Mit dem Wort Revolution geht selbst die mit Superlativen ansonsten nicht gerade zurückhaltende Automobilindustrie vorsichtig um. Ganz selbstbewusst hingegen spricht Dacia beim Spring von einer elektrischen Revolution. Das Stadtauto im SUV-Look ist das derzeit günstigste ernstzunehmende Elektroauto und an die urbane Mobilität angepasst. R-EV-olution, so Dacia.
«Der Spring entspricht exakt unserer Philosophie. Wir wollen den Kunden nur das liefern, was sie auch wirklich brauchen. Das spart Geld», sagt Denis Simard von Dacia. In Zahlen heisst das: eine Leistung von 33 kW (45 PS) und ein Drehmoment von 125 Nm, eine Batteriekapazität von 27.4 kWh und eine Ladeleistung von maximal 30 kW. Bei einem WLTP-Verbrauch von 13.9 kWh ergibt das eine Reichweite von 230 Kilometern, auf 80 Prozent wird in minimal einer Stunde geladen.
Gewichtiger Vorteil des kleinen Rumänen ist sein Gewicht von lediglich 970 Kilogramm. 186 davon sind der unter der Rückbank verbauten Batterie geschuldet. Dadurch fährt sich der Spring zwar alles andere als dynamisch, die Leistung reicht aber bis rund locker 70 km/h aus, darüber wird es zäh. Aus dem Stand ist Tempo 50 nach 5.8 Sekunden erreicht, bis 100 km/h braucht der Spring allerdings bereits 19.1 Sekunden. Maximal liegen 125 km/h drin, im Eco-Modus werden die Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h und die Leistung auf 23 kW gedrosselt.
Bei unserer ersten Testfahrt handelte es sich um ein Vorserienmodell, weshalb einige Materialien, die Fahrwerksabstimmung sowie die Rekuperation noch nicht final abgestimmt waren und Einschätzungen deshalb schwierig sind. Dennoch wird es auch zum Marktstart im Herbst so sein, dass durch alleiniges Loslassen des Gaspedals die Energierückgewinnung kaum spürbar ist und der Effekt über die Betätigung des Bremspedals leicht verstärkt wird. Die Rekuperation gleicht der Motorenbremse eines Verbrenners, viel mehr liegt mit dem kleinen E-Motor in der Front nicht drin. Ebenfalls höchstens noch zu marginalen Änderungen kommt es beim weichen Fahrwerk und der Tatsache, dass trotz niedrigen Schwerpunkts ein starkes Wanken auftritt. Bereits in langgezogenen Kurven schaukelt der Spring stärker als so manches SUV, hinzu kommen kaum geführte Sitze und eine Lenkung, die jegliches Feingefühl vermissen lässt. Sie hat um die Mittellage viel Spiel und zwingt durch ihre lange Übersetzung zum Umgreifen auch in Situationen, wo dies normalerweise nicht nötig wäre. Natürlich aber gründen die dreieinhalb Lenkumdrehungen darin, dass der Dacia Spring in der Stadt mit einem Wendekreis von 9.6 Metern äusserst handlich ist.
Diese Eigenschaften teilt sich der Spring mit seinem Bruder, dem Renault City K-ZE, wobei der Dacia für Europa sechs Airbags und hinten eine steifere Karosserie bietet. Beide werden sie in China gebaut und teilen sich die CMF-A-Plattform – die keine reine Elektroplattform ist – sowie das Design. Dieses ist an die SUV-Welt angelehnt. Die Radkästen sind leicht verbreitert, die Motorhaube ist gewölbt, es gibt einen Dachträger, einen verstärkten Unterboden vorne und einen Unterfahrschutz hinten. Die Bodenfreiheit beträgt 151 Millimeter. LED-Scheinwerfer sind stets Serie.
Überraschend gross
«Der Spring bewegt sich in einer Nische. Daher haben wir uns kein genaues Verkaufsziel gesetzt», sagt Laurent Herzog von Dacia. Allerdings ist Dacia mit dem Elektroauto im A-Segment nicht ganz allein. Das elektrische Trio VW E-Up, Škoda Citigo-E und Seat Mii Electric ist zwar derzeit nicht bestellbar. Grösser ist die Konkurrenz aber ohnehin aus dem eigenen Haus. Mit dem Twingo ZE (ab 22 900 Fr.) lancierte Renault kürzlich einen elektrischen Kleinstwagen mit ähnlichen Abmessungen. «Die beiden Autos sprechen unterschiedliche Kunden an. Der Twingo ist verspielter und bietet mehr Möglichkeiten zur Individualisierung», erklärt Denis Simard.
Den Spring gibt es in den zwei Versionen Comfort und Comfort Plus. Der Marktstart erfolgt mit der teureren Ausstattung ab 20 490 Franken. In dieser sind die Navigation, die Smartphone-Einbindung, eine Rückfahrkamera, orangfarbene Designelemente und Sitze in Lederoptik inklusive. Optional gibt es die Möglichkeit zum 30-kW-Schnellladen (Fr. 650.–). Die Basis startet erst nächstes Jahr ab 18 990 Franken. Zusätzlich wird der Spring in den Versionen Business – speziell für Carsharing-Dienste – und Cargo ohne Rücksitzbank angeboten.
Trotz geringer Abmessungen bietet der Spring mit einem Radstand von 2423 Millimetern ausreichend Platz. Angenehm wäre, würden sich die hoch montierten Sitze in der Höhe verstellen lassen. Die Dachoberkante ist stets im Blick, wodurch der Spring kleiner wirkt, als er eigentlich ist. Und wo es auf der Rückbank für die Beine mit etwas Kompromissbereitschaft der Vorderleute genügend Platz gibt, fühlen sich Kopf und Schultern schnell eingeengt. Bei einer maximalen Zuladung von 260 Kilogramm fallen Reisen mit vier Erwachsenen ohnehin ins Wasser. Der Kofferraum wiederum überzeugt mit einem Volumen von 290 Litern, bei abgeklappter Rückbank sind es stattliche 1100 Liter.
Gemessen am Preis stört es kaum, dass im Innenraum Hartplastik dominiert und Dinge wie eine Lenksäulenverstellung fehlen. Hingucker ist der reaktionsfreudige Sieben-Zoll-Touchscreen für das nicht sonderlich moderne, aber funktionale Infotainment. Hinzu gesellt sich eine gut ablesbare, digitale 3.5-Zoll-Anzeige im Cockpit. Ob man damit allerdings gleich eine Revolution anzettelt, darf in Frage gestellt werden. Zumindest bringt der Spring frischen Wind und eine interessante, weil günstige, elektrische und funktionale Alternative in die Welt der Kleinstwagen. Ob sich der Aufpreis zum Beispiel für den E-Twingo nicht trotzdem lohnt, muss ein ausführlicher Test zeigen.
Die technischen Daten und unsere Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.
Genau so ein Auto, geräumig aber nicht zu gross, könnte man mit einem sparsamen Dreizylindermotor auch für grössere Ausfahrten brauchen.