Audi RS Q8: und trotzdem …

Es gibt Autos, die sind unnötig, aber irgendwie doch cool. Und dann gibt es Autos, die sind unnötig und sehr schwer zu rechtfertigen. Der Audi RS Q8 ist so ein Fall. Und trotzdem macht er vieles richtig.

Die supersportlichen SUV sind schon längst kein Nischenprodukt mehr, so sehr man sich auch über deren Sinn oder Unsinn wundern mag. Mit dem BMW X6M, dem Mercedes-AMG GLE63 oder dem jüngsten Vertreter, dem Porsche Cayenne Turbo GT, sind die Deutschen stark vertreten in diesem Segment. Dazu kommen die Exklusiven wie Lamborghini Urus und Co.

Mit seinem Vierliter-V8 aus dem RS 6 mit einer Leistung von 441 kW (600 PS) und einem Drehmoment von 800 Nm ist der RS Q8 ein Sportwagen auf Stelzen. Dazu passt auch, dass Audi eine Nordschleifen-Zeit von 7:42.2 Minuten für das Auto reklamiert, was SUV-Rekordzeit war, bis Porsche den Wert vor Kurzem mit dem Cayenne GT pulverisierte.

Das Erstaunliche: Eigentlich ist dieser Audi ein ganz Gesitteter. Das Drehmoment steht ab 2200 U/min zur Verfügung, und der Biturbo zieht linear hoch bis zum Begrenzer bei 6750 U/min. Nichts mit Drehzahlorgien oder Turbohammer. Das Getriebe ist gut abgestimmt, und die Gangwechsel erfolgen auch im Dynamic-Modus schon fast sanft. Begleitet wird das Ganze von einem sonoren Gurgeln – kein infantiles Schreien oder pubertäres Böllern aus den Endrohren.

Alles im Überfluss

Understatement kann man dem RS Q8 nicht vorwerfen. Mit einer Länge von über fünf Metern, ­einem Gewicht von 2.5 Tonnen und Felgen von bis zu 23 Zoll markiert das SUV-Coupé eine ordentliche Präsenz im Strassenbild. Die Entwickler bei Audi haben aber ganze Arbeit geleistet, um das Monstrum dynamisch abzustimmen. Mit den adaptiven Luftfedern, der hecklastigen Auslegung des Antriebsstranges (bis zu 85 Prozent des Drehmoments gehen an die Hinterräder) und der serienmässigen Hinterachslenkung fährt sich der RS Q8 erstaunlich agil. Die riesigen Reifen sorgen für endlosen Grip, und die aktiven Wankstabilisatoren helfen zusätzlich mit, die Karosserie in schnellen Kurven einigermassen im Lot zu halten. So stellt sich schon fast ein Fahrgefühl wie in einem Sportkombi ein. Bereits die Stahlbremsen packen zu, als gäbe es kein morgen mehr – optional gibt es noch Keramikscheiben. Und trotzdem: Ein Gefühl der Verbundenheit mit der Strasse, das ergibt sich nicht. Dafür ist die Lenkung zu wenig direkt, die Sitzposition zu hoch, das Fahrwerk zu entkoppelt. Es gibt einfach nur – Leistung im Überfluss.

Wie in allen grösseren Audi setzt auch der RS Q8 für die Bedienung auf den zentralen Doppel-Touchscreen anstelle physischer Buttons. Das sieht zwar edel aus – und auch die Menüführung ist logisch und intuitiv wie immer bei Audis MMI –, hat aber doch den Nachteil der Ablenkung. Und ausserdem sieht der Hochglanz-Touchscreen nicht mehr ganz so edel aus, wenn er mit Fingerabdrücken überzogen ist. An der Qualität und der Verarbeitung lässt sich sonst nichts kritiseren. Leder, Kunststoffe und die optionalen Karboneinlagen sind nahezu perfekt. Auch auf der technologischen Seite lässt das SUV nichts anbrennen und kommt mit bis zu 39 Assistenzsystemen, darunter auch ­eine Nachtsichtkamera.

Das hat seinen Preis, im doppelten Sinne. Erstens ist unser Testwagen mit fast 200 000 Franken nicht gerade günstig. Zweitens ist der V8 mit ­einem Verbrauch von 12.5 l/100 km auf der AR-­Normrunde trotz Zylinderabschaltung und 48-­Volt-­Mildhybrid ziemlich durstig. Bei gleicher Plattform, gleicher Motorisierung, gleichem Platzangebot bei weniger Gewicht und Kosten stellt sich trotzdem die Frage: Wäre nicht auch ein RS 6 schon mehr als genug?

Testergebnis

Gesamtnote 80.5/100

Antrieb

Auf 100 km/h in knapp über vier Sekunden: Der Vierliter-V8 des Audi RS Q8 ist absolut brachial, auch bei tiefen Drehzahlen. Das Getriebe ist gut abgestimmt und nicht übertrieben hart.

Fahrwerk

Das adaptive Luftfahrwerk und die 48-Volt-Stabis helfen die bis zu drei Tonnen im Zaum zu halten. Die Lenkung ist aber (zu) gefühllos, und die Verbundenheit zum Aspahlt fehlt.

Innenraum

Das Interieur des RS Q8 hat Premiumqualität und ist sauber verarbeitet. Die vielen Bildschirme sehen hübsch aus, lenken aber ab.

Sicherheit

Absolut top: Bis zu 39 Assistenzsysteme stecken in den Rechnern dieses SUV – inklusive Nachtsichtassistent.

Budget

Mindestens 160 000 Franken sind eine ordentliche Ansage. Der RS Q8 kämpft aber in einer Liga mit Porsche Cayenne Turbo GT und Lamborghini Urus, die beide deutlich mehr kosten als der Audi.

Fazit 

Im Grunde verkörpert der RS Q8 alles, was man von Audi kennt: viel Leistung, eine hochwertig Qualität und viel Technologie. Im Gegenzug gibt es ein doch eher gefühlloses Fahrwerk. Und all das zu einem stolzen Preis.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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