Nachfolge gesichert

Zu seinem 50. Geburtstag überarbeitet Honda den Civic. Auf dem Menü steht mehr als nur ein Hybridantrieb, der Fahrgefühl und Kraftstoffeinsparung verspricht.

Vraaaaaam, vraaaam, vrooom. Ist das ein Motorrad? Oder ein kleiner Sportwagen? Nein, es ist das Geräusch eines Hybridfahrzeugs, das kein Getriebe hat. Wir werden später noch darauf zurückkommen. Denn der Civic der elften Generation soll sich durch seine Dynamik von der leistungsorientierten Konkurrenz abheben. Dazu hat ihm Honda die Mittel gegeben, um seinen Marktanteil in der Schweiz weiter zu steigern. «Im C-Segment nimmt der Anteil der Hybridfahrzeuge immer mehr zu, ebenso wie der Anteil der Autos mit mehr als 100 kW Leistung. Mit dem elektrifizierten 135-­kW-­
Antrieb entspricht der neue Civic genau dem, was die Kunden in dieser Klasse erwarten», erklärt Lio­nel Zimmer, Pressechef von Honda Schweiz. Zudem soll die Limousine die Wünsche all jener erfüllen, die Fahrgefühl und Fahrspass ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzen.

Sie werden wohl nicht enttäuscht sein, wenn sie die Verbesserungen am neusten Mitglied der Civic-­Familie sehen. Die Karosseriesteifigkeit wurde durch den massiven Einsatz von Klebeverbindungen um 22 Prozent erhöht, der grössere Radstand und die grössere Spurweite hinten (+35 bzw. +18 mm) sorgen für mehr Stabilität und die überarbeitete Vorderradaufhängung mit reibungsarmen Kugelgelenken und Stossdämpfern für ein dynamischeres Fahrverhalten. Auch das Fahrwerk wurde weiterentwickelt, doch die grössten Fortschritte sind beim Motor zu verzeichnen.

Der Motor wird grösser

Der Civic wird jetzt nur noch mit einem Motor angeboten anstatt mit drei Motorenvarianten wie bisher. Das mag radikal erscheinen, macht aber durchaus Sinn. «Der neue Zweiliter-Benzindirekteinspritzer mit Atkinson-Zyklus vereint die Vorteile aller drei alten Motoren. Er stösst weniger CO2 aus als der Einliter-Turbo, beschleunigt schneller als der 1.5-Liter-Turbo und bietet sogar mehr Drehmoment als der 1.6-Liter-Diesel», erläutert Kotaro Yamamoto, Ingenieur bei Honda Europe. Dennoch ist das alleinige Angebot eines Hybridantriebs keine Selbstverständlichkeit für ein Auto, das auf Nebenstrassen Spass machen soll. Doch die Ingenieure von Honda brachten dafür nicht nur das nötige Know-how, sondern auch etwas Anachronismus mit. Während die Motoren heutzutage immer kleiner werden, ist im Civic der einzige, der übrig bleibt, grösser als die vorherigen.

Der Zweiliter-Motor basiert auf demjenigen des CR-V, wurde aber grundlegend überarbeitet, 47 Prozent der Komponenten sollen neu sein. Durch die Direkteinspritzung in die Zylinder wird nicht nur weniger Benzin verschwendet, sondern auch die Temperatur in den Zylindern gesenkt. Dadurch kann mehr Luft aufgenommen werden, was zu einer besseren Energieeffizienz führt. Der Motor kann in einem höheren Drehzahlbereich arbeiten und bleibt dabei sehr effizient.

Der elektrische Teil des Antriebs spielt natürlich eine grosse Rolle für die Dynamik, aber auch den geringeren Verbrauch des Antriebsstrangs. Die Leistungselektronik und die Batterie wurden in ihrer Effizienz gesteigert. Letztere ist im Kofferraum untergebracht, wiegt 36 Kilogramm und verfügt über eine Kapazität von 1.05 kWh. Das System wird durch einen Generator ergänzt, der die Verbindung zwischen den Motoren und der Batterie herstellt. Je nach Fahrsituation wählt die Elektronik den passenden Betriebsmodus. Bei konstanter Geschwindigkeit auf der Autobahn beispielsweise läuft der Verbrennungsmotor kontinuierlich mit optimaler Drehzahl, und die Energie wird direkt auf die Räder übertragen. Das beim CR-V eingesetzte System durchlief Hybridphasen, die zu ­einem starken Drehzahlanstieg beim Beschleunigen führten. «Mit dieser Leistungssteigerung im elektrischen Teil des E-HEV hat der Motor deutlich weniger Mühe, wodurch das typische Gefühl eines CVT-Getriebes vermieden wird», sagt Yamamoto. Es ist in der Tat schade, dass Honda diesen schlecht klingenden Namen für sein E-CVT-System beibehält, zumal er irreführend ist, da der Eindruck entsteht, als käme noch immer dieses (unschöne) Getriebe zum Einsatz, obwohl es keine Gänge mehr gibt, sondern nur eine elektrische Maschine. Ein weiteres neues Merkmal des Hybrid­antriebs ist, dass kurvige Strassen erkannt werden und der Verbrennungsmotor beim Abbremsen am Kurveneingang nicht abgeschaltet wird, damit er nicht wieder gestartet werden muss, sobald er wieder benötigt wird. Alles ist darauf ausgelegt, die Dynamik zu optimieren und gleichzeitig die Effizienz zu steigern. Um dies zu erreichen, verfolgt Honda jedoch eine ganz eigene Strategie.

Sport oder Komfort

Im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern, die ihre Fahrzeuge mit einer Taste ausstatten, über die man den Elektro-Modus erzwingen kann, hat der Civic keine solche Taste. «Das Auto wählt automatisch, welcher Modus in der jeweiligen Situation der beste ist. Unserer Meinung nach ist es nicht wichtig, die längste Reichweite mit reinem Elektroantrieb zu erzielen. Das System ist vielmehr darauf ausgelegt, jederzeit optimal zu funktionieren. Das bedeutet, dass man eine Energiereserve in der Batterie haben muss. Letztlich wäre der Verbrauch höher, wenn dem Fahrer mit einer Taste die Wahl gelassen würde», erläutert Yamamoto.

Schauen wir uns also an, wie sich all das auf der Strasse auswirkt. Die Reaktion des Systems beim Gasgeben erfolgt nicht sofort, erst nach einer Zeitspanne von etwa einer Sekunde galoppieren die Pferde los. Die Geschwindigkeit nimmt rapide zu, wobei das Gefühl im Sport-Modus durch die Lautsprecher verstärkt wird, die mit leichter Übertreibung wiedergeben, was unter der Motorhaube vor sich geht. Dank der Linear-Shift-Control variieren die Motordrehzahlen, als ob ein Getriebe die Gänge wechseln würde. Das vermittelte Gefühl erscheint uns durchaus realistisch und bringt etwas Spass in den Alltag eines jungen Familienvaters, der sich ein geräumiges Auto wünscht, das aber nicht so langweilig ist wie ein SUV. Mit einen Leergewicht von rund 1.5 Tonnen und den guten Fahreigenschaften gelingt es dem Civic, jene zu überzeugen, denen es auf Dynamik ankommt, die aber keine Abstriche beim Komfort machen möchten. Denn die Dämpfung sorgt dafür, dass das Auto in Kurven nicht zu stark rollt und die Insassen gleichzeitig bei Fahrbahnunebenheiten geschont werden.

Drei Ausführungen

Auch beim Verbrauch enttäuscht der Civic nicht. Wir haben auf dem Bordcomputer einen Wert von 5.3 l/100 km nach einer 155 Kilometer langen Fahrt abgelesen, die wir ohne Blick auf die Energieeinsparung absolviert haben. Die Sitze symbolisieren diesen Kompromiss zwischen Komfort und einer sportlichen Note. Das Infotainment hat zwar Fortschritte gemacht, dürfte aber für Fans neuer Technologien immer noch ein wenig zu altbacken sein. Glücklicherweise wurden die physischen Tasten für die Klimaanlage beibehalten. Die Präsenta­tion ist nüchtern, und die Materialien sind insgesamt zufriedenstellend, aber das ist nicht die grösste Stärke des Civic. Der Knieraum im Fond ist sehr gut, doch die begrenzte Kopffreiheit könnte für Menschen mit einer Körpergrösse von über 1.80 Metern störend sein. Der Civic ist in drei Ausführungen (Elegance, Sport und Advance) erhältlich und wird im Oktober dieses Jahres rechtzeitig zum 50-Jahr-Jubiläum des Modells zu den Händlern kommen. 

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