Lange Zeit war der Kampf zwischen den Hot Hatches, also den sportlichen Kompaktwagen, einigermassen ausgeglichen. Dann begannen die Hersteller, ihre Modelle in Nischen zu positionieren, bei einigen kam Allradantrieb hinzu, andere setzten sich leistungsmässig nach oben ab. Das Konzept des Civic Type R besteht weiterhin darin, dass Honda mit ihm den stärksten Fronttriebler bauen will. Dazu wurde für die aktuelle Generation die Leistung gegenüber dem Vorgänger auf 242 kW (329 PS) erhöht.
Aufgegeben hat Honda aber das stärkste Argument des Type R: den Preis. Kostete die vorletzte Generation noch günstige 36 000 Franken, mussten für die letzte Generation bereits mindestens 42 000 Franken hingeblättert werden. Für das neuste Modell sind es jetzt sogar 58 090 Franken – ein Preisanstieg von über 50 Prozent in bloss sechs Jahren. Honda muss sich dafür aber nur bedingt rechtfertigen, der japanische Konzern hat sich ganz einfach dem Markt angepasst, der schon längst in dieser Preisliga spielt. So kostet ein Renault Megane R.S. rund 54 000 Franken, der Cupra Leon 58 000 Franken und der VW Golf GTI Clubsport rund 60 000 Franken, jeweils bei (einigermassen) vergleichbarer Ausstattung. Tatsächlich ist diese allein schon deswegen schwer vergleichbar, weil Honda dem Käufer kaum Zusatzoptionen anbietet. So gibt es für den Type R eigentlich nur zwei Möglichkeiten: entweder mit Vollausstattung oder mit Vollausstattung plus Karbonpaket und Fussraumbeleuchtung.
Es stellt sich ziemlich schnell auch die Frage, wie viel Ausstattung in einem sportlichen Auto überhaupt nötig ist – oder wäre. So verzichtet Honda auf ein Head-up-Display, bietet dafür eine Schaltpunktanzeige in Form von LED über dem Kombiinstrument an. Auch bei den Sitzen gibt es keine Auswahl, es gibt weder Sitzheizung noch spezielle Ledersitze, sondern nur die Sportschalensitze in Alcantara. Ausgefeilte Park- und Assistenzsysteme gibt es ebenso wenig wie ein Schiebe- oder Glasdach. Auch wer Vielfalt bei den Felgen sucht, sucht vergebens. Ziemlich viel also, was das Auto nicht hat. Es folgt zwangsläufig die Frage: Bräuchte es etwas davon?
Keine Wahl
Dass Honda grosses Vertrauen darin setzt, dass das Auto keine Schwächen hat, konnten wir bereits beim ersten Fahrbericht feststellen. So lässt sich auch erklären, dass man dem Kunden keine Auswahlmöglichkeiten anbieten muss, was Felgen, Bremsen oder Getriebe angeht. Man hat das Auto zur Perfektion entwickelt, da braucht der Kunde nichts daran zu ändern. Das stimmt natürlich nicht ganz, aber so oder ähnlich muss es in den Köpfen der Entwickler und Produktmanager wohl abgelaufen sein. Nur so lässt sich auch erklären, dass es für das Interieur mit Rot bloss eine einzige Farbe gibt. Dezent ist anders, und dass es keine Optionen gibt, mag den einen oder anderen Kunden abschrecken, dem das dann doch etwas zu pubertär daherkommt. Ansonsten präsentiert sich der Innenraum typisch Honda, typisch japanisch. Es gibt viel nicht sehr hochwertiges Plastik, auch die Verarbeitung dürfte besser sein, an manchen Stellen knarrt oder quietscht es. Man kann dies verzeihen unter der Prämisse, dass der Type R auch ein Auto für die Rennstrecke ist, im Alltag wird es aber schnell einmal störend. Und ist in der heutigen Zeit eigentlich unverzeihlich.
Erstaunlich grosszügig ist das Platzangebot, sogar hinter den Schalensitzen können zwei Erwachsene bequem sitzen. Einen mittleren Platz gibt es nicht auf der Rückbank. An dessen Stelle treten zwei Getränkehalter, die beim gewöhnlichen Civic in eine herunterklappbare Mittelarmlehne integriert sind. Auch eine Durchreiche für lange Gegenstände fehlt, aber der Kofferraum ist für das Segment überdurchschnittlich gross ausgelegt.
Die Schalensitze sind ordentlich gepolstert, was eine Kehrtwende gegenüber der früheren Philosophie markiert. So ist es mit der neusten Generation kein Problem mehr, auch längere Strecken unter die Breitreifen zu nehmen, was bei den Vorgängern schnell einmal in Rückenschmerzen resultierte. Der Seitenhalt wird dadurch aber nicht beeinträchtigt. Die Sitze stützen im Bereich der Hüfte stark, im Schulterbereich immerhin ausreichend. Einstellmöglichkeiten gibt es allerdings keine, sodass der Seitenhalt auch von der Postur des Fahrers abhängig ist und schmächtigere Personen nicht ganz so satt sitzen. Weitere Einstellmöglichkeiten am Sitz, wie beispielsweise eine Lordosestütze, fehlen ebenso.
Für zusätzlichen Komfort sorgt der Aufbau der Räder. Mit einer speziellen Konstruktion der Felge konnte der Durchmesser von 20 auf 19 Zoll reduziert werden, ohne dass die Räder optisch kleiner wirken. Die grösste Kraftaufnahme der Felge erfolgt auf derjenigen Seite des Rades, die auf der fahrzeuginneren Seite liegt. Der Reifenquerschnitt ist mit den Dimensionen 265/30 R19 zwar nicht riesig, aber doch genügend gross, um einen gewissen schwingungsdämpfenden Effekt zu bekommen, der dem Fahrkomfort zuträglich ist. So wurde das Auto im Vergleich zum Vorgänger trotz einer im Grunde steiferen Abstimmung deutlich alltagstauglicher. Dazu trägt auch das adaptive Fahrwerk bei, das einen Komfort-Modus bietet, der seinem Namen tatsächlich gerecht wird.
Die Reifen wurden nicht nur höher, sondern auch breiter, und sind gegenüber der zehnten Generation des Civic um 20 Millimeter gewachsen. Das verbessert den Grip spürbar, gerade in den Kurven ist die Haftung beeindruckend und sorgt für Sicherheit. Oder dank hoher Kurvengeschwindigkeiten für Fahrspass, was bei den typischen Käufern eines Type R vermutlich im Zentrum stehen dürfte. Die adaptiven Dämpfer sind im Sport-Modus und im noch kompromissloseren +R-Modus sehr hart, für unebene Strassen zu hart. Das führt dazu, dass das Fahrzeug über Bodenwellen und Löchern zu springen beginnt, sodass fahrwerksmässig der Komfort-Modus manchmal die bessere Wahl ist, auch wenn der Fahrer mental im Sport-Modus unterwegs ist. Schade ist, dass sich die Dämpferhärte nicht unabhängig vom Fahrmodus einstellen lässt.
Im Allgemeinen aber ist die Bodenhaftung atemberaubend und ein Untersteuern kaum vorhanden, solange der Fahrer einigermassen ein Gefühl dafür aufbringt, was unter seinem Hintern geschieht. Die Kräfte am Lenkrad jedoch machen deutlich, dass der Honda letztlich bloss ein Fronttriebler ist. Gerade bei Gangwechseln mit eingeschlagenen Rädern zerrt es kräftig, obwohl Honda die Servolenkung an die grösseren Kräfte angepasst hat.
Verbessertes Ansprechen
Der Motor ist eine Weiterentwicklung des bekannten Zweiliter-Turbobenziners mit der Werksbezeichnung K20, der bereits seit 2015 im Civic Type R zum Einsatz kommt. Für die neuste Generation wurde er mit diversen Verbesserungen versehen, unter anderem mit einem überarbeiteten Turbolader mit weniger Schaufelblättern für ein schnelleres Ansprechen und mit einem um 18 Prozent leichteren Schwungrad. Der Motor leistet 242 kW (329 PS), was zehn PS mehr sind, als er bisher leisten musste, und 20 PS mehr als bei seiner Einführung im Jahr 2015. Die Massnahmen machen sich aber nicht nur in der Leistung bemerkbar, sondern auch im direkteren Ansprechverhalten. So dreht der Vierzylinder noch etwas schneller hoch als bisher, und auch die Beschleunigung des 1.5 Tonnen schweren Autos wurde verbessert. Honda gibt für den Sprint von 0 auf 100 km/h jetzt 5.4 Sekunden an. Die Gangübersetzung ist lang gewählt, wer sportlich unterwegs ist, kommt kaum über den dritten Gang hinaus – obwohl die Gangwechsel richtig Spass machen.
Damit wären wir beim Alleinstellungsmerkmal des Hondas in seinem Segment angelangt: Die Gänge dürfen noch von Hand gewechselt werden. Die Schaltwege sind kurz, die Führung ist präzise, sodass die Gänge knackig einrasten. Der Fahrspass ist gross. Trotz der Getriebeübersetzung zieht der Type R dank seines Drehmoments von 420 Nm gut ab. Die Bremsen erweisen sich als kräftig und standfest, das Rev-Matching sorgt für eine automatische Drehzahlanpassung beim Herunterschalten. Dank eines überarbeiteten Getriebes geht das neuerdings auch beim Wechsel vom zweiten in den ersten Gang. Sparsam ist das Aggregat derweil nicht: Honda nennt einen Verbrauch von 8.2 l/100 km, bei sportlicher Fahrt gönnt sich der Vierzylinder aber gern deutlich über zehn Liter. Der 47-Liter-Tank ist dann ziemlich schnell leer. Immerhin unterbot der Type R auf der AR-Normrunde bei sparsamer Fahrweise den Werksverbrauch mit 7.4 l/100 km deutlich.
Was dem gepflegten Langstreckenfahren im Weg steht, sind die etwas rudimentären Assistenzsysteme. Serienmässig verbaut sind ein adaptiver Tempomat, ein Kollisionsassistent, ein Spurhalteassistent und die Querverkehrswarnung beim Rückwärtsfahren. Alles funktioniert zuverlässig, allerdings bietet die Konkurrenz deutlich ausgefeiltere Systeme. Dafür hat Honda viel Aufwand in das Analysetool Log-R gesteckt, mit dem sich Rennstreckenfahrten aufzeichnen, auswerten und vergleichen lassen. Man muss eben Prioritäten setzen. Beim Civic Type R hat sie Honda klar auf die Sportlichkeit gelegt.
Testergebnis
Gesamtnote 77.5/100
Antrieb
Der Zweiliterturbo des Honda Civic Type R bringt mit 329 PS mehr als genügend Leistung, und er spricht direkt an. Das manuelle Sechsganggetriebe ist ein Garant für sehr viel Fahrspass.
Fahrwerk
Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, je nach Situation ist es zu hart. Die Lenkung ist direkt. Der Grip ist beeindruckend, vor allem in Kurven.
Innenraum
Die Schalensitze bieten ausreichend Halt, aber etwas wenig Einstellmöglichkeiten. Die serienmässig rote Ausstattung ist Geschmacksache. Das Infotainment ist nicht mehr das allerneuste, aber logisch und intuitiv.
Sicherheit
Vor allem mit dem Bremsweg vermag der Type R zu überzeugen. Die Assistenzsysteme sind gut. Schön ist, dass alles serienmässig mit dabei ist.
Budget
Der Honda Civic Type R ist nicht mehr das Schnäppchen, das er einst war. Mit einem Basispreis von über 58 000 Franken ist er auf der Höhe der Konkurrenz angelangt. Positiv: Es gibt kaum teure Zusatzaustattung.
Fazit
Der Type R hat zu Recht eine treue Fangemeinde Das wird sich trotz steiler Preiserhöhung auch in der neusten Generation nicht ändern. Das Fahrwerk ist auf der Strasse wie auch auf der Rennstrecke beeindruckend und der Motor (für einen Vierzylinder) charakterstark.
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