Das Leben der Stromspeicher

Lithium-Ionen-Batterien sind das Herz von Elektroautos. Erstaunlicherweise erweisen sie sich oft als langlebiger als das Fahrzeug. Was geschieht am Ende eines Autolebens mit den Materialien?

Wie Batterien wieder zu Rohstoffen werden.

Am Ende des Elektroautolebens stellt sich die Frage, wie es mit dem Batteriepaket weitergehen soll. Schliesslich zeigt sich an frühen elektrisch angetriebenen Serienautos wie Nissan Leaf, Renault Zoe und Tesla Model S, dass die Stromspeicher nach acht, zehn oder zwölf Jahren Einsatz im Fahrzeug noch immer eine bemerkenswert hohe Kapazität aufweisen.

Die Lebensdauer der Antriebsbatterie wird einerseits als Zeitdauer, andererseits als Zyklenlebensdauer gemessen. In der Praxis erweist sich die Trennung von kalendarischem Alter und Zyklenalterung als schwierig. Für die zeitliche Alterung ist die temperaturabhängige kontinuierliche Zersetzung der Elektrolytkomponenten massgebend, für die Zyklenalterung die mechanische Schädigung von Anode und Kathode.

Grosse Restkapazität

Renault bezieht sich auf Erfahrungswerte von mehr als 300 000 Elektromodellen und hält fest, dass sich die Akkuleistung durchschnittlich nur um maximal ein Prozent pro Jahr reduziert. So verspricht denn die Werksgarantie für den Zoe über 70 Prozent der ursprünglichen Kapazität während acht Jahren oder 160 000 Kilometern.

Aufgrund der grossen Restkapazitäten der ausgedienten Akkus ist vorgesehen, dass diese ausgebaut und nach ihrem Einsatz im Elektroauto als stationäre Energiespeicher im Einsatz bleiben. Nissan beispielsweise hat zu diesem Zweck zusammen mit der Sumitomo Corporation die 4R Energy Corporation gegründet. 4R steht für Reuse (Wiederverwendung), Resell (Weiterverkauf), Refabricate (Wiederherstellen) und Recycle (Verwerten). Importeur Nissan Schweiz bietet aktuell die Rückführung von nicht mehr benötigten oder defekten Lithium-Ionen-Fahrzeugbatterien über einen zertifizierten Kooperationspartner an.

Auch Allianzpartner Renault verfügt bereits über eine grosse Erfahrung bei Entwicklung und Recycling von Antriebsbatterien, und mit der Re-Factory wird im französischen Werk Flins bis 2024 eine «Referenz in der Kreislaufwirtschaft» aufgebaut. Renault verfolgt drei Ansätze: Im Sinne von Nachhaltigkeit und Langlebigkeit betreibt der Schweizer Importeur seit über einem Jahr ein eigenes Batteriereparaturzentrum im luzernischen Nebikon. Für die Umsetzung im Bereich Second-Life werden ausgediente, aber noch funk­tions-tüchtige Batterien als Energiespeicher weiterverwendet, zum Beispiel als Zwischenspeicher von Solarenergie. Falls sich die Batterie weder reparieren noch anderweitig verwenden lässt, setzt Renault auf fachgerechtes Recycling in der Schweiz in Zusammenarbeit mit Partner Batrec in Wimmis im Berner Oberland. Wir haben im vergangenen Jahr über Batrec berichtet (hier zum Bericht). Die hydrometallurgische Aufbereitung und das eigentliche Metallrecycling erfolgen schliesslich vorläufig noch bei einer Schwesterfirma der Veolia-Gruppe in Frankreich.

Tesla hat sich verpflichtet, Batterien ohne Kostenfolge für den Kunden zurückzunehmen. Die Kalifornier verfügen in Europa über ein gutes Netzwerk zertifizierter Recyclingpartner. Da der Verschleiss der Akkus aber individuell sei und von vielen Faktoren abhänge, könnten keine pauschalen Aussagen über die Abnutzung gemacht werden. Tesla nennt jedoch Kapazitätsverluste von maximal 15 Prozent und bezieht sich dabei auf Erfahrungen mit mehr als einer Million Autos mit Fahrleistungen zwischen 240 000 und 320 000 Kilometern. Zurzeit baut das Unternehmen in den Gigafactorys in Nevada (USA) und Berlin-Brandenburg (D) Recyclingeinrichtungen auf, in denen alle Wertstoffe mit möglichst hohen Wiederverwertungsraten zurückgewonnen werden.

Recyclingbedarf wird stark steigen

Da heute erst wenige Elektroautos ausgedient haben, stammen die zu verwertenden Traktionsbatterien zu grossen Teilen aus Unfallfahrzeugen. ­Eine Analyse des Fraunhofer-Instituts prognostiziert daher auch, dass die Zweitnutzung solcher Batterien erst ab etwa 2030 relevant werden dürfte. Heute sei jedoch noch nicht absehbar, welcher Anteil dieser Batterien sich als stationäre Speichersysteme eignen werde. Für solide Geschäftsmodelle müssten Second-Life-Batterien aber zu niedrigen Kosten verfügbar sein.

Eignen sich Lithium-Ionen-Batterien nicht mehr für ein zweites Leben, gilt es, sie zu zerlegen, um möglichst viele Rohstoffe wieder nutzbar zu machen. Derzeit beschäftigen sich zahlreiche Unternehmen und Forschungsinstitute mit effizienten Recyclingverfahren. Die technische Entwicklung kommt schnell voran, sodass gute Lösungen absehbar sind – auch im Hinblick darauf, dass in einigen Jahren grosse Mengen ausgedienter Akkus zu verarbeiten sein werden.

Im Rahmen des Green Deals hat die Europäische Kommission eine Aktualisierung der EU-Vorschriften für Batterien vorgeschlagen. Erstmals soll es spezielle Recyclingziele für Lithium und Kobalt geben. Ab 2026 müssten 90 Prozent des Kobalts, Nickels, Kupfers und 35 Prozent des Lithiums rezykliert werden. Ab 2030 würden die Zielwerte dann auf 95 Prozent für Kobalt, Nickel und Kupfer sowie auf 70 Prozent für Lithium steigen. Ausserdem soll ein Batteriepass dafür sorgen, dass sich Batterien und Rohstoffe rückverfolgen lassen.

Zurück zu den Rohstoffen

In der Schweiz untersucht die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf ZH gemeinsam mit der Stiftung Autorecycling die verschiedenen Formen des Batterierecyclings in Bezug auf Kosten, Effizienz und Ökologie. Neben den oben erwähnten Verfahren entwickelt die Empa zusammen mit dem schweizerischen Elektrofahrzeughersteller Kyburz eine Anlage, die Materialien aus Lithium-Ionen-Akkus zu grossen Teilen zurückgewinnen kann. Die im vergangenen September in Betrieb genommene Recyclinganlage erlaubt es, bis zu 91 Prozent der Batteriemetalle der Wiederverwertung zuzuführen.

Verschiedene Recyclingmethoden kommen heute bei grossen Unternehmen im Ausland zur Anwendung. Die belgische Firma Umicore beispielsweise ist führend im Bereich des Batterierecyclings durch thermische Aufschmelzung. Dabei wird der Akku verbrannt und zermahlen. Kobalt, Nickel und Kupfer der Batterie verschmelzen dabei zu ­einer Legierung, die wiederverwertet werden kann, während Lithium, Aluminium, Grafit und der Elektrolyt nicht wiederzuverwerten sind. Seit vergangenem Jahr arbeitet Umicore mit Audi in einer Forschungskooperation zusammen. Aus den Akkus des Audi E-Tron können so mehr als 90 Prozent der Kobalt- und Nickel-Anteile zurückgewonnen und wieder zu Kathodenmaterial verarbeitet werden.

Das deutsche Unternehmen Düsenfeld zerlegt die Lithium-Ionen-Batterien in einem Schredder in Stickstoffumgebung, um die Brandgefahr zu vermeiden. Aus dem Schreddermaterial, einem dunklen Pulver, gewinnt Düsenfeld in mehreren Prozessschritten die Rohstoffe Grafit, Mangan, Nickel, Kobalt und Lithium zurück. So sollen sich 96 Prozent der Batteriebestandteile rezyklieren lassen. Speziell am Düsenfeld-Prozess ist, dass neben den üblichen Metallen auch das Grafit, der Elektrolyt und das Lithium einer stofflichen Verwertung zugeführt werden. Ungewöhnlich ist ausserdem, dass der Recyclingprozess sowohl stationär als auch mobil an Sammelstellen betrieben werden kann. Damit entfallen aufwändige und teure Gefahrguttransporte der leicht entflammbaren Akkus.

Als neuer Verwerter kommt demnächst der deutsche Chemiekonzern BASF dazu. Er wird ab 2022 in Schwarzheide in der Nähe von Dresden (D) eine Pilotanlage für Akkurecycling in Betrieb nehmen. Mit diesen Plänen will das Unternehmen einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten und nach eignen Angaben zum «führenden Lithium-Ionen-Batterie-Recycler für die Automobilindustrie» werden.

1 Kommentar

  1. Der Artikel über die Batterien ist sehr aufschlussreich und interessant. Ich verfolge schon seit geraumer Zeit Test’s und Berichte über Elektrofahrzeuge. Dabei habe ich auch schon eher negative Artikel über den Abbau der seltenen Erden und die damit verbundenen Skandale über die schlechte Behandlung der Arbeiter gelesen, die diese Metalle schürfen. Obwohl der Tenor (vor allem politisch) die „grüne“ Elektromobilität in den Himmel hebt, bleibt die globale Sicht im Nebel. Wenn die Schweiz und einige Länder in Europa auf diese Energie setzen, ist es doch klar, dass die grosse Menge der Fahrzeuge auf dieser Erde noch einige Jahrzehnte mit Verbrennern fährt. Das global Wetter wird mit seinen Winden alles CO2 schön verteilen und unsere gutgemeinte grüne Energie ausradieren.
    Zudem noch eine andere Frage bezüglich der Fahrzeugbatterien: Was kostet ein neuer Batteriesatz (z.B. für einen Tesla oder Audi), wenn die Garantie abgelaufen ist und das Auto weiterhin betrieben werden soll?

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