Mit der Studie Pu+Ra HPE meldet sich Lancia zurück. Er soll aufzeigen, welche Ideen im für 2024 geplante Nachfolger des Ypsilon stecken – und wohin die Marke in den nächsten Jahren steuert.
- Erste Studie
- 2024 folgt ein neuer Ypsilon
- Elektrisch und nachhaltig
Da basteln die Designer und Ingenieure von Lancia monatelang einen Prototyp zusammen, von dem sie wissen: In Serie wird die Studie nie gehen. Aber das soll der Lancia Pu+Ra HPE auch gar nicht. Vielmehr soll er zeigen, in welche Richtung sich Lancia entwickelt. Denn mit dem Übergang vom Fiat- in den Stellantis-Konzern soll Lancia wieder europaweit aufblühen. Die Zukunft der Traditionsmarke sei elektrisch, kündigte Stellantis-Chef Carlos Tavares schon 2021 an. Im Rahmen eines Zehn-Jahres-Plans sollen mehrere neue Modelle vom Stapel laufen und Lancia zusammen mit DS und Alfa Romeo zum Premium-Triumvirat von Stellantis werden. Nicht nur in Italien, sondern in acht europäischen Ländern (anscheinend gehört die Schweiz nicht dazu – vorerst).
Zwei Jahre später haben die ersten der 100 geplanten Händler unterschrieben. Im Rahmen des neuen Agenturgeschäfts der Italiener sind die Händler nur noch für Auslieferung, Wartung und Reparatur zuständig. Der Kunde ordert sein Auto direkt beim Hersteller, ohne Rabatt und zu europaweit einheitlichen Preisen. Ab Mitte 2024 können sie Nachfolger des zwölf Jahre alten Ypsilon bestellen. 2025 wollen die Italiener eine etwas stämmigere, 240 PS starke Variante des weiterhin nur vier Meter langen Kleinwagens nachschieben. Für 2026 ist der erste Auftritt des Gamma geplant. Die 4,70 Meter lange Mittelklasse-Limousine baut dann auf der für kompakte und mittelgrosse Modelle komplett neu entwickelten Elektro-Architekturen von Stellantis auf. Gesetzt sind 800-Volt-Technik und die Möglichkeit, teilautonom nach Level 3 zu fahren. Schon 2028, mit dem Auftritt des noch grösseren Delta, war’s dann mit Verbrennern.
Weitere Eckdaten für die künftigen E-Modelle stehen ebenfalls: Je nach Batterie-Setting – 87 bis 104 kWh sind geplant – sollen Reichweiten von 500 oder 800 Kilometer möglich, Verbräuche von 10 bis 12 kWh/100 km Standard und 32 Kilometer Reichweite pro Minute Ladezeit möglich sein. Und wenn alles klappt, könnte die von Stellantis für 2028 angekündigte Feststoff-Batterie auch einen Lancia befeuern.
Aber zurück zum Pu+Ra HPE: Das im Rahmen der Mailänder Design Week vorgestellte Konzeptfahrzeug soll konkretisieren, wohin die Reise in Sachen Design, Nachhaltigkeit und Technologie geht. Zuerst einmal könnte man den flachen, 4,45 Meter langen Zweitürer aber als Referenz an frühere Modelle sehen. Runde Rückleuchten lassen die sportliche Vergangenheit des Stratos aus den 1970ern aufleben. Dazwischen sitzt der neue Lancia-Schriftzug, während sich das ebenfalls neu gezeichnete Markenlogo nur an B-Säulen und Rädern findet. In die Heckscheibe gezogene Linien greifen die charakteristischen, angedeuteten Jalousien der C-Säulen des Lancia Beta auf, während das abgerundete Panoramadach und die runden Teppiche den markentypisch geometrischen Grundformen folgen.
Das wird so in kein Serienmodell gebaut. Hier aber bringt das Glasdach viel Licht in den schicken, fast schon plüschigen Innenraum, den die Marke zusammen mit dem Möbelhersteller Cassina entwickelte. Weiche Formen und warme Stoffe der Sitze sind an dessen Sofa-Klassiker Maralunga von 1973 angelehnt. «Der Innenraum soll warm und einladend wirken, wie ein Wohnzimmer», erklärt Lancia-Chefdesigner Jean Pierre Ploué. Und nachhaltig. Die Verwendung recycelter Werkstoffe sei eine der Säulen der Renaissance von Lancia, sagt CEO Luca Napolitano. Da soll Lancia Vorreiter werden. Beim Ypsilon wollen die Italiener 50, bei den E-Modellen sogar 70 Prozent der berührbaren Oberflächen aus nachhaltig produzierten Materialien herstellen. Vieles davon, so verspricht Napolitano, finde sich schon im nächsten Ypsilon.
Obwohl ebenfalls nur vier kompakte Meter lang, hat der mit dem knuffigen Kleinwagen nur noch den Namen gemein. Der Ypsilon soll maskuliner werden, wegkommen vom Image des Frauenautos. So wie seinerzeit die Neuauflage des Fiat 500. Zum Start wird er von einem milden Hybriden mit 48-Volt-Technik angetrieben, ein Jahr später folgt das E-Modell.
Integriert ist auch Sala, die neue virtuelle Schnittstelle von Stellantis. Das Bediensystem soll ähnlich wie Amazon Alexa auf Sprache reagieren, aber deutlich mehr Befehle verstehen. Eine bessere Bedienung steht ganz oben auf der To-Do-Liste von Ned Curic. «Technik muss einfach und verständlich sein», fordert der Stellantis-Chefentwickler. Mit Sala soll das klappen. Funktionen von Audio- und Klimaanlage sowie Beleuchtung werden zentralisiert und in wenigen Tasten zusammengefasst. Das System regelt Lüftung, Temperatur entsprechend der Umgebung, passt die Musik der Stimmung der Passagiere an, streamt Filme und hält Videospiele bereit: «Unser Ziel ist, alles mit nur einem Touch, Klick oder Sprachbefehl zu steuern», verspricht Curic.
Das allein würde schon helfen, Lancia aus der Versenkung zu holen. Bleibt zu hoffen, dass sich noch einiges mehr aus dem Pu+Ra HPE in die Serie rettet. 2024 werden wir es wissen. (SP-X/AR)
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