Die letzten paar Tage waren entscheidend. Allen Umfragen zum Trotz lehnte das Schweizer Stimmvolk am vergangenen Sonntag die Revision des CO2-Gesetzes mit 51.59 Prozent der Stimmen ab.
Die breite Koalition der Befürworter dieses Gesetzes – von den Grünen über SP und Mitte bis zur FDP – erklärte die Ablehnung des Volkes mit der Ablehnung von neuen Steuern. François Launaz, Präsident von Auto-Schweiz, bestätigt, dass das Portemonnaie in einer Zeit, die von den finanziellen Verheerungen durch die Pandemie geprägt gewesen sei, bei dieser Entscheidung eine Rolle gespielt habe. «Nach den wirtschaftlichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit Covid war es nicht der richtige Zeitpunkt, ein Gesetz zu verabschieden, das das Budget von Geringverdienern belastet hätte», erklärt der Präsident des Verbandes der Schweizer Automobilimporteure. «Die Menschen zögern nach dieser Zeit, sie müssen durchatmen.» Avenergy, der Verband der Ölimporteure, verweist auf das «bürokratische Monster», das das neue Gesetz dargestellt hätte, das «teuer» gewesen wäre und das «nichts für das Klima» getan hätte.
Unfaire Verteilung der Einnahmen
Die Strassenverkehrsgemeinschaft prangerte einhellig die ungerechte Verteilung der neuen Einnahmen an, die die Autofahrer hätten bezahlen müssen: Das Geld – eingezahlt in den Klimafonds – war gedacht für die Finanzierung einer Reihe von unklar definierten Projekten. «Die Leute haben gemerkt, dass dieses Gesetz einzig dazu gedient hätten, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen und es anderen wieder in die Tasche zu stecken», sagt François Launaz. Eine Erhöhung des Benzinpreises um zehn bis zwölf Rappen pro Liter war eigentlich geplant, um den Klimafonds zu speisen. «Die Schweizer haben verstanden, dass man ihnen ihr Geld weggenommen und umverteilt hätte», ist Thomas Hurter, SVP-Nationalrat und Zentralpräsident des Automobil-Clubs der Schweiz (ACS), überzeugt. Und weiter: «Solche politische Entscheidungen sind nicht innovationsfördernd.» Zwar sind alle Beteiligten im Strassenverkehrssektor der Meinung, dass das CO2-Gesetz in seiner jetzigen Form bereits zur Emissionsreduzierung beiträgt, aber sie sind sich auch einig, dass die Förderung von Innovationen ein Leitprinzip bei der Ausarbeitung eines neuen Gesetzes sein sollte. «Wir haben Universitäten, Forschungsinstitutionen und kompetente Menschen», sagt François Launaz. «Vielleicht können wir einen Beitrag zur Grundlagenforschung leisten, anstatt ein System von Subventionen einzuführen.»
Urs Wernli, Zentralpräsident des Auto Gewerbe Verbands Schweiz (AGVS), ist explizit der Meinung, dass die Förderung von Elektroautos notwendig ist: «Der Bund, die Kantone und Gemeinden müssen nun dafür sorgen, dass die Infrastruktur für elektrisch oder teilelektrisch angetriebene Autos und Lastwagen rasch ausgebaut wird. Ebenso muss die Stromversorgung sichergestellt werden.» Die Autoindustrie riskiert, auf einen grossen Stolperstein zu stossen, wenn es darum geht, diejenigen, die keinen privaten Parkplatz haben, davon zu überzeugen, auf ein Elektroauto umzusteigen. «Wir haben ein grosses Problem mit Personen, die keine eigene Wohnung besitzen, die nicht wissen, wie und wo sie ein Elektroauto aufladen könnten», räumt François Launaz ein. «Wir brauchen die Unterstützung des Bundes bei der Lösung dieses Problems, indem wir das Recht auf Laden einführen, indem wir öffentliche Parkplätze mit Ladestationen ausstatten, vielleicht an Strassenlaternen.»
Für andere wie Olivier Fantino, Direktor von Strasse Schweiz, kommt die Innovation aus dem Abbau des bürokratischen Apparats: «Wir sollten über Investitionsbeiträge ebenso nachdenken wie über die Erteilung von zusätzlichem Baurecht oder eine Vereinfachung der Verfahren. Der Staat sollte Innovation ermöglichen – und sie nicht mit Strafsteuern und bürokratischen Zwängen behindern.» So beklagt Fantino unter anderem auch die «immense Komplexität», die mit dem Bau einer Wasserstofftankstelle verbunden sei.
Unterstützung für E-Fuels
Während die Unterstützung von Innovationen im Strassenverkehr weithin befürwortet wird, gibt es doch auch Grenzen. «Natürlich ist es akzeptabel, Elektromobilität zu unterstützen. Aber diese Unterstützung muss zeitlich begrenzt sein», warnt Thomas Hurter. Auch die Tatsache, dass die Subventionen nicht dauerhaft seien, übe Druck aus und fördere Entwicklungen. Darüber hinaus soll die Bevorzugung der Elektromobilität nicht zulasten anderer Antriebstechnologien gehen. Nicht nur der Wasserstoffantrieb, sondern auch der Verbrennungsmotor könnte dank synthetischer Treibstoffe neuen Aufwind erhalten. «Investitionen in die Produktion synthetischer Treibstoffe müssen unbedingt gefördert werden, diese werden in Zukunft mit Sicherheit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können», sagt Wernli. «In vielen Anwendungsbereichen wie etwa in der Luftfahrt sind sie sogar alternativlos», pflichtet Roland Bilang, Direktor von Avenergy, bei.
Die Ablehnung vom Sonntag war nur ein Kapitel – die CO2-Diskussion verspricht noch einige interessante Wendungen.