Automarkt: Schwerer Stand

Der Automarkt der Schweiz erholt sich langsam. Dabei scheinen sich die Machtverhältnisse zu verschieben.

Der VW Golf kann in Generation 8 nicht an die Erfolge seiner ­Vorgänger anknüpfen. Ändern könnten das die Sportversionen.

Erstmals seit Beginn der Corona-Krise wächst der Automarkt der Schweiz wieder. Mit 25 236 neu in den Verkehr gesetzten Personenwagen resultiert im März ein Plus zum Vorjahresmonat von 43.7 Prozent. Der März 2020 war mit 17 556 Einheiten allerdings auch am stärksten von der Corona-Pandemie geprägt, weil damals der erste Shutdown verhängt wurde, was den Absatz drastisch einbrechen liess.

Ein Jahr später sind die Verkaufsräume der Schweizer Garagisten nach der erneuten pandemiebedingten Schliessung im Januar und Februar wieder geöffnet. «Die Händler unserer Mitglieder registrieren seitdem eine gesteigerte Nachfrage. Das Frühlingsgeschäft ist und bleibt sehr wichtig, daran hat auch Corona nichts geändert», sagt Auto-Schweiz-Mediensprecher Christoph Wolnik.

Einzigartig im Segment

Allerdings scheint Corona die Machtverhältnisse auf dem hiesigen Automobilmarkt doch nachhaltig zu verändern. Modelle mit alternativem Antrieb sind mit einem Marktanteil von 36.7 Prozent im ersten Quartal 2021 weiter auf dem Vormarsch (Vorjahresquartal 21.2 %), wobei sie nach wie vor vom schwachen Gesamtmarkt profitieren. In den letzten zehn Jahren lagen die Immatrikulationszahlen im ersten Quartal je bei rund 70 000 Autos. Davon sind die 56 497 Einheiten im ersten Quartal 2021 trotz eines kleinen Plus (1.9 %) weit entfernt.

Doch auch in absoluten Zahlen können sich die alternativen Antriebe stetig verbessern. Insgesamt entfielen in den ersten drei Monaten 20 756 Neuimmatrikulationen auf Hybrid-, Elektro-, Gas- und Wasserstoffantriebe, nach 11 731 im Vorjahr (+ 76.9 %). Seit Jahresbeginn kamen deutlich mehr Elektroautos (4736, + 51.7 %) und Plug-in-Hybride (4315, + 89 %) auf die Strassen der Schweiz und Liechtensteins. Über die Hälfte dieser Zulassungen verfügen allein über einen Hybridantrieb ohne externe Lademöglichkeit (+ 92.1 %).

Anteil daran hat auch der Erfolg der neuen Generation des Toyota Yaris. Mit 987 verkauften Einheiten liegt er nach dem ersten Quartal 2021 auf Rang fünf der meistverkauften Modelle der Schweiz. Im Januar und Februar grüsste er von der Spitze, im März wurde er von den Modellen Škoda Octavia (1053), Mercedes-Benz A-Klasse (1026), VW Tiguan (1024) und Škoda Karoq (991) überholt. «Das ist ein klares Zeichen unserer Kunden, dass die Strategie zur Elektrifizierung der Fahrzeuge im Markt ankommt und geschätzt wird. Die Erweiterung der Palette um den sportlichen GR Yaris hat zusätzlichen Schub verliehen», sagt Björn Müller von Toyota Schweiz. Der Anteil des GR an der Modellreihe liegt bei rund 20 Prozent. «Damit ist uns ein Wurf gelungen, welcher im Segment einzigartig ist.» Die erst kürzlich erhaltene Auszeichnung zum Car of the Year hat dem Yaris zusätzlich Auftrieb verliehen, der mit dem angekündeten Cross weiter genutzt werden soll. «Die aktuelle Situation fordert weiterhin viel Einsatz und Kreativität. Letztlich sind aber nicht nur reine Verkaufszahlen wichtig, sondern unser Anspruch, Autos herzustellen, die neben fortschrittlichen Antriebssystemen auch Emotionalität und bestmögliche Sicherheit bieten», erklärt Müller. So wurde beispielsweise die zweite Generation des wasserstoffgetriebenen Toyota Mirai lanciert, die bisher zehnmal verkauft werden konnte.

Die Schweiz liebt SUV

Weniger erfreulich sehen die Quartalszahlen für Volkswagen aus, wenn auch der Tiguan nach wie vor vorne mitvertreten ist. In den letzten zehn Jahren stand VW nach dem ersten Quartal stets zuoberst, zum Jahresende sowieso. Nun verdrängte Mercedes-Benz mit 5626 Immatrikulationen VW (5456) auf Platz zwei. Auf Platz drei setzt sich BMW (5190), dahinter folgen die VW-Marken Škoda (4155), Audi (3663) und Seat/Cupra (3575). Grösster Gewinner bisher ist neben Aston Martin (+133.3 %) Honda (+228.4 %), wo vor allem der Jazz deutlich zulegen konnte.

Christian Frey von Amag sagt: «Die Verwerfungen bei den Verkaufszahlen in den letzten Monaten durch die coronabedingten Schwierigkeiten wie Lieferverzögerungen oder die Schliessung der Showrooms sind erheblich und lassen keine ehrlichen Vergleiche mit den Zahlen 2020 zu.»

Trotzdem: Die Verkaufszahlen im Januar und Februar waren für VW bescheiden, diejenigen vom März hingegen «sehr gut», so Frey. «Ebenfalls gut ist der Bestelleingang bei VW, was uns zuversichtlich stimmt.» Durch die Einführung neuer Modelle, allen voran des vollelektrischen ID 4, erwartet Amag ein starkes zweites und drittes Quartal.

Ein Modell allerdings könnte VW etwas Kopfzerbrechen bereiten. Der Golf 8 konnte bislang bei Weitem nicht an die Erfolge seiner Vorgänger anknüpfen – wobei auch die auslaufende Generation längst nicht mehr Liebling der Schweiz war. Mit bislang 750 immatrikulierten Einheiten fliegt der Golf nach dem ersten Quartal gar aus den Top Ten. «Viele für die Schweiz wichtige Golf-Modelle und Motorisierungen sind erst jetzt lieferbar. Zwischen dem Verkaufsstart der Golf-Limousine in der Basisversion bis zur Auslieferung des letzten neuen Modells, des Golf Variant Alltrack im Herbst 2021, liegen fast zwei Jahre. Mit den sportlichen Varianten wie GTI und R werden die Verkäufe im zweiten Halbjahr stark zulegen», sagt Frey. Aber auch: «Sicher ist es so, dass die Werte des Golfs von vor einigen Jahren nicht mehr erreicht werden können. Die Lancierung neuer SUV wie T-Cross und T-Roc sowie der immer noch sehr gefragte Tiguan nahmen dem Golf Stückzahlen. Die Schweizer lieben eben SUV.» Umso spannender und erfreulicher, dass aktuell der Škoda Octavia und auch die neue A-Klasse von Mercedes-Benz den SUV wacker entgegensteuern.

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