Er ist sowohl in der Schweiz als auch weltweit das meistverkaufte Modell von Mercedes und aktuell der drittmeist verkaufte Personenwagen in der Schweiz: der GLC. Und das nicht erst seit der neuen Generation (X254), die seit Ende 2022 auf dem Markt ist, auch der Vorgänger gehörte bis zum Ende des Modellzyklus noch zu den Bestsellern der Marke. Entscheidend dafür war sicher auch, dass die Modellpflege bei der Lancierung der neuen Generation erst knapp drei Jahre auf dem Markt war und dadurch noch entsprechend frisch daherkam. So sieht die dritte Generation denn auch fast mehr wie ein umfassendes, weiteres Facelift des Vorgängers aus als wie eine ganz neue Generation. Neue Leuchten, neue Front und einige geänderte Details könnten auch eine zweite Modellpflege sein. Und doch ist einiges neu geworden in der dritten Generation des GLC, der in der ersten Generation von 2008 bis 2015 noch als GLK vermarktet wurde.
So sorgt die rundere und cleanere Gestaltung dafür, dass das Kompakt-SUV effizienter als bisher unterwegs ist. Trotz der höheren Motorhaube und des etwas bulligeren Auftretens konnte nämlich der Luftwiderstand verbessert werden, was hilft, den Verbrauch zu senken. Ausserdem ist das Kompakt-SUV in der Länge um sechs Zentimeter gewachsen. Eineinhalb davon sind es zwischen den Achsen, drei Zentimeter kommen dem Kofferraum zugute. Der wächst damit um 70 auf 620 Liter an und gehört jetzt zu den besten in seinem Segment. Aber auch neue Motoren gibt es, sowohl Benziner wie auch Dieselmotoren sind jetzt allesamt elektrifiziert, entweder als Plug-in-Hybrid oder als Mildhybrid mit einem 48-Volt-Startergenerator, der bis zu 17 kW (23 PS) zur Gesamtleistung beitragen kann. Und auch das Interieur wurde auf den neusten Stand gebracht, zwar nicht mit dem monströsen Hyperscreen, aber immerhin mit einem digitalen Instrumentencluster anstelle der bisherigen Rundinstrumente und einem 11.9 Zoll grossen Bildschirm im Porträtformat, der sich elegant in die Verlängerung der Mittelkonsole einfügt. Dazu gibt es, einzigartig im Segment, auch eine Hinterachslenkung für den GLC. Mercedes hat also sein vielseitiges SUV auch vielseitig verbessert.
Als Einstiegsvariante setzt Mercedes weiterhin auf den Selbstzünder. 65 800 Franken kostet der 220d, dessen Zweiliter-Diesel mit 162 kW (220 PS) an eine Neunstufen-Wandlerautomatik gekoppelt ist, die das Antriebsmoment auf alle vier Räder überträgt. Damit bewegt sich der Benz preislich im Umfeld der deutschen Konkurrenz, der BMW X3 startet bei 64 100 Franken, der Audi Q5 TDI bei 60 350 Franken. Allerdings geht der Preis dann auch steil aufwärts, ganze 94 982 Franken kostet unser Testwagen – ein Aufpreis von fast 50 Prozent alleine mit Zusatzausstattung. Für diesen stolzen Preis erwartet man als Kunde von dem Auto denn auch einiges, erst recht, wenn unter der Haube weiterhin ein kleiner Diesel steckt, der zwar seinen Job im Alltag zweifelsfrei einwandfrei erledigt, aber immer noch nicht mehr als die wenig emotionale Basismotorisierung darstellt.
Alltagsheld mit Spassfaktor
Für den täglichen Einsatz ist der Zweiliter-Diesel keine schlechte Wahl. In der Stadt und im Stop-and-go-Verkehr ist er etwas ruppig und lässt seinen Selbstzündercharakter deutlich spüren und hören. Auf der Autobahn aber tritt der Diesel in den Hintergrund. Kaum spür- und hörbar überzeugt das Aggregat mit seiner Laufruhe und lässt den GLC entspannt dahingleiten. Auf der Landstrasse macht der Antrieb dank seines Drehmoments von 400 Nm, das bereits ab 1500 U/min anliegt, sogar Spass. Der Mildhybrid hilft, den Betriebspunkt des Verbrennungsmotors anzupassen, liefert bei Bedarf noch etwas Extraleistung und kann besonders beim Anfahren unterstützend eingreifen und so den Verbrauch senken. Und beim Dahingleiten wechselt die Motorsteuerung statt in den Schiebebetrieb in den Segelmodus. So bringt es das rund zwei Tonnen schwere SUV auf der AR-Normrunde auf einen Verbrauch von 5.8 l/100 km, was deutlich unter dem Durchschnitt im Segment der grösseren Kompakt-SUV liegt. Die maximale Reichweite mit einer Tankfüllung wird damit vierstellig – der Diesel hat eben trotz allem noch seine Daseinsberechtigung.
Vor allem wenn er noch so schön verpackt ist wie im Mercedes GLC. Auch wenn das Modell der massentaugliche Erfolgsgarant der Stuttgarter ist, so muss doch auf kaum etwas verzichtet werden, was man vom Stern kennt und erwartet. Dank eines Audiosystems von Burmester ist der Sound einwandfrei. Die Ausstattung ist wahlweise in Leder oder Kunstleder gehalten, und für Armaturenbrett und Mittelkonsole gibt es eine Vielzahl an Oberflächen, vom Klavierlack bis zum Holzimitat. Für eine angenehme Atmosphäre sorgen Sitzheizung, -lüftung und -massagefunktion und ein frei konfigurierbares Ambientelicht. Bei einem weniger angenehmen Trend der Digitalisierung gibt Mercedes auch in diesem Segment den Takt vor und packt gewisse Komfortfunktionen in ein Abo. Auch bei der Bedienung setzen die Stuttgarter auf Digitalisierung und packen nahezu alle Funktionen inklusive der Klimaanlage auf den Touchscreen. Dank des grossen Bildschirms und der übersichtlichen Gestaltung von MBUX gelingt die Bedienung aber trotzdem gut, da sich die wichtigsten Funktionen stets auf der ersten Ebene befinden. Dazu funktioniert auch die Sprachbedingung zuverlässig und weiss auf natürliche Anweisungen wie «Mir ist kalt!» entsprechend zu reagieren.
Das Platzangebot für die Insassen ist derweil trotz etwas mehr Radstand im Vergleich zum Vorgänger nicht merklich gewachsen. Auf den Vordersitzen war es auch bisher schon grosszügig, auf den Rücksitzen ist die Kniefreiheit ausreichend, aber es ist vor allem der mächtige Mitteltunnel, der den Raum einschränkt. Daran hat auch die neue Plattform nichts geändert, denn auch da benötigt die Kardanwelle des serienmässigen Allradantriebes ihren Platz.
Breite Palette an Assistenten
Wie in der C-Klasse, mit der sich der GLC die Basis teilt, bringt die MRA2-Plattform auch im SUV eine markante Verbesserung am Fahrwerk mit sich: die Hinterachslenkung. Was früher erst in den oberen Klassen erhältlich war, gibt es jetzt auch im GLC, der dadurch deutlich an Agilität zulegt. Im Stadtverkehr besonders praktisch, schrumpft der Wendekreis trotz 2.89 Metern Radstand auf 11.1 Meter und liegt damit nahezu auf dem Niveau des deutlich kleineren GLA. Auch der Kurvendynamik sind die mitlenkenden Hinterräder zuträglich. So hilft das Heck beim Einlenken und vermindert die Tendenz zum Schieben über die Vorderachse. Das bringt nicht nur etwas Fahrspass in das Alltagsauto, sondern auch Sicherheit. Die adaptiven Federbeine greifen ebenfalls unterstützend ein und vermindern durch gezielte Anpassung der Dämpferhärte Body-Roll in den Kurven. Die beiden Optionen – Hinterachslenkung und Luftfahrwerk – sind zusammengefasst im Technik-Paket, das ein Kreuzchen auf der Optionenliste wert ist, auch wenn es mit knapp 3500 Franken zu Buche schlägt. Im Allgemeinen bleibt die Abstimmung aber auch im Sport-Modus klar auf der komfortablen Seite, was zum Charakter des Autos passt. Für mehr Sportlichkeit gibt es schliesslich die schärferen Varianten aus Affalterbach.
Serienmässig sind bereits diverse Technologien an Bord, aber wer das volle Programm will, kann und muss sich im umfangreichen Optionenkatalog bedienen. Ausser dem adaptiven Tempomaten mit Verkehrszeichenerkennung gibt es unter anderem noch einen Spurwechselassistenten für die Autobahn, einen Stauassistenten sowie den Parkassistenten mit 360-Grad-Kamera, die auch den toten Winkel vor dem Fahrzeug eliminiert und den Fahrer quasi durch die Motorhaube blicken lässt. Auch für gelegentliche Anhängerfahrer gibt es das passende Hilfsmittel in Form des Anhängerrangier-Assistenten, der beim Einparken und Manövrieren unterstützt. Dazu kommen nicht unbedingte nötige, aber trotzdem praktische Features wie die Navigationsanzeigen per Augmented Reality oder die Ampelkamera, die beim Stopp am Rotlicht ein Verrenken des Kopfes überflüssig macht und die Ampel im Infotainment anzeigt.
Der GLC ist mit Abstand das erfolgreichste Modell von Mercedes, in etwa das, was der Golf für VW ist. Dank des anhaltenden Erfolgs des Modells gab es kaum Anlass für grosse Veränderungen, die punktuellen Anpassungen hat Mercedes souverän gelöst und das SUV fit gemacht, damit es sich als Verbrenner noch einmal für einige Jahre gegen die Elektrokonkurrenz zur Wehr setzen kann. Nicht zuletzt dank seiner vielseitigen Motorenpalette, die neben dem getesteten Diesel noch einen weiteren Zweiliter-Diesel, zwei Benziner und drei Plug-in-Hybride umfasst. Die leistungsstarken AMG-Varianten sind noch nicht offiziell präsentiert, lassen aber wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten.
Testergebnis
Gesamtnote 71.5/100
Antrieb
Der 220d ist die Basismotorisierung des Mercedes-Benz GLC und perfekt geeignet für den Alltagseinsatz mit häufigen Autobahnfahrten. Er ist sparsam, laufruhig und geräuscharm.
Fahrwerk
Dank der optionalen Hinterachslenkung und des adaptiven Fahrwerks ist das rund zwei Tonnen schwere SUV auch auf kurvigen Strecken souverän unterwegs und bringt sogar etwas Spass in den Alltag.
Innenraum
Viel Platz im Kofferraum und in der ersten Reihe sowie eine umfangreiche Komfortausstattung überzeugen. Etwas (zu) knapp geht es in der zweiten Reihe zu und her.
Sicherheit
Die Assistenzsysteme und die Scheinwerfer von Mercedes gehören zweifelsfrei zu den besten auf dem Markt. Die Bedienung über den grossen Screen birgt Ablenkungspotenzial, allerdings kann die Sprachsteuerung alle Befehle zuverlässig ausführen.
Budget
Während der Basispreis des GLC in der Grössenordnung seiner Konkurrenten liegt, schnellt der Preis mit zahlreichen Optionen steil nach oben. Und bei der Garantie bietet die Konkurrenz mehr.
Fazit
Mercedes hat den erfolgreichen GLC an den richtigen Stellen verbessert, sodass er sogar mit dem kleinen Dieselmotor einen Hauch Sportlichkeit mit souveränen Alltagsqualitäten und sehr viel Technologie verbindet. Allerdings hat das Auto auch einen stolzen Preis.
Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.