vierstelligen Beträgen.
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