Verfeinertes Flaggschiff

Seit 2016 ist der Škoda Kodiaq auf dem Markt und verkauft sich trotz seines Alters immer noch gut. Nun steht die zweite ­Generation des grossen SUV bereit.

Beim Anstieg zum Col de la Faucille, auf dem Weg vom Genfersee ins Departement Jura, zieht eine seltsame Karawane die Blicke auf sich: vier Autos, bunt beklebt. Vier getarnte Prototypen von Škoda, in der Endphase der Entwicklung.

Diesmal handelt es sich nicht um ein einfaches Facelift wie 2021, als das Škoda-Flaggschiff leicht überarbeitet wurde. Jetzt kommt eine völlig neue Generation des Kodiaq, der mit 792 000 verkauften Exemplaren der Pionier und das Rückgrat der SUV-Offensive des tschechischen Herstellers ist. Ein erfolgreiches Team wechselt man nicht einfach aus – erfolgreiche Produkte werden evolutionär verbessert, bei zu vielen Veränderungen wenden sich sonst die Kunden anderen Verlockungen zu.

Philosophie bleibt erhalten

Der neue Kodiaq behält die grundsätzliche Philosophie seines Vorgängers bei: Geräumigkeit, Zweckmässigkeit und Spass im täglichen Gebrauch eines Familienfahrzeugs mit bis zu sieben Sitzen. Er muss aber auch für einen aktiven Sportler geeignet sein, der am Wochenende gerne in die Berge fährt oder eine Velotour unternimmt. Soweit das Anforderungsprofil in der Marketingversion. Also, was ändert sich? Nichts an der DNA des SUV, aber viel an der Art und Weise, wie diese DNA technisch umgesetzt wird.

Das zeigt sich schon bei den Abmessungen: Höhe (3 mm) und Breite (18 mm) wurden verringert. Das führt vor allem zu einer schlankeren Aussenlinie, vielleicht ein neuer Trend in der SUV-Familie. Zuwachs gab es beim Radstand, minimal um einen Millimeter, aber vor allem bei der Fahrzeuglänge. Diese wuchs um 61 Millimeter auf knapp 4.76 Meter, was sich spürbar auf Innenraum und Ladekapazität auswirkt. Trotz der etwas geringeren Gesamthöhe erhöht sich die Kopffreiheit für die Passagiere in der dritten Sitzreihe bei der siebensitzigen Version um 15 Millimeter.

Bevor wir zu den verschiedenen Motorisierungen kommen, sei erwähnt, dass das serienmässige Doppelkupplungsgetriebe nun über einen Wählhebel am Lenkrad bedient wird. Die Verlegung wirkt sich auf das Platzangebot zwischen den beiden Sitzen aus. Obwohl der Kodiaq während der Versuchsfahrten auch innen getarnt war, empfanden wir die Sitzposition als ausgezeichnet. Das gilt vor allem, wenn man entspannt fährt, was diesem SUV gut zu Gesicht steht. Durch die Platzierung des Touchscreens auf gleicher Höhe mit den herkömmlichen Instrumenten kann der Blick des Fahrers stets auf die Strasse gerichtet bleiben, auch wenn dieser gleichzeitig die Informationen des Infotainmentsystems verarbeitet.

Neu mit Plug-in-Hybrid

Unter der Motorhaube bietet Škoda fünf Antriebsstränge an: zwei Otto- und zwei Dieselmotoren sowie eine neue Hybridversion. Letztere ist die grosse Neuheit der zweiten Kodiaq-Generation. Der iV ist nichts anderes als das erste Plug-in-Hybridmodell in der Produktpalette. Mit einer Gesamtleistung von 150 kW (204 PS) bietet er eine elektrische Reichweite von über 100 Kilometern. Die Hochvoltbatterie mit einer Kapazität von 25.7 kWh kann mit Gleichstrom von bis zu 50 kW oder mit Wechselstrom von bis zu 11 kW aufgeladen werden. Der Antriebsstrang des iV ist mit ­einem automatisierten Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen (sieben bei den anderen Motorisierungen) kombiniert. Der tschechische Hersteller betont, dass 97 Prozent der Kunden Automatikgetriebe wünschten. Die anderen vier Motorisierungen sind alte Bekannte. Sie decken ein Leistungsspektrum von 110 kW (150 PS) bis 150 kW (204 PS) ab. Der 2.0 TDI mit 142 kW (193 PS) und der 2.0 TSI mit 150 kW (204 PS) sind von Haus aus mit dem Allradantrieb kombiniert. Der 1.5 TSI der Einstiegsklasse ist ein Mildhybrid.

Die letzten Geheimnisse

Die getarnten Fahrzeuge, die auf einer Strecke von knapp 100 Kilometern gefahren werden konnten, waren der endgültigen Version sehr ähnlich, die im Oktober dieses Jahres ihre Weltpremiere feiern wird. 2024 soll sie stufenweise auf den Markt kommen, im ersten Quartal die reinen Verbrenner, im zweiten Quartal der Plug-in-Hybrid. Es ist also noch etwas Geduld nötig, bis Details zum Innenraum zu erfahren sind. Fest steht bereits, dass alle Textilien aus zu 100 Prozent wiederverwertetem Polyester hergestellt sind. Die praktischen Kantenschützer an den Türen wurden beibehalten, und der Ko­diaq verfügt über ein neues System, mit dem er sich von ausserhalb des Fahrzeugs parkieren lässt. Eine App macht das Mobiltelefon zum Joystick, der das Auto steuert. An der Fahrzeugfront arbeiten die Designer mit Matrix-Scheinwerfern und zur Aufwertung der Optik mit einem Kristallelement, das an das Kristallglas erinnert, das Böhmen berühmt gemacht hat.

«Genf ist der ideale Salon»

Als Vorstandsmitglied von Škoda Auto ist der Deutsche Johannes Neft verantwortlich für die technische Entwicklung. Er war bei der Vorstellung des neuen Kodiaq im benachbarten Frankreich dabei – mit Blick auf den Jet d’eau in Genf.

Johannes Neft, Vorstandsmiglied von Škoda Auto.

AUTOMOBIL REVUE: Wir sind hier vor den Toren von Genf. In den letzten Wochen wurde natürlich viel darüber diskutiert, ob der Internationale Automobilsalon 2024 wieder stattfinden soll oder nicht. Was ist Ihre Position?

Johannes Neft: Wenn der Genfer Salon stattfinden kann, und wir sind optimistisch, dann wollen wir dabei sein. Für Škoda ist er mit seiner grossen Tradition, der Anzahl und der Vielfalt der Aussteller und der Besucher der ideale Salon.

Sie sprechen von Vielfalt. Die Automobilwelt befindet sich in einer Zeit des Umbruchs. Von Benzin über Diesel bis hin zu Elektroautos und verschiedenen Hybridsystemen – all das muss für einen Hersteller komplex zu bewältigen sein. Wie lange können Sie ein so breites Spektrum an Aktivitäten gewährleisten?

Wir werden dies so lange tun, wie unsere Kunden dies von uns erwarten. Diese Diversifizierung entspricht unseren Zielen, auch wenn wir im Lauf der Jahre die Anzahl unserer Motorisierungen drastisch reduziert haben. Hier hat man den Eindruck, dass Westeuropa das Zentrum der Automobilwelt sei, aber das ist bei Weitem nicht der Fall. Um nur von Škoda zu sprechen: Wir sind sehr stark in den Ländern des ehemaligen Ostblocks vertreten, aber auch in Indien und Asien – riesige Märkte, an die man sich anpassen können muss.

Wie sieht die Politik des Volks­wagen-Konzerns  bei dieser Universalisierung aus, welche Rolle spielt Ihre Marke?

Die Tatsache, dass wir Plattformen mit den anderen Marken des Konzerns teilen, ist natürlich ein Vorteil für uns, aber auch für unsere Kunden. So hat uns der Konzern die strategische Steuerung in Indien und im asiatischen Raum übertragen. Indien ist eine grosse Herausforderung, da dort hauptsächlich Kleinwagen mit geringen Margen verkauft werden. Unser erster Schritt war daher, mit dem Kushaq und dem Slavia unsere eigenen Modelle für den indischen Markt zu entwickeln und vor Ort zu bauen. Darüber hinaus arbeiten wir innerhalb der Gruppe an einem möglichen Konzept für die Entwicklung eines Elektroautos für den indischen Markt.

Können solche einfacheren und damit kostengünstigeren Fahrzeuge jemals in Europa gebaut werden?

In Europa gelten ganz andere Gesetze als auf diesen neuen Märkten. Mit unserem Fabia bieten wir jedoch bereits ein sehr günstiges Einstiegsmodell mit Verbrennungsmotor ab 18 280 Franken an.

Sie zeigen uns vorab den neuen Kodiaq. Man sagt ja gerne «never change a winning team». Was bedeutet das für die Fahrzeugentwicklung, wie entsteht die zweite Generation eines bereits sehr erfolgreichen Fahrzeugs?

Die Verbesserung eines so erfolgreichen Produkts wie des Kodiaq ist immer eine Herausforderung. Wir haben das Design verfeinert, wobei wir darauf geachtet haben, die charakteristischen Elemente der SUV-Designsprache beizubehalten. Der Innenraum ist noch geräumiger und hebt Sicherheit, Technologie und Vielseitigkeit auf ein neues Niveau. Und dann ist da natürlich noch die Auf­nahme einer Plug-in-Hybridversion in die Familie, dieser neue Antriebsstrang vervollständigt somit die Palette. 

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