Der Nissan X-Trail, dessen erste Generation Anfang der 2000er Jahre auf den Markt kam, war schon immer ein praktisches, funktionales und zuverlässiges SUV. Er ist eher ein Stadt- als ein Landfahrzeug – ein Freund der Familie für Wochenendausflüge in die Berge oder ans Meer. Die vor zwei Jahren vorgestellte vierte Generation ist da keine Ausnahme. Allerdings hat das neue Modell die Sachlichkeit und die kantigen Formen seiner Vorgänger abgelegt, da es die Designcodes der Bestseller Juke und Qashqai übernimmt. Von Letzterem übernimmt der X-Trail nicht nur das Aussehen, sondern auch die CMF-C-Plattform der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz. Dieses Fahrgestell wird neben dem Qashqai auch für den Renault Austral und den Renault Espace verwendet, aber auch für den neuen Mitsubishi Outlander, der 2024 in Europa auf den Markt kommen soll. Die neue Plattform ermöglicht dem Familien-SUV einen neuartigen Hybrid-Antriebsstrang mit einem Verbrennungsmotor und zwei Elektro-Antriebsmotoren.
Das Cockpit des X-Trail bietet eine ähnliche Atmosphäre wie im Qashqai. Verarbeitungsqualität und Materialanmutung sind deutlich besser als bei der vorherigen Modellgeneration. Armaturenbrett und Türen sind mit hübschen Bezügen versehen, die verschiedenen Kunststoffe sind qualitativ hochwertig. Der neue X-Trail hat genügend Potenzial, beim einen oder anderen Premiummodell im Segment mitzuhalten.
Digital, aber nicht zu viel
Der Innenraum des X-Trail ist zwar mit Bildschirmen ausgestattet, aber nicht so digital wie der des Elektromodells Ariya. Die Entwickler des X-Trail gönnten dem SUV weiterhin physische Knöpfe, etwa zur Steuerung der Klimaanlage oder der verschiedenen Fahrmodi. Der 12.3-Zoll-Touchscreen des Infotainmentsystems erscheint beim ersten Aufeinandertreffen als recht kompliziert in der Bedienung – was sich aber mit der Zeit gibt, wenn man die verschiedenen Menüs erst einmal durchschaut hat. Ein Head-up-Display ist ab der Ausstattungsvariante Tekna verfügbar.
Die zweite Sitzreihe des X-Trail ist ein Musterbeispiel für Modularität: Sie ist dreigeteilt (40:20:40), lässt sich um 22 Zentimeter verschieben, verfügt über verstellbare Rückenlehnen und Kippsitze an beiden Enden, damit die Insassen der dritten Reihe ihre Sitzplätze einnehmen können. Das ist der grosse Vorteil des X-Trail: Er bietet als Option (leider nur für die 4×4-Version) zwei Klappsitze, die sich im Kofferraum versenken lassen. Nissan betont, dass man sich besonders um die Bequemlichkeit auf diesen zusätzlichen Sitzplätze bemüht habe – die Passagiere können ihre Füsse tatsächlich recht kommod unter die zweite Sitzreihe stellen. In der Praxis sind diese beiden Plätze jedoch nur für Menschen mit einer Körpergrösse von bis zu 1.60 Metern geeignet. Grösser darf man nicht sein, weil die Kopffreiheit auf 85 Zentimeter begrenzt ist. Der X-Trail bietet einen erstklassigen Zugang, der durch die beiden hinteren Türen mit einem grossen Öffnungswinkel (85 Grad) erleichtert wird. Im Allgemeinen ist das Raumangebot sehr grosszügig, mit Ausnahme des Kofferraums, der in der Version mit sieben Sitzen 485 Liter fasst. Obwohl die fünfsitzige Version mit 575 Litern etwas besser abschneidet, liegt der X-Trail in diesem Bereich etwas hinter der Konkurrenz.
So komplex der Serienhybrid-Antriebsstrang auch sein mag, so einfach ist er zu bedienen, denn das Auto fährt sich wie ein Elektrofahrzeug. Solange der Leistungsbedarf im Rahmen bleibt und die kleine Batterie ausreichend aufgeladen ist, schaltet sich der Verbrennungsmotor nicht ein. Sobald die Batterie jedoch leer ist, hat der Verbrennungsmotor keine andere Wahl, als sich zu reaktivieren, und zwar mit einem kaum wahrnehmbaren Geräusch, wenn der Leistungsbedarf gering bleibt. Auf der Autobahn oder bei höherem Bedarf neigt der Dreizylindermotor jedoch dazu, stark hochzudrehen. Wenn das passiert, ist er im Innenraum lautstark zu hören. Das ist vor allem der Fall, wenn man mit höherer Geschwindigkeit einen Anstieg oder gar einen Pass hoch fährt. Natürlich ist diese Geräuschkulisse bei voller Beladung des Wagens und entsprechender Mühe für den Antriebsstrang noch präsenter.
Hohe Drehzahl bei voller Batterie
Überraschenderweise kann der Verbrennungsmotor des X-Trail auch dann Drehzahl aufnehmen, wenn er bergab fährt und die kleine Pufferbatterie voll ist. Diese Kuriosität erklärt sich durch Nissans Bestreben, eine Fussbremse anzubieten, die sich in allen Situationen gleich anfühlt. Wenn die Akkus voll sind, können die elektrischen Motoren keine Energie mehr durch Rekuperation abbauen, denn es ist kein Platz mehr für den gewonnenen Strom. Der Verbrenner dient dann als Motorbremse und führt die Energie ab. Auch wenn die Idee in der Theorie nicht schlecht klingt, wird niemand es mögen, wenn der Motor zu lange hochgedreht wird, nur um abzubremsen. Die Lösung, um dies zu vermeiden, besteht darin, mit dem Bremspedal zu bremsen und die Geschwindigkeit drastisch zu reduzieren. Das bedeutet aber auch Bremsenverschleiss und langsamer zu fahren, als man könnte – was ebenfalls nicht ideal ist. Glücklicherweise zahlen sich aber insgesamt die Anstrengungen aus, die der X-Trail unternimmt, um seine Effizienz zu optimieren. Der Normverbrauchswert von 6.7 l/100 km (WLTP kombiniert) wurde von den Testern auf der standardisierten AR-Strecke fast erreicht, wo 7.0 l/100 km gemessen wurden.
Kein echtes One-Pedal-Driving
Der X-Trail bietet einen One-Pedal-Modus, den vor allem Elektroautofahrer kennen und schätzen. Allerdings ermöglicht die Technik im X-Trail es nicht, ganz auf das Bremspedal zu verzichten, da das Auto so nie bis zum völligen Stillstand zu bringen ist. Man kann jedoch in diesem Modus das Hin und Her des Fusses zwischen Gas und Bremse auf ein Minimum reduzieren, was schon erheblich zum Fahrkomfort beiträgt. Die Technik bremst das Fahrzeug weitgehend ab und erleichtert das Manövrieren bei niedrigen Geschwindigkeiten. Ansonsten hält das Auto, was es verspricht: Die angekündigte Leistung (0–100 km/h in 7.2 Sekunden für die 4×4-Version) wurde auf der Teststrecke in Vauffelin BE bestätigt, und der elektrische Allradantrieb, den Nissan als 10 000-mal schneller als ein herkömmliches mechanisches System beschreibt, bietet tatsächlich eine hervorragende Traktion. Während der Testfahrten, die im Winter auf oft rutschigen Strassen stattfanden, gab es nie Probleme mit dem Vorankommen. Der Allradantrieb, der über zwei spezielle Fahrmodi für Offroadfahrten verfügt, ermöglicht es dem SUV, auch auf steilen und unbefestigten Wegen zu fahren. Allerdings sollte man nicht den Fehler machen, den X-Trail für einen harten Geländewagen zu halten – er ist und bleibt ein SUV.
Der X-Trail ist gut gefedert (MacPherson-Vorderachse und Mehrlenkerachse hinten) und bietet ein besonders geschmeidiges und komfortables Fahrverhalten. Die gute Nachricht ist, dass sein hohes Gewicht (1940 Kilogramm brachte er bei den AR-Messungen auf die Waage) seinen insgesamt souveränen Fahrkomfort begünstigt. Die Fahrdynamik wird nicht übermässig beeinträchtigt, da Wank- und Nickbewegungen relativ gut unter Kontrolle sind.
Zusätzlich zu den Nissan Connect Services und den verschiedenen Fahrhilfen (Notbremsung, Verkehrszeichenerkennung, Überwachung des toten Winkels) bietet der Nissan X-Trail autonomes Fahren der Stufe 2 mit Wiederanfahrhilfe in Staus und Übernahme der erkannten Limiten auf den Schildern in die Geschwindigkeitsregelung. Damit befindet sich der X-Trail auf der Höhe der Zeit.
Der Grundpreis, den Nissan für den X-Trail Hybrid mit Zweiradantrieb verlangt, liegt bei 39 990 Franken. Der Basispreis für die 4×4-Version beträgt 49 990 Franken. Beim Testwagen summierten sich etliche Optionen auf weitere 9000 Franken. Die gute Verarbeitung des Innenraums, das grosszügige Platzangebot, die hervorragende Modularität und vor allem das hohe technische Niveau rechtfertigen diesen Preis durchaus.
Hybridantrieb in Serie
Der X-Trail verzichtet auf die konventionellen Benzin- und Dieselmotoren seiner Vorfahren, um mehr Platz für seinen brandneuen seriellen Hybrid-Antriebsstrang zu schaffen. Dieser besteht aus einem Dreizylinder-Turbobenziner mit 1.5 Litern Hubraum und variablem Verdichtungsverhältnis, der 116 kW (158 PS) bei 4600 U/min leistet und 250 Nm maximales Drehmoment liefert. Dazu kommen eine Batterie mit einer Speicherkapazität von netto 1.73 kWh (brutto 2.8 kWh), ein elektrischer Generator, ein Wechselrichter und zwei elektrische Maschinen. Einer der Elektromotoren sitzt an der Vorderachse und leistet 150 kW (204 PS) bei einem Drehmoment von 330 Nm, der zweite Motor an der der Hinterachse hat 100 kW (136 PS) Leistung und 195 Nm Drehmoment. Die beiden E-Motoren haben eine Systemleistung von 157 kW (214 PS) und ein kumuliertes Drehmoment von 525 Nm.
Der Verbrennungsmotor ist nicht mechanisch mit den Rädern verbunden, sondern treibt lediglich einen Generator an, der die elektrische Energie für die Antriebsmotoren produziert. Der Strom wird in einer kleinen Pufferbatterie gespeichert und fliesst von dort zu den beiden Elektromotoren, die den X-Trail antreiben. Vorteil dieser Architektur: Der Benzinmotor kann in seinem optimalen Drehzahlbereich betrieben werden, was vor allem im Stadtverkehr, wo der Motor nicht übermässig beansprucht wird, eine hervorragende Effizienz gewährleistet. Ausserdem gibt es dank des rein elektrischen Antriebs keine Verzögerung beim Beschleunigen, wie es bei einem Verbrennungsmotor oder einem herkömmlichen Hybridantrieb der Fall ist.
Testergebnis
Gesamtnote 75/100
Antrieb
Da der Verbrennungsmotor nur als Generator dient, fährt sich der X-Trail wie ein Elektrofahrzeug. Daher zeichnet er sich durch eine flüssige und lineare Beschleunigung aus. Der Benzinmotor dreht jedoch in manchen Situationen zu hoch, das ist einfach laut.
Fahrwerk
Der X-Trail, der nicht gerade ein Leichtgewicht ist, federt gut und ist eher komfortabel als dynamisch.
Innenraum
Gut verarbeitet, technologisch auf der Höhe der Zeit und variabel. Der Innenraum bietet viel Platz, der Kofferraum eher nicht.
Sicherheit
Der X-Trail ist mit allen Fahrhilfen ausgestattet, die für eine ruhige Fahrt notwendig sind. Er profitiert von autonomem Fahren der Stufe 2.
Budget
Das ist eine der Stärken des X-Trail. Trotz seines hohen technischen Niveaus ist er zu sehr attraktiven Preisen erhältlich, beginnend bei 39 990 Franken für die Einstiegsversion mit Vorderradantrieb. Das ist sehr interessant.
Fazit
Der Nissan X-Trail der vierten Generation überzeugt in vielerlei Hinsicht, angefangen beim Raumangebot, seiner Modularität, seiner Verarbeitung, aber auch seiner Technologie. Sein grösstes Problem ist das unangenehme Geräusch, das sein Verbrennungsmotor in bestimmten Situationen von sich gibt. Aber wie auch immer: Er bietet viel fürs Geld.
Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.