Gute Mittelklasse

KOMBI Ein Mittelklassekombi muss kein Auto sein, das Emotionen weckt. Der Renault Megane Grandtour ist sich dieser Rolle bewusst. Und spielt sie gut.

Wie bei seinen Klassenkameraden VW Golf oder Ford Focus kennt und kauft man beim Renault Megane vor allem die fünftürige Hatchbackversion. Und die echten Fans lieben die GTI, ST und R. S. Aber auch vom Megane gibt es eine vernünftige, familientaugliche Kombiversion.

Im Zuge eines Midcycle-Facelifts durfte der Megane Grandtour einige dezente Anpassungen über sich ergehen lassen, nicht nur optisch, sondern auch technisch und technologisch.

Dezentes Facelift zum Geburtstag 
Die optischen Modifikationen sind weitgehend identisch mit denjenigen am kompakten Megane. Es gibt mehr Chromelemente an den Schürzen, ­einen leicht überarbeiteten Kühlergrill und eine sanfte Überarbeitung des Lichtbandes, das die beiden Rückleuchten verbindet. Ausserdem sind die Voll-LED-Scheinwerfer serienmässig dabei.

Im Innenraum fällt das digitale Kombiinstrument mit seinem 10.2-Zoll-Bildschrim auf, ausserdem das Infotainment mit dem Neun-Zoll-Touchscreen. Die Software Easy Link wurde überarbeitet und fit gemacht für die Zukunft.

Pünktlich zum 25. Geburtstag des Megane, der 1995 als Nachfolger für den in die Jahre gekommenen Renault 19 präsentiert wurde, folgt nun im Rahmen der – vom Staat angeordneten – Elektrifizierungsoffensive mit dem Megane E-Tech der erste Plug-in-Hybrid der Marke. In unserem Test sind wir den TCe 140 gefahren, der sich leistungsmässig im vernünftigen Mittelfeld bewegt, zwischen TCe 115 und TCe 160.

Der Teufel – beziehungsweise die Änderungen – liegen im Detail: Das Facelift hat kleine Anpassungen bei den Leuchten sowie kleine Umstellungen im Innenraum gebracht. Die Ergonomie wurde verbessert, der Sitzkomfort gibt keinen Analss zur Kritik.

Angenehm zu fahren
Bereits seit 2018 setzt Renault im Megane – mit Ausnahme des R. S. – durchweg auf den bewährten 1.3-Liter-Vierzylinder-­Turbo, den die Renault-Nissan-Allianz in Zusammenarbeit mit Daimler entwickelte. Der Motor läuft ruhig und unaufgeregt, passend für einen Kombi, der keine emotionalen Wünsche erfüllen muss. Die 240 Nm liegen ab 1600 U/min an, sodass bereits im unteren Drehzahlbereich ein spürbarer Anzug vorhanden ist und die Getriebeautomatik beim Gasgeben auch das eine oder andere Mal auf ein Herunterschalten verzichten kann. Mit einem Verbrauch von 5.8 l/100 km auf der AR-Normrunde bewegt sich der Megane in diesem Segment im Mittelfeld. Man wird den Eindruck nicht los, dass es der Motor besser könnte, aber das Getriebe des öfteren nicht mitspielt, in hohen Drehzahlen hängen bleibt oder im Eco-Modus und bei zurückhaltender Beschleunigung die Gänge weit ausdreht.

Über den Drive-Select-Schalter lassen sich wie gewohnt verschiedene Fahrprogramme auswählen oder selber konfigurieren. Die auffälligste Veränderung ist dabei das Motorengeräusch aus den Sound-Aktuatoren, das sich auf Knopfdruck vom semisportlichen Grummeln auf stumm schalten lässt. Beim Ausdrehen verschiebt sich der Sound dann von den Lautsprechern zum tatsächlichen Motorengeräusch, das in den höheren Drehzahlbereichen prominent wahrnehmbar wird.

Bei der Ergonomie nachgebessert
Wenn sich der Motor auch willig gibt für eine zwischenzeitlich etwas dynamischere Fahrweise – auch hier: die Schaltstrategie ist das Problem –, so ist das Fahrzeug doch klar auf ein neutrales, komfortorientiertes Verhalten ausgelegt. Die Lenkung reagiert angenehm präzise und liefert eine angemessene Rückmeldung von der Strasse, könnte aber noch einen Tick direkter sein. Aber eben, Mittelklassekombi halt. Die Dämpfer liefern eine gute Arbeit ab und bügeln störende Unebenheiten aus, gröbere und abrupte Rumpler aber dringen spürbar durch. Trotz der Verbundlenkerachse an der Hinterachse lässt sich der Megane Grandtour auch auf kurvenreichen Strecken nicht aus der Ruhe bringen und sorgt so dafür, dass das auch für die Passagiere gilt.

Die bei bisherigen Renault-Modellen wieder und wieder kritisierten ergonomischen Schwachstellen macht der neue Megane zwar etwas wett, ist damit aber immer noch längst nicht perfekt. Die Becherhalter sind für kleine Dosen zu gross und für grosse Flaschen zu klein. Letztere lassen sich grundsätzlich sowieso nirgends verstauen, auch in die Türfächer passen sie nicht. Für ein Auto, mit dem auch in die Familienferien gefahren werden soll, nicht ideal. Ansonsten gibt es aber genügend Ablageflächen und Stauraum, die Armlehne lässt sich für mehr Komfort in der Länge verschieben. Und der unmögliche Tempomatschalter auf der Mittelkonsole ist endlich verschwunden, die Bedienung des adaptiven Tempomaten ist komplett aufs Lenkrad gewandert.

Schwachstelle Verarbeitung
Auch beim Infotainment Easy Link wurde nachgebessert und die Menüführung leicht intuitiver gestaltet, als das bisher der Fall war. Zugutehalten kann man Renault auch, dass die Klimabedienung weiterhin über die bekannten Knöpfe und Drehregler geschieht.

Für Wohlfühlatmosphäre sorgt die Ambientebeleuchtung, deren Farbschema sich nach Herzenslaune anpassen lässt. Tiefenentspannung wird aber nur den Beifahrern gegönnt, hinter dem Lenkrad benötigt es noch viel Aufmerksamkeit für die Assistenten. Wie bereits bei anderen Modellen erwähnt, muss Renault darauf achten, hier den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren.

Wenig Lob holt sich unser Testwagen leider auch, was die Verarbeitungsqualität angeht. Im Grossen und Ganzen ist diese in Ordnung, wenn sich aber bei jedem Tastendruck auf dem Infotainment der ganze Bildschirm durchbiegt, vermittelt das nicht eben den Eindruck von Hochwertigkeit.

Wenig Angriffsfläche bietet der Megane Grandtour in der für Kombis wohl relevantesten aller Disziplinen: dem Platzangebot. Auf den Vordersitzen haben auch Grossgewachsene ausreichend Kopffreiheit, und auch auf der Rückbank sind Erwachsene dank genügend Knie- und Kopffreiheit nicht unbequem unterwegs. Der Kofferraum ist mit 521 Litern angemessen und bei abgeklappter Rückbank (im Verhältnis 40:60 möglich) werden es bis zu 1504 Liter. Das ist unterer Durchschnitt, ein VW Golf Variant fasst bis zu 1620 Liter, ein Kia Ceed SW bis zu 1694 Liter.

Den Megane Grandtour gibt es ab 27 100 Franken, für unseren Testwagen waren 42 100 Franken nötig. Viele aufpreispflichtige Optionen sind in den Ausstattungslinien zusammengefasst. Wie gehabt sind das Zen, Business und Intens. Neu kommt die R. S. Line dazu, die sportliche Elemente ins Auto bringt und die bisherige GT-Line ersetzt. Etwas tiefer in die Tasche greifen muss, wer es auf den Plug-in-Hybrid abgesehen hat: Mindestens 40 200 Franken kostet dieser in der günstigsten Ausstattungslinie.

FAZIT
Keine Frage, der Renault Megane Grandtour ist ein Durchschnittsauto. Nichts Exklusives, nichts Emotionales, nichts Sportliches. Ein Auto für all jene, die einfach ein praktisches Auto suchen, daran hat auch das Facelift nichts geändert. Aber diese Rolle spielt er sehr gut. Das Fahrwerk ist ausgewogen, die Lenkung präzise, der Motor durchzugskräftig. Das Kofferraumvolumen ist mit 521 bis 1504 Litern ausreichend dimensioniert für ein Familienfahrzeug, bloss die Ablageflächen und Stauräume im Innenraum sind etwas knapp bemessen. Mit einem Basispreis von 27 100 Franken ist auch der Preis durchschnittlich. Einziger Kritikpunkt: Motor und Getriebe harmonieren nicht immer perfekt, was sich am Ende auch auf den Verbrauch auswirkt.

Die technischen Daten und unsere Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der AUTOMOBIL REVUE.

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