Vor 100 Jahren fanden zum ersten Mal die 24 Stunden von Le Mans statt. Das ist doch ein guter Zeitpunkt, auf die schönsten Anekdoten zurückzublicken.
1923: Der Pionier
Bis 1926 musste bei Ausscheidungsrennen alle sechs Stunden eine nach Hubraum festgelegte Mindeststrecke zurückgelegt werden. Der Basler Eduard Probst und der Franzose Elle Redon auf einem Berliet 2.6 l (Bild) belegten bei der ersten Le-Mans-Ausgabe 1923 Platz 20 mit 690 Kilometern Rückstand auf das Siegerduo André Lagache/René Léonard (F) in einem Chenard & Walker.
1966: Ford schlägt Ferrari
Ferrari musste sich nach neun Siegen seit 1949 und der Wiederaufnahme der 24 Stunden von Le Mans nach dem Zweiten Weltkrieg von Ford geschlagen geben. Die GT40 unter der Leitung von Carroll Shelby holten einen Dreifachsieg. Ken Miles/Denis Hulme (GB/Neuseeland) verloren den Sieg wegen eines Rennleiterentscheids noch an Bruce McLaren/Chris Amon (Neuseeland).
1967: Über 5000 Kilometer
Die Sieger Dan Gurney/A. J. Foyt (USA) in einem Ford Mk IV knacken die 5000-Kilometer-Grenze, auch dank Mechaniker Phil Henny aus Yverdon VD. Die Scuderia Filipinetti mit dem Genfer Sportdirektor Claude Sage und Chefmechaniker Franco Sbarro (I) holt mit dem Ferrari 275 GTB von Dieter Spoerry/ Rico Steinemann den ersten Klassensieg (GT) für ein Schweizer Team (Gesamt-Elfte).
1968: Schweizer greifen an
Wegen politischer Ereignisse in Paris wurde das Rennen auf Ende September verschoben. Dank Porsche-Star Jo Siffert (Bild) feierte die Schweiz ihre erste Poleposition. Aber es waren die Zürcher Spoerry/Steinemann in ihrem Porsche 907/8, die mit Gesamtrang zwei das erste Schweizer Podium holten – hinter Pedro Rodriguez/Lucien Bianchi (Mexiko/B) in einem Ford GT40.
1971: Kein Startspektakel mehr
Der traditionelle Le-Mans-Start, bei dem die Fahrer über die Strecke rannten, sich in die Rennwagen stürzen und losfuhren, ohne sich vorher noch anzugurten, wurde als zu gefährlich beurteilt und abgeschafft. Fortan wurden die 24 Stunden fliegend gestartet. Bis heute versammelt sich das Teilnehmerfeld rollend hinter Safetycars, ehe das Rennen freigegeben wird.
1979: Premiere für Demont
Der Waadtländer Motorentuner Michel Demont feierte den ersten von unglaublichen 20 Le-Mans-Siegen mit Porsche, Bentley und Audi. Es gewann sein Porsche 935 Kremer mit Klaus Ludwig (D) und den Brüdern Don und Bill Whittington (USA). Platz drei im Gesamtklassement holten die Romands Laurent Ferrier und François Trisconi sowie François Servanin (F) in einem Porsche 935.
1980: Mit einem Schweizer Tuner
Zum ersten Mal siegte ein Garagisti mit seinem Rennwagen, einem Rondeau M379. Die Franzosen Jean Rondeau und Jean-Pierre Jaussaud fuhren zu diesem Erfolg, an dem auch ein Schweizer beteiligt war. Der Waadtländer Heini Mader, ein in der ganzen Motorsportwelt geschätzter Tuner und Hersteller von Rennmotoren, hatte am Cosworth-F1-V8-Motor Hand angelegt.
1988: Über 400 km/h schnell
Das Team WM-Secateva sorgte für Furore, weil das Auto mit Peugeot-Motor im Heck das erste war, das auf der Hunaudières-Geraden die 400 km/h-Marke knackte – gemessen wurden 405 km/h. Zum Fahrertrio gehörte auch der Lausanner Claude Haldi, der im selben Jahr in Le Mans den 21. von insgesamt 22 Starts absolvierte und damit einen neuen Schweizer Rekord aufstellte.
1989: Der Sauber-Triumph
Der Lausanner Chuck Graemiger war 1976 mit dem Cheetah G601-BMW der erste Schweizer Konstrukteur in Le Mans. Seit 1989 ist der Zürcher Peter Sauber der bisher einzige siegreiche Schweizer Hersteller. Seine C9 mit Mercedes-Motoren belegten die Plätze eins, zwei und fünf. Im Siegerauto sassen Jochen Mass, Manuel Reuter (beide D) und Stanley Dickens (Schweden).
1990: Schikanen und Rauch
Weil die Geschwindigkeiten auf der sechs Kilometer langen Geraden von Les Hunaudières gefährlich hoch wurden, verlangsamten zwei schikanenartige Bodenschwellen die Boliden. Die Mechanik war damit neuen Belastungen ausgesetzt. Eine Viertelstunde vor der Zielflagge ging der Motor des Porsche 962C des Luzerners Walter Brun auf Platz zwei liegend in Rauch auf.
1994: Welti zum Zweiten
Im ersten Jahr nach dem Ende der Gruppe-C-Ära war Porsche durch das halbprivate Team Dauer vertreten. Der Zürcher Max Welti (2. v. l.) leitete dieses Unterfangen – und siegte wie schon 1989, als er noch Teammanager bei Sauber war. Das Lenkrad des Dauer 962 LM-Porsche teilten sich Hurley Haywood (USA), Mauro Baldi (I) und Yannick Dalmas (F, v. l.)
2011: Der erste Hybridmotor
Heute wird der Hybridmotor überall im Motorsport eingesetzt. Aber es waren 2011 die Westschweizer von Hope Polevision unter der Leitung von Benoit Morand und Patrick Zacchia, die erstmals die komplexe Technologie einsetzten. Sie wiesen die Richtung für das Le-Mans-Technikreglement, das Hybridmotoren für die Prototypen der Klassen LMP1 und Hypercars vorschreibt.
2011: Fässler schreibt Geschichte
2011 sorgte die Schweiz für eine weitere Schlagzeile. Zuvor gab es viele grosse Schweizer Werksfahrer wie Herbert Müller, Jo Siffert, Clay Regazzoni, Peter Schetty oder Manfred Schurti. Aber es war Marcel Fässler, dem der erste Le-Mans-Gesamtsieg vergönnt war. Der Audi-Werkspilot aus Einsiedlen SZ fügte seinem Triumph 2011 noch zwei weitere 2012 und 2014 an.
2016: Porsche-Rekord mit Jani
Porsche feierte mit dem 18. Gesamtsieg einen Le-Mans-Rekord. Das Lenkrad des 919 Hybrid teilte sich der Berner Neel Jani mit Romain Dumas (F) und Marc Lieb (D). Der Sieg kam auch wegen des Ausfalls von Toyota zustande, in dem der Schweizer Sébastien Buemi sowie Kazuki Nakajima (Japan) und Anthony Davidson (GB) den Sieg schon vor Augen hatten.
2020: Höhepunkt für Rebellion
Der zweite Platz in der Gesamtwertung hinter Toyota, unter anderem mit dem Waadtländer Sébastien Buemi, ist der grösste Erfolg des privaten Teams Rebellion von Alexandre Pesci. Dabei feierte der Lausanner mit seinem Rennstall zuvor schon ein paar Klassensiege: 2011 und 2012 bei den Benzinern sowie 2018 und 2020 bei den Boliden ohne Hybridantrieb.
2022: Quo vadis, Buemi?
Sébastien Buemi ist als nunmehr viermaliger Sieger neuer Schweizer Rekordhalter bei den 24 Stunden von Le Mans. Schon 2018, 2019 und 2020 gewann der Waadtländer mit dem Werksteam von Toyota. Mehr Siege beim Langstreckenklassiker haben nur noch Tom Kristensen (Dänemakr, 9 Siege), Jacky Ickx (B, 6), Derek Bell (GB), Frank Biela (D) und Emanuele Pirro (I, alle je 5).