Als der Ferrari 400 Superamerica 1959 präsentiert wurde, gab es kein zweites Automobil wie dieses.
- Gebaut von 1959 bis 1964
- Zwei Serien à je 23 Exemplare
- Viermal so teuer wie ein Jaguar E-Type
Der Italiener Luihi Chinetti, geboren im Jahre 1901, wanderte schon früh nach Frankreich aus und war ein sehr begabter Rennfahrer, gewann 1932 auf einem Alfa Romeo die 24 Stunden von Le Mans (zusammen mit Raymond Sommer), konnte 1934 noch einmal nachlegen (wieder auf Alfa, diesmal zusammen mit Philippe Etancelin) – und emigrierte im 2. Weltkrieg in die USA. 1949 wurde Chinetti zum ersten Piloten, der Le Mans zum 3. Mal gewinnen konnte – und es war dies auch der erste Sieg von Ferrari beim berühmtesten Langstreckenrennen der Welt. Im Alter von 50 Jahren gewann Chinetti dann auch noch die Carrera Panamericana, zusammen mit Piero Taruffi in einem Ferrari 212.
Doch Chinetti war weit mehr, schon in den 30er Jahren hatte er in Frankreich ein gutes Händchen als Auto-Händler bewiesen. In den 50er Jahren wurde er zum ersten Ferrari-Händler in den USA, eine Position, die er für viele Jahre an der Ostküste exklusiv halten konnte. In dieser Funktion gründete er auch den N.A.R.T.-Rennstall, der bis weit in die 70er Jahre viele Rennsiege für Ferrari erringen konnte, weil, eben: win on Sundays, sell on Mondays.
Mit Rennwagen liess zwar auch Geld verdienen (und Chinetti verdiente gut, sehr gut), doch er wollte seinen Kunden mehr bieten: Strassen-Fahrzeuge. Er konnte Enzo Ferrari, mit dem er schon als junger Mann zusammengearbeitet hatte, davon überzeugen, dass Amerika ein ganz ausgezeichneter Markt war für Gran Turismo – mit denen man auch grosse Margen erzielen konnte. Es begann 1950 mit dem 340 America, ging 1952 weiter mit dem 342 America, es folgte 1953 der 375 America und 1955 auch noch der 410 Superamerica.
Doch der war gross, zu schwer. Zurück zu einem mehr sportlichen Fahrzeug musste man also, das wusste Enzo, das verlangte Chinetti. Deshalb musste der massive Lampredi-V12 dem Colombo-V12 weichen. Einst (1946) als 1,5-Liter-Rennmaschine konstruiert, zeigte dieses Aggregat über die Jahre eine erstaunliche Flexibilität und kam im neuen Modell als Tipo 163 auf 4 Liter Hubraum (genauer: 3967 cm3, Bohrung x Hub 77 x 71 mm; drei Weber 42DCW-Vergaser, 340 PS). Und wer jetzt rechnen mag, der müsste behaupten, dass dies neue Modell dann die Typen-Bezeichnung 330 hätte tragen sollen, doch erstmals wich Ferrari bei diesem Wagen vom üblichen Schema ab und nannte ihn: 400 Superamerica. Warum gerade 400? Keine Ahnung.
Erstmals gezeigt wurde das neue Modell auf dem Turiner Salon 1959, damals aber noch nicht mit der neuen Bezeichnung und auch nicht als Serien-Fahrzeug, sondern als Sonderanfertigung für Fiat-Chef Gianni Agnelli, ein Coupé Speciale von Pininfarina. Unter dem Blech: das Chassis des 250 GT (Kastenrahmen, hintere Starrachse) mit einem Radstand von 2,5 Metern. Dies wurde dann aber nicht für die erste Serie übernommen, denn die hatte dann einen Radstand von 2,42 Metern (wie die letzte Serie des 410 Superamerica). Es folgten dann drei Cabrios mit dem kürzeren Radstand, alles Einzelanfertigungen nach besonderen Kundenwünschen.
Es ist mit der Zuordnung überhaupt etwas schwierig, wahrscheinlich wurden von der ersten Serie des Ferrari 400 Superamerica nur gerade 23 Stück gebaut. Zwei Studien, 13 Aerodinamica-Coupé von Pininfarina, fünf Cabriolets (von Pininfarina), ein 2+2-sitziges Coupé (von Pininfarina – oder vielleicht von Scaglietti?) und schliesslich noch zwei von Scaglietti eingekleidete Fahrzeuge, ein Spider und eine Berlinetta. Die Aufbauten bestanden manchmal aus Stahl, manchmal aus Alu. Im September 1962 erschien dann die Serie II, mit einem längeren Radstand von 2,6 Metern. Auch hier sind die genauen Produktionszahlen etwas schleierhaft, 22 Stück sollen es gewesen sein, 18 Aerodinamica-Coupé von Pininfarina und vier Cabriolets, ebenfalls von Pininfarina. Es könnten aber auch 19 Coupé gewesen sein.
Offiziell war der 400 Superamerica, geschaltet über ein selbstverständlich manuelles 4-Gang-Getriebe (auf Wunsch mit Overdrive), 265 km/h schnell. Das schaffte er ziemlich locker, in zeitgenössischen Berichten ist auch von 280 km/h die Rede – selbstverständlich war der 400 Superamerica das «schnellste Serienauto der Welt». Wobei, eigentlich ist es ja keine Serie, wenn jedes Ding einzeln aufgebaut und ausgestattet wird.
In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, da haben wir eine Liste mit diesen schönen Geschichten erstellt, zu bewundern: hier.