Es gab den Ferrari 250 Europa. Und es gab den Ferrari 250 Europa GT. Um den geht es hier.
- Gebaut ab 1954
- 3-Liter-Colombo-V12, 220 PS
- Wahrscheinlich 35 Exemplare
Also, wir hatten das schon. Da gab es zuerst den Ferrari 250 Europa, ab 1953. Der hatte den klassischen 3-Liter-V12 von Lampredi, 68 x 68 Millimeter Bohrung x Hub (2963 cm3), etwa 200 PS bei 7000/min. Davon entstanden wahrscheinlich 22 Exemplare, aber davon haben wir ja schon erzählt, hier. Und dann gab es den Ferrari 250 Europa GT, ab 1954. Der hatte den famosen 3-Liter-V12 von Colombo, Tipo 112, 73 x 58,8 Millimeter Bohrung x Hub (2953 cm3), etwa 220 PS bei 7000/min. Davon entstanden wahrscheinlich 35 Exemplare, davon erzählen wir in der Folge.
Enzo Ferrari war 1951 mit seiner eigenen Firma gerade einmal vier Jahre im Geschäft, als er Battista «Pinin» Farina nach Modena einlud. Pininfarina, wie der Meisterdesigner damals noch nicht hiess, war seit zwei Jahrzehnten eine der besten Adressen für italienische Massschneiderei, und der «Commendatore» hatte die Eingebung, dass er endlich einmal ein bisschen Geld verdienen sollte. «Win on Sunday, sell on Monday» war auch bis nach Maranello gedrungen, Ferrari wollte also seine Rennsport-Erfolge mit Strassenfahrzeugen vergolden. Und da sollte Pinin Farina helfen.
Bloss: Battista «Pinin» Farina war zwar körperlich ein Zwerg, sein Ego war aber mindestens ähnlich gross wie jenes von Enzo Ferrari. Und er sagte: nein, nach Modena fahre ich nicht. Aber Herr Ferrari könnte ja nach Turin kommen, er will ja schliesslich etwas von mir. Hätte der Sohn von Battista, Sergio, nicht vermittelt, dann wären die beiden Primadonnen wohl nie zusammen gekommen, doch so kam es dann in der Mitte zwischen Modena und Turin, in Tortona bei Mailand, doch noch zu einem Treffen. Und die beiden Herren wurden sich schnell einig, ab 1952 kleidete Pinin Farina die meisten Ferrari ein.
Schon beim Ferrari 250 Europa kamen die meisten Exemplare von Pininfarina, doch da stritt man noch mit Vignale über die Voherrschaft. Beim Ferrari 250 Europa GT waren die Verhältnisse dann ganz klar: Ein Scaglietti, ein Vignale, bleiben 33 von Pininfarina, 28 davon mit einem einem ziemlich klassischen Coupé-Aufbau.
Der Radstand betrug 2,6 Meter, also 20 Zentimeter weniger als beim gleichzeitig vorgestellten 342 America – von dem er auch das 4-Gang-Getriebe und das Differential erhielt. Vorne gabs einzeln aufgehängte Räder, zum ersten Mal bei einem Strassenfahrzeug von Ferrari. Gebremst wurde noch klassisch über Trommeln, das war damals noch Usus, doch weil der Ferrari nur gerade 1050 wog, war das noch kein Problem.
Und als Motor kam zum ersten Mal der Colombo-V12 zum Einsatz, genannt Tipo 112. Der hatte sein Leben einst als Rennmaschine mit 1,5 Liter Hubraum begonnen, war über die Jahre ständig gewachsen, zum ersten Mal 3 Liter Hubraum (Bohrung x Hub 73 x 58,8 mm) hatte er im 250 MM, doch für den 250 Europa GT wurde die Verdichtung auf 9,0:1 verringert, es wurden zwei Weber-Doppelvergaser 36DCZ montiert, was dann noch eine Leistung von 220 PS ermöglichte.
Wir zeigen hier Chassis-Nummer 0377GT, von Pininfarina vollendet am 26. November 1954, von Chinetti verkauft im Januar 1955. Und obwohl es der amerikanische Ferrari-Händler war, der das Fahrzeug an Jan de Vroom verkaufte, schaffte es der Ferrari die ersten Jahre nicht weiter als bis nach Süd-Frankreich, wo de Vroom ein Haus besass. Erst 1970 wurde 0377GT nach Amerika exportiert, war dann auch einmal Dunkelrot, glänzt aber heute wieder in seinem wunderbaren Azzurro mit grauem Dach. Und nein, günstig ist sowas nicht.
In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, da haben wir eine Liste mit diesen schönen Geschichten erstellt, zu bewundern: hier.