Nur ganz sanft

Der Škoda Karoq hat sich mit dem Facelift bloss in Detailfragen weiterentwickelt. Die Motorisierungen haben sich bewährt und verbleiben im Angebot.

Es ist unglaublich: Der neu gestaltete Škoda Karoq hat tatsächlich keinen Hybridantrieb in seiner Motorenpalette. In einer Zeit, in der jeder Kleinwagen wenigstens über einen Mildhybridantrieb verfügt, ist diese Entscheidung erstaunlich. Vor allem, weil der Volkswagen-Konzern ja durchaus diverse Hybridantriebe im Regal hätte. Aber die Ingenieure in Mlada Bodeslav (Tschechien) liessen sich einiges einfallen, um die CO2-Emissionen des Karoq zu senken. Wenn der Motor nicht auf einen elektrischen Verbündeten zurückgreifen kann, so wird ihm wenigstens die Arbeit, so gut es geht, erleichtert: Der neu gestaltete Karoq bietet weniger Luftwiderstand, der Unterboden und die Felgen wurden verkleidet, was die CO2-Emissionen um 1.8 Gramm pro Kilometer senkt. Zusätzlich werden weitere 1.2 Gramm pro Kilometer durch den neuen Heckspoiler eingespart. Insgesamt hätte die Summe dieser meist unsichtbaren Retuschen den Luftwiderstandsbeiwert auf 0.30 gesenkt. Weniger erfahrene Augen erkennen den Karoq an den neuen Scheinwerfern, deren bisheriges, geradliniges Design durch einen kleinen Absatz unterbrochen wird.Vor allem aber ist hinter dem Scheinwerfer eine LED-Matrix verbaut.

Zwischen Einfachheit und Luxus

Auch im Innenraum gibt es leichte Anpassungen – nicht alle waren zwingend nötig. Niemand hat wirklich auf das LED-Leuchtband an den hinteren Türen gewartet. Elegant ist es trotzdem. Die Sitzbezüge, die mit dem optionalen Eco-Paket aus rezykliertem PET bestehen, können das ökologische Gewissen von SUV-Käufern beruhigen. Es ist eine Initiative, die in die richtige Richtung geht, zumal sie den Sitzkomfort in keinster Weise beeinträchtigt. Neu dazugekommen ist auch eine elektrische Sitzverstellung mit Speicherfunktion. Damit hat der Karoq einen bisherigen Mangel im Vergleich mit der Konkurrenz in seinem Segment behoben. Einen Vorsprung hat er weiterhin noch mit den Vario-Flex-Sitzen: Die dreigeteilte Rückbank (40:20:40) kann teilweise oder vollständig umgeklappt oder sogar Stück für Stück ausgebaut werden. Die Handhabung erfordert einiges an Muckis und Platz für die Lagerung der Sitze, aber es werden 1810 Liter Ladevolumen frei – im Vergleich zu den 588 Litern, die hinter der Rückbank zur Verfügung stehen. Diese bemerkenswerte Flexibilität bleibt neben dem hervorragenden Raumangebot in allen Bereichen die grösste Stärke des Karoq. Die berühmten intelligenten Details, auf denen das Image der Marke beruht, fehlen nicht. Der Regenschirm sitzt aber nicht mehr in der Fahrertüre, sondern hat ein eigenes Fach unter dem Beifahrersitz. 

Die Ergonomie verdient ebenfalls ein Lob, die Klimaanlage – jetzt mit drei Zonen – wird immer noch über grosse, physische Knöpfe bedient, wie es sich gehört. Auch dass Škoda dem MIB-III-Infotainmentsystem des Volkswagen-Konzerns treu geblieben ist, anstatt sich auf die vielkritisierte neuste Version, die in Golf 8 und Konsorten verbaut ist, zu stürzen, ist ein Pluspunkt. Die Navigation durch die Menüs ist simpel und verständlich. Schade ist, dass man den Finger zum 9.2-Zoll-Bildschirm strecken muss, um einen Anruf anzunehmen, da es keine Taste dafür am Lenkrad gibt. Dieser Punkt trübt die ansonsten tadellose Ergonomie, selbst das neue digitale Armaturenbrett mit 10.25 Zoll Bilddiagonale tut der Eingewöhnung an den neu gestalteten Karoq keinen Abbruch. Die Instrumente sind gut lesbar, und der Fahrer verliert sich nicht in einem Durcheinander von individuell anpassbaren Menüs.

Alte Bekannte unter der Haube

Dies alles sind Detailanpassungen, sie sind aber dennoch sinnvoll. Unter der Haube bleibt, wie bereits erwähnt, fast alles beim Alten. Nur die Zweilitermotoren (Benzin und Diesel) sind neu mit Allradantrieb verfügbar und zwingend mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe kombiniert. Das manuelle Sechsgang-Getriebe entfällt. Die Testfahrt mit dem TDI fühlt sich beinahe wie eine Zeitreise an, schliesslich ist seit Dieselgate und mit dem Aufkommen der Elektrifizierung der Dieselmotor beinahe verschwunden. Zu Unrecht, denn die neuen Motoren, deren Abgase durch eine Heerschar von Filtern und die selektive, katalytische Reduktion mit Adblue gereinigt werden, erfüllen die strengsten Normen. Vor allem aber fühlt sich der Zweiliter-TDI bei der Fortbewegung des 1660 Kilogramm schweren Fahrzeugs pudelwohl. Dank des grosszügigen Drehmoments von 360 Nm, das zwischen 1600 und 2750 U/min zur Verfügung steht, kann der Karoq im Alltagsverkehr seine grosse Stärke ausspielen. Die Leistung ist nicht sportlich, aber der Antriebsstrang passt sich dem wechselnden Tempo mit Leichtigkeit an, wobei das Doppelkupplungsgetriebe bei Bedarf sehr schnell reagiert und den Motor auf Leerlaufdrehzahl fallen lässt. Bloss beim Anfahren erinnert seine unverwechselbare Ruppigkeit daran, dass es sich um einen Diesel handelt. Der Antrieb geht sparsam mit dem wertvollen Treibstoff um und schlürfte auf unserer AR-Normrunde nur 5.1 l/100 km Diesel. Die resultierende Reichweite von 1070 Kilometern zwischen zwei Tankfüllungen ist ein Traum für alle Fahrer eines modernen Elektro-SUV.

Diese Eigenschaft macht den Karoq zu einem ausgezeichneten Langstreckenläufer, dazu gesellen sich gut funktionierende Fahrhilfen wie der Spurhalteassistent, der den Fahrer unterstützt, ohne ihn zu sehr zu bevormunden. Die komfortable Federung trägt ebenfalls zur Langstreckentauglichkeit des Karoq bei, bloss auf schlechten Strassen schüttelt die sehr hart abgestimmte Aufhängung die Insassen etwas gar arg durch. Die gute Seite der Medaille ist, dass die straffe Federung die Bewegungen der Karosserie in Kurven eindämmt. Das Fahrverhalten ist daher wenig aufregend, dafür vorhersehbar und ausgewogen, wie man es von ­einem solchen Fahrzeug erwartet. Die Bremsen dürften noch etwas bissiger zupacken, der gemessene Bremsweg von 42.3 Metern aus 100 km/h liegt klar über dem Durchschnitt.

Rechnungsprobleme

Bis auf wenige Details erfüllt der Karoq also die Erwartungen an ein modernes Kompakt-SUV –  und übertrifft sie in Sachen Geräumigkeit sogar. Allerdings kann man von Škoda keine Schnäppchenpreise mehr erwarten: Unser Testwagen kostet inklusive Ausstattung fast 55 000 Franken. Damit bewegt sich der Škoda bereits im Bereich der Konkurrenz mit klingenderen Namen. Allerdings wird die Rechnung vor allem durch eine unglaubliche Vielzahl von Ausstattungspaketen belastet, ganze 18 Pakete sind erhältlich für den Karoq! Der Kunde verliert sich in diesem Dschungel von Paketen – vor allem aber untergräbt diese Strategie die Grundidee der Ausstattungspakete, deren Zweck es sein sollte ist, verschiedene Optionen zu bündeln und damit dem Kunden die Konfiguration zu erleichtern und die Preisgestaltung zu optimieren. Trotz dieses Preisstolperers bleibt der neu gestaltete Karoq auf Kurs. Da er aber seinen Preisvorteil aufgegeben hat, wird er es bei vielen Kunden schwer haben, sich gegen gefürchtete Räuber wie den Kia Sportage zu behaupten. 

Testergebnis

Gesamtnote 72.5/100

Antrieb

Man hat es fast vergessen, aber der Dieselmotor ist immer noch eine hervorragende Alternative, um ein 1.7-Tonnen-SUV mit Allradantrieb ­flüssig zu bewegen. Ein Vorteil, der sich beim Škoda Karoq auch an der Tankstelle bemerkbar macht.

Fahrwerk

Für die Langstrecke ist das Fahrwerk ausgesprochen gut abgestimmt, bloss auf unebenen Strassen wird es etwas ruppig im Karoq.

Innenraum

Der Karoq behält die Vorteile seines ausgezeichneten Raumangebots, seiner bemerkenswerten Flexibilität und sehr guten Ergonomie bei.

Sicherheit

Die Palette der Fahrhilfen ist gegen Aufpreis vollständig. Die Zuverlässigkeit der Systeme ist gut, der Bremsweg ist allerdings eher lang.

Budget

Der Preis steht im Einklang mit der Leistung. Zu beissen gibt aber die chaotische und wenig transparente Politik der Ausstattungspakete.

Fazit 

Škoda will sich vom Image des billigen Volkswagens lösen und verlangt nun für den Karoq genauso viel wie die Konkurrenz. An sich ist das ein vernünftiger Schritt, aber Škoda kommt damit in Reichweite der starken Konkurrenz wie des brandneuen Kia Sportage. Der Karoq bleibt ein grundsolides Angebot, aber die Koreaner bieten bei ähnlicher Leistung weiterhin den Vorteil der Sieben-Jahre-Garantie.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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