Fahrlehrer wollen korrigieren

Die Zahl der Unfallopfer ist 2020 gestiegen. Die jüngsten Verkehrszulassungsvorschriften könnten eine Rolle spielen.

Die Zahl der Verkehrsopfer hat 2020 trotz Corona und weniger Verkehrsaufkommen zugenommen. Auch die Fahrlehrer sind über diese ­Entwicklung besorgt.

Bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) hat man die Vision, dass niemand mehr im Strassenverkehr sterben soll. Bis 2025 sollen es gemäss Mehrjahresprogramm nicht mehr als 160 Todesopfer sein. 2020 waren es 227 Menschen, die bei Verkehrsunfällen starben (2019: 187), 3793 haben sich schwer verletzt (3639). 71 Personen kamen im Auto ums Leben. Ein grosses Problem ist just auf der Autobahn der (viel) zu geringe Abstand. Auf dem Motorrad starben 52 Menschen, 22 mehr als 2019, 39 davon ausserorts. Auf dem Velo verloren 29, auf dem E-Bike 15 Menschen ihr Leben. Krass zugenommen hat die Zahl der schweren Verletzungen bei den E-Bikern, die von 355 im Jahr 2019 um 46.8 Prozent auf 521 anstieg. Roman Kohler, Sprecher der Stadtpolizei St. Gallen sagt, auch tagsüber  könne es für Autofahrer schwer sein, Velofahrer zu sehen. Aber: Autofahrer müssten sich bewusst sein, dass E-Bikes schneller unterwegs seien als Velos. 

«Aufgrund des aussergewöhnlichen Jahres 2020 ist es schwierig, Schlussfolgerungen zu ziehen», sagt BFU-Sprecher Marc Kipfer zu den Zahlen. Dennoch zeige die Unfallentwicklung, dass die Verkehrssicherheit kein Selbstläufer sei. «Das Strassenverkehrssystem muss so ausgestaltet werden, dass menschliche Fehler, die sich nicht verhindern lassen, keine schwerwiegenden Folgen haben.» Dazu bedürfe es gezielter Massnahmen wie etwa eine fortlaufende Verbesserung der Strassenraumgestaltung, weniger rechtlicher Hürden für die Einführung von Tempo 30, einer breiten Förderung intelligenter Fahrzeugtechnologien wie Notbremsassistenten, einer Weiterentwicklung der Fahrausbildung und Delinquentenschulung oder der Förderung sicherer Verhaltensweisen mit Fokus auf Velo, Motorrad, Kinder und Senioren.

Zurück auf Feld eins

Der Schweizer Fahrlehrerverband (SFV) seinerseits befürchtet, dass sich die neuen, in den letzten Jahren in Kraft getretenen Änderungen der Verkehrszulassungsvorschriften künftig noch negativer auf die Unfallzahlen auswirken könnten. SFV-Präsident Michael Gehrken sagt: «Man muss reagieren, bevor uns die Zahlen dazu zwingen.» So ist etwa seit 2020 nur noch ein WAB-Kurs für Neulenker obligatorisch: «Hier fallen acht Sunden Ausbildung weg, die im Verkehrskundeunterricht nicht ganz zu kompensieren sind.» Zudem könnten sich die vielen neuen Motorradführerscheine sprich deren Besitzer – 2020 konnten über 25-Jährige noch direkt den Lernfahrausweis für grosse Töffs anfordern und Autofahrer die Kategorie A1 (125 cm3) prüfungsfrei erwerben – auf die Verkehrs(un)sicherheit auswirken. Angesichts der Unfallzahlen und des Technologiewandels «sollte dem Prinzip des lebenslangen Lernens zwingend auch im Strassenverkehr Rechnung getragen werden», sagt Gehrken. In der Tat stellt sich hier die Frage, ob aufgrund der immer zahlreicheren Verkehrsteilnehmer und neuen Verkehrsmittel eine einzige Fahrprüfung im Leben noch reicht. Führt man sich die Horrorbilder vor Augen, die man täglich im Verkehr sieht, scheint die Antwort sonnenklar.

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