Wenn sie lächelt, dann geht die Sonne auf. Aber wenn man ihr zuhört, dann merkt man schnell, dass hinter Charme und Esprit auch eine ganz klare Vorstellung steht, wie das Geschäft zu funktionieren hat. Katrin Rau, die vor genau zehn Jahren die Geschäftsführung der Touring-Garage im zürcherischen Oberweningen von ihrem Vater Peter übernommen hat, gehört nicht nur zu den wenigen Frauen im Oldtimerbusiness, sie hat das auch alles bestens im Griff. Mit ebendiesem Lächeln. Und ganz viel Sachverstand.
AUTOMOBIL REVUE: Wie kamen Sie ins Auto-Business? Und dann ins Oldtimer-Geschäft?
Katrin Rau: Bereits als Kind interessierte ich mich stark für Fahrzeuge. Dies natürlich auch, weil mein Vater täglich mit tollen Fahrzeugen nach Hause kam und ich ihm schon früh über die Schultern schauen durfte. So war es auch klar für mich, dass ich meine kaufmännische Ausbildung bei einem Autohaus machen wollte. Und als ich meine Lehrstelle beim Schweizer Mercedes-Benz-Importeur bekam, war ich sehr happy. Es war eine tolle Ausbildung und ich hatte Einblicke in das ganze Geschäft. Nach meiner Ausbildung ging es direkt in eine Mercedes-Benz-Vertretung und schon bald war klar, dass ich gerne in den Autoverkauf einsteigen möchte. Jedoch war ich Anfang 20 etwas jung für den Mercedes-Verkauf. So wechselte ich noch für zwei Jahre in die Leasing-Abteilung von Mercedes, um auch dieses Gebiet noch besser kennenzulernen. Als ich dann endlich bei meinem Vater einsteigen wollte, sagte er zu mir: «Schau, wir haben in der Touring Garage eine internationale Kundschaft und du musst gut Englisch und Französisch sprechen.» So ging es noch ein halbes Jahr in die USA und ein paar Monate in die Westschweiz, bevor ich dann im April 2006 ins Oldtimer-Geschäft einstieg. Damals war es noch nicht klar, ob mir die Oldtimerwelt auch gefällt, da ich ja von den Neuwagen kam. Es war aber schnell zu spüren: das ist es.
Vor genau 10 Jahren übernahmen Sie die Touring Garage von Ihrem Vater. Können Sie sich noch erinnern, wie sich der erste Tag anfühlte, als Sie allein verantwortlich waren?
Ich war sehr stolz! Und glücklich, das erreicht zu haben. Und dass alles familienintern so gut geklappt hat. Gleichzeitig war mir aber auch bewusst, dass ich jetzt die Verantwortung habe und ich es mindestens genauso gut wie mein Vater machen wollte.
Erinnern Sie sich noch an das erste Auto, das Sie verkauft haben?
Leider nein. Mittlerweile habe ich aber auch sicher schon weit über 3000 Fahrzeuge verkauft.
Welches Auto hätten Sie nie (oder erst viel später) verkaufen dürfen?
Oh, da gibt es einige. Z.B. habe ich etliche 911er verkauft – und nie einen für mich behalten. Da war ein 911er Carrera 3.2 Coupé mit original etwa 60‘000 km in einem Top-Originalzustand! Diesen habe ich vor einigen Jahren für knapp 40‘000 Franken verkauft. Nur kurz später hätte das Auto wesentlich mehr gebracht. Aber damals hat es gestimmt, sonst hätte ich den Wagen ja nicht verkauft. Ich habe auch superschöne Mercedes-Benz 190 SL für 50‘000 Franken verkauft. So ändern sich die Zeiten….
Welches Auto hätten Sie nie kaufen dürfen?
Da war mal eine Cadillac Eldorado Limousine, welche einfach nicht weg wollte. Am Schluss ging der Wagen dann mit einem Verlust weiter. Auch das gibt es – aber nur ganz selten.
Welches Fahrzeug würden Sie gerne einmal in die Touring-Garage stellen?
Da gibt es schon einige Träume! Das höchste der Gefühle wäre ein Maserati 3500 Vignale Spyder.
Und welches gerne in Ihre eigene?
Auch ein Maserati 3500 Vignale Spyder. Das war in der Kindheit lange Zeit mein Traumoldtimer. Deshalb ist das eine emotionelle Angelegenheit. Ein 190 SL wird wohl der nächste sein – und ein 300 SL Roadster bleibt wahrscheinlich noch lange ein Traum. Wichtig ist, dass man Träume hat.
Was fahren Sie privat – auch einen Old/Youngtimer?
Klar! Ich habe neue und alte Fahrzeuge. Aber bei den Oldtimern sind es ein VW Käfer für den Alltag , ein Porsche 356 B Roadster, ein Mercedes-Benz 380 SL (mit meinem Jahrgang), ein Mercedes-Benz 230 SL Paogde – 1. Auslieferung natürlich Mercedes-Benz Schlieren –, also da, wo ich meine Ausbildung gemacht habe.
Bei Ihnen auf dem Schreibtisch liegt eine Bestandes- und Preisliste von damals, als Ihr Vater die Touring Garage noch leitete. Erschreckt Sie die Preisentwicklung?
Erschrecken nicht, aber es ist sehr spannend die alten Preislisten zu studieren. Manchmal habe ich zu meinem Vater gesagt: «Ohje, warum hast Du diesen Wagen nicht behalten?» Er ist und war da immer sehr pragmatisch: «Weisst Du, damals, als ich den Wagen verkauft habe, passte es – und ich konnte mit dem Geld wieder etwas anderes Tolles kaufen.» Lustig ist heute auch, dass ich Fahrzeuge kaufe und mein Vater dann sagt; «Wow – den hast Du jetzt aber überzahlt.» Dann muss ich ihm sagen: «Nein, die Zeiten haben sich geändert – und eben auch die Preise.»
Wie ist die momentane Situation auf dem Markt?
Wir sind sehr zufrieden und Oldtimer sind nach wie vor von grossem Interesse. Sei es, weil jemand ein kultiges Fahrzeug fahren will. Oder weil man die Vergangenheit aufleben lassen möchte. Natürlich gibt es in der Schweiz auch viele Sammler von klassischen Fahrzeugen.
Und in welche Richtung wird sich der Markt in den nächsten zwei, drei Jahren entwickeln?
Ich bin der Meinung, dass die Nachfrage von Vorkriegsfahrzeugen immer kleiner wird und wahrscheinlich kommen auch langsam die 50er-Jahre-Autos hinzu, wenn es nicht etwas Bekanntes und Spezielles ist. Dafür werden immer mehr so genannte Youngtimer dazu kommen. Respektive sind dann das auch Oldtimer, aber für die ältere Generation ist ein Auto von 1991 kein richtiger Oldtimer. Das mag zwar stimmen, aber die jüngeren Generation sehen das anders.
Sagen wir einmal, der Kunde hat keine besonderen Präferenzen, aber 50‘000 Franken Spielgeld – was würden Sie ihm empfehlen? Und was sagen einer Kundin, die 150‘000 Franken investieren will?
Ich würden beiden Kunden das gleiche raten: «Kaufen Sie sich einen Oldtimer, der ihnen gefällt, in welchem sie sich wohlfühlen und welchen sie gerne fahren. Denn ein Oldtimer gehört auf die Strasse!»
Die Touring Garage ist auch sehr stark bei Youngtimern – wie kommt das? Und wie kommen diese Fahrzeuge zu Ihnen?
Bei den Youngtimern gibt es extrem viele Fahrzeuge, welche komplett unterbewertet sind, wie ich meine. Man bekommt also für wenig Geld ein Top-Auto. Das gefällt mir und darum kaufe ich auch immer wieder solche Autos. Ein Youngtimer ist ja offiziell ab 25 Jahren – das sind also Fahrzeuge der Mitte / Ende 90er Jahre. Durch unsere langjährige Präsenz auf dem Markt haben wir ein enorm grosses Netzwerk und langjährige, treue Kunden – so kommen die meisten Fahrzeuge zu uns.
Wo sehen Sie die interessantesten Möglichkeiten derzeit bei diesen Youngtimern?
Wenige interessieren sich heute für diese Fahrzeuge, weil sie etwas zwischen Türe und Angel fallen. Mein Fokus liegt auf Fahrzeugen mit wenigen Kilometern, top gepflegt und wenn möglich noch aus 1. Hand. Solche Fahrzeuge haben garantiert Potential!
Es werden immer mehr Oldtimer online gehandelt. Wie sehen Sie da die Entwicklung? Ist das eine starke Konkurrenz für klassische Händler wie die Touring Garage?
Überhaupt nicht! Nach wie vor möchten Käufer sich in den Wagen setzen können, der Zustand muss überprüft werden, man möchte den Wagen ausprobieren. In der Corona-Zeit mussten natürlich auch wir mehr online machen – 1000 Detailbilder, Videos, lange Telefongespräche. Und da waren wir auch erfolgreich, 80% der Kunden möchten den Wagen jedoch persönlich testen können. So bleibt der klassische Händler, wie wir es sind, sicher immer gefragt.