Einen Gang höher schalten

Der neue Hyundai i20 setzt auf Hightech, um sich im hart umkämpften B-Segment von der Konkurrenz abzuheben.

Der neue Hyundai i20 geht mit viel Hightech in den Kampf um das B-Segment.

Hyundai verschwendet keine Zeit. Knapp zwei Jahre nach dem Facelift des i20 bringt der koreanische Hersteller die dritte Generation seines Kleinwagens auf den Markt. Obwohl er neu ist, ist der kleine Asiate nicht ganz neu: Er erbt die Plattform und einige Motoren seines Vorgängers. Abgesehen davon ist der i20 nicht wiederzuerkennen. Innerhalb einer Generation hat sich sein Stil von brav zu selbstbewusst gewandelt.

Die Designer haben sich einiger gängiger Tricks bedient, um den Kleinwagen herauszuputzen: Während die Länge unverändert bei 4.04 Metern bleibt, haben die Höhe um zwei Zentimeter ab- und die Breite um fünf Zentimeter zugenommen. Mutige Linien zeigt auch der grosse Kühlergrill, der von Scheinwerfern in Böser-Blick-Optik flankiert wird. Charmante Details am Heck sind die i20-Logos in den Leuchten oder die in die weit nach vorn gezogenen Heckleuchten eingepasste Tankklappe. Auch die rote Leiste, die die beiden Heckleuchten miteinander verbindet, ist ein beliebtes Element, das mithilft, das Auto breiter und dynamischer wirken zu lassen.

Viel Platz für Passagiere

Weniger Fantasie liessen die Designer bei der Gestaltung des Innenraums walten. Das Cockpit ist unauffällig, abgesehen von einigen frechen Elementen, die wie Krallenspuren anmuten. Die horizontal verlaufenden Linien finden sich in den Türverkleidungen und am Armaturenbrett wieder, wo sie sich quer über die Lüftungsdüsen ziehen. Sie können jedoch nicht über die Mittelmässigkeit der verwendeten Materialien hinwegtäuschen, die allesamt hart und nicht sehr hochwertig wirken. Die Verarbeitung hingegen bewegt sich auf einem wirklichen hohen Niveau.

Die Ergonomie ist nahezu tadellos, Hyundai beschränkt sich hier aufs Wesentliche. Die Klimaanlage wird mit Drehknöpfen bedient, während alle übrigen Funktionen am Infotainment-Bildschirm (10.25 Zoll) eingestellt werden. Das Navigieren durch die Untermenüs erfolgt reibungslos, und der Fahrer findet sich schnell in den Optionen zurecht. Positiv zu werten ist auch die ausgezeichnete – weil recht tiefe und entspannte – Sitzposi­tion des Fahrers. Auch die Passagiere auf den Rücksitzen haben keinen Grund zu klagen. An den Knien stehen ihnen mindestens elf Zentimeter und bis zum Dach 93 Zentimeter Platz zur Verfügung. Vor allem werden sie sich über einige Ausstattungselemente freuen, die in diesem Segment äusserst selten zu finden sind wie eine zweistufige Sitzheizung für die äusseren Plätze sowie USB-Anschlüsse.

Damit endet aber auch schon das grosszügige Raumangebot des i20, denn der Kofferraum fasst bloss 265 Liter. Unter dem Ladeboden, wo sich normalerweise das Ersatzrad befindet, ist die 48-Volt-Batterie des Mildhybridsystems verbaut. Entscheidet man sich für den 100 PS starken Dreizylindermotor (ohne Mildhybridsystem), steigt das Ladevolumen auf 352 Liter und bei umgeklappten Sitzen sogar auf 1165 Liter. Der Kofferraumboden ist in jedem Fall durchgehend eben, sodass bis zum Fahrersitz eine Ladetiefe von bis zu 157 Zentimetern verfügbar ist.

Im Stau anstrengend

Zurück zu den Annehmlichkeiten auf den vorderen Sitzen. In der Mittelkonsole befinden sich eine induktive Ladeschale für das Smartphone sowie ein digitales Kombiinstrument (in der Topversion Vertex). Bei den Instrumenten, die auf einem 10.25-Zoll-Bildschirm angezeigt werden, wurde zugunsten der Ablesbarkeit auf überflüssigen Schnickschnack verzichtet, die wichtigsten Informationen sind gut sichtbar. Mit dem Wechsel des Fahrmodus (Eco, Komfort und Sport) nimmt das Ganze jeweils ein anderes Design an. Im Prinzip eine gute Idee, nur ist man mit der Gestaltung dieser Anzeigen etwas über das Ziel hinausgeschossen, weil vor allem im Komfort-Modus die Übersichtlichkeit über die relevanten Fahrdaten leidet. Das ist aber auch nicht allzu dramatisch, das Problem kann umgangen werden, indem einfach im Eco-Modus gefahren wird.

Die Sache ist nur, dass gerade dort das Hauptproblem des Hyundai i20 deutlich zutage tritt, nämlich die unpassende Abstimmung zwischen dem Motor und dem Siebengang-Automatikgetriebe. Das Doppelkupplungsgetriebe hat es mit dem Hochschalten so eilig, dass es den Dreizylinder-­Turbomotor vor Probleme stellt. Wegen der langen Getriebeübersetzung gerät der Motor regelmässig in den Bereich unterhalb von 1500 U/min, wo er sich spürbar unwohl fühlt.

Im Kolonnenverkehr, wo viel gebremst und wieder beschleunigt wird, schaltet er zu oft, was Verzögerungen beim Anfahren und starkes Ruckeln zur Folge hat. Die Modi Komfort und Sport schaffen Abhilfe, indem die unteren Gänge länger ausgedreht werden, sodass der 120-PS-Motor sein volles Potenzial entfalten kann. Aber auch hier gönnt er sich einen Moment, bis er reagiert, was den Fahrkomfort im stockenden Verkehr beeinträchtig. Mit 200 Nm maximalem Drehmoment wäre das Kappa-II-Aggregat eigentlich gut für den Alltagsverkehr gerüstet.

Auch die Autobahn ist für den Motor kein Problem, denn 120 PS reichen, um den Kleinwagen auf Trab zu halten. Die gemessenen 10.7 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h deuten hingegen eher auf einen ruhigen als auf
einen besonders spritzigen Charakter hin.

Akzeptabler Verbrauch

Die Fahrmodi Sport und Komfort sind zwar angenehmer zu fahren, andererseits verzichtet man dann auf die Möglichkeit, den 48-Volt-Mildhybrid zu nutzen, der hilft, Treibstoff zu sparen. Dazu gehört auch der Segelmodus, wenn der Fuss vom Gaspedal genommen wird. Bei so viel Technik hätten wir allerdings einen niedrigeren Treibstoffverbrauch erwartet: Der Durchschnittsverbrauch über die gesamte Testdauer lag bei 6.3 l/100 km,  die AR-Normrunde schaffte der i30 immerhin mit 5.0 l/100 km.

Das Mildhybridsystem ist nur eine von diversen Technologien, die beim Hyundai i20 zum Einsatz kommen und von denen einige bemerkenswert für dieses Fahrzeugsegment sind. Wir denken dabei an den Totwinkel-Warner oder den Notbremsassistenten mit Fussgänger- und Radfahrererkennung, die ab den Ausstattungslinien Amplia und Vertex verfügbar sind. Ein intelligenter adaptiver Tempomat (der Geschwindigkeitsbegrenzungen berücksichtigt) ist ebenso an Bord wie ein aktiver Spurhalteassistent. Leider gibt es den Spur­halte­assistenten und den aktiven Tempomaten nur in Verbindung mit dem Doppelkupplungsgetriebe.

Ziemlich straff auf der Strasse

Auf der Strasse verfügt der kleine Hyundai über straff (für manchen Tester zu straff) abgestimmte Dämpfer. Während diese Eigenschaft allgemein als Synonym für Dynamik gilt, konnte uns der i20 mit seinem Biss nicht besonders beeindrucken. Auch die Lenkung leidet unter mangelnder Rückmeldung und erzeugt eine künstlichen Fahreindruck. 

Festzuhalten bleibt, dass der Hyundai i20 in seiner Topversion (Vertex, ab 29 900 Fr.) mit allen Optionen deutlich über der Marke von 30 000 Franken zu liegen kommt. Der Preis ist angemessen, aber die Zeiten, in denen die Koreaner noch besondere Schnäppchen waren, sind vorbei.

FAZIT
Was ist am Hyundai i20 der dritten Generation zu kritisieren? Nicht viel, um ehrlich zu sein. Abgesehen von den Kunststoffen im Innenraum, einer verbesserungswürdigen Motor-Getriebe-Abstimmung und einer recht straffen Federung ist der Koreaner nahezu perfekt. In der Tat liefert Hyundai dank eines beeindruckenden Technologiepakets und einiger für dieses Segment rarer Ausstattungselemente ein sehr ansprechendes Modell ab. Noch besser: Der Innenraum ist top und das Styling ansprechend. Das Angebot von Hyundai lässt sich sehen, doch das alles hat seinen Preis: Für den i20 mit Vollausstattung werden über 30 000 Franken fällig. Das Preis-Leistungs-­Verhältnis ist immer noch interessant, aber ein Schnäppchen ist der i20 nicht mehr.

Die technischen Daten und unsere Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der AUTOMOBIL REVUE.

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