Der Innenraum im Abonnement

A LA CARTE LED-Scheinwerfer, DAB-Radio, ein adaptiver Tempomat. Die Hersteller bieten immer mehr Funktionen on demand an – gegen ­entsprechende Monatsraten. Wer profitiert davon?

Wird man morgen die Sitzheizung im Winter als Abo bezahlen? Dieser Gedanke ist nicht zu weit hergeholt. In einer Zeit, in der man seine Software oftmals mietet anstatt kauft, Filme via Streamingdienst anschaut anstatt sie per DVD im Regal zu sammeln, bleibt auch die Autooindustrie nicht mit verschränkten Armen sitzen. Laut ­Zuora, einer Marke, die sich auf die Umsetzung von Abo­modellen bei Unternehmen spezialisiert hat, hat sich der Abonnementsumsatz während der acht letzten Jahr um 400 Prozent gesteigert. Im ersten Halbjahr 2020, während die ganze Wirtschaft von Corona belastet war, verzeichneten die Abo-Firmen ein sechsmal schnelleres Wachstum als die herkömmlichen Unternehmen. « Es gibt eine tiefgreifende Welle des Übergangs vom Eigentum zur Nutzung, vor allem bei den jungen Leuten», be­stätigt Wolfgang Ulaga, Marketingprofessor an der privaten europäischen Wirtschaftshochschule Insead.

Laut einer Umfrage von Q Perior, einer auf IT-Beratung spezialisierten Firma, sind die Generationen Y und Z bereit, im Schnitt monatlich bis zu 23.56 Euro für Dienstleistungen on demand auszugeben. Ein Durchschnittsverbraucher hingegen gibt nur 16 Euro dafür aus. Q Perior schätzt den Umsatz dieses Geschäftsmodells allein für Deutschland mittelfristig auf bis zu 10.75 Milliarden Euro.

Die Premiummarken steigen ein
«Die Technologie bietet den Unternehmen neue Geschäftschancen», ist Tobias Schlager, Assistenzprofessor für Marketing an der Universität Lausanne überzeugt (s. Interview Seite 18). Das Angebot neuer Abos wachse schnell, seit Tesla diesen Service anbiete, erklärt Tobias Schlager: «Als erste Marke mit einem solchen Abonnementsangebot als Option hat Tesla den Markt belebt.» Wir erinnern uns, die Marke aus Palo Alto (USA) machte im September 2017 Schlagzeilen, als sie per Fernsteuerung die maximale Reichweite seiner ­Autos vergrösserte, damit die Kunden vor dem Hurrikan Irma flüchten konnten.

Im Jahr 2018 zog Mercedes in die von Tesla eröffnete Lücke nach. Dank seines MBUX getauften Infotainments und des Mercedes-Me-Kontos haben die Kunden Zugang zu Onlinedienstleistungen wie zum Beispiel Infos über die Verkehrssituation oder freie Parkplätze in der näheren Umgebung. Nach dem Erwerb des Fahrzeugs und der Bezahlung einer Pauschalen ermöglicht Mercedes Me ebenfalls die Freigabe von Optionen wie das DAB+-Radio, die Vernetzung mit dem Smartphone oder Navigationsdienste.

2019 kam dann BMW und bot eine Vielfalt aktivierbarer Optionen nach dem Fahrzeugkauf. So hat der Kunde – vorausgesetzt, sein Auto ist neu genug für diese Option – zum Beispiel für 1100 Franken Zugang zum adaptiven Tempomaten. Einige dieser Optionen werden gegen eine Pauschale freigeschaltet, andere werden per Abo angeboten, wie der BMW Drive Recorder (eine Dashcam, die die Fahrt aufzeichnet), den es ab 19 Franken monatlich gibt.

Im Oktober 2020 folgte Audi seinen beiden Erzrivalen mit einem eigenen On-Demand-Dienst. Im Gegensatz zu Connected Drive von BMW, das bestimmte Optionen nur gegen die Zahlung einer Pauschale anbietet, lässt Audi seinen Kunden die freie Wahl. Alle Optionen des On-Demand-Katalogs können entweder per Abonnement oder gegen Festpreis (s. Tabelle) gewählt werden.

Audi-Kunden werden neue Funktionen über das Smartphone oder das Infotainment­system aktivieren können. Audi E-Tron und A4 des Modelljahrs 2020, A5, Q5, A6, A7, Q8 und E-Tron Sportback des Modelljahrs 2021 sind in der Lage, verschiedene Funk­tionen on demand zu aktivieren. Auf lange Sicht ist das aber teurer als ein Kauf.

Flexibilität ist das Schlagwort
Es ist keine Überraschung, dass bei Mercedes, BMW oder Audi die Optionen nach dem Kauf teurer sind als mit der Bestellung des Fahrzeugs. Warum also diesen Service überhaupt anbieten? «Die Option der flexiblen Personalisierung bieten dem Kunden einen wesentlichen Mehrwert», lautet die Erklärung bei BMW. «Der Kunde kann viel bewusster seine Bedürnisse abdecken», meint Philipp Lüchinger, verantwortlich für Aftersales bei Audi Schweiz, und erwähnt die Möglichkeit, eine bestimmte Option einen Monat zu testen, bevor man sie endgültig erwirbt.

Michael Mansard, Direktor der Abonnementsstrategie bei Zuora, sieht in diesem Angebot die Möglichkeit, den Kundenbedarf noch näher zu verfolgen: «Wählt man eine Option bei der Fahrzeugbestellung, nimmt man manchmal eine Ausstattung, die man später nie benutzt. Oder man bedauert im Gegenteil, eine gewisse Option nicht gewählt zu haben. Wenn eine Option vielleicht zum richtigen Zeitpunkt angeboten wird, dann ist sie von grösserem Interesse für den Kunden, und er wählt sie dann per Abo.» So könnte ein Verbraucher theoretisch den Allradantrieb nur im Winter bezahlen – vorausgesetzt, die Zulassung würde entsprechend angepasst.

Vereinfachung für den Onlineverkauf
Bei den Marken gibt es unzählige Abo-Optionen. Diese sichern ihnen nicht nur regelmässige Einnahmen über einen längeren Zeitraum (anstatt nur einmal beim Fahrzeugkauf), sondern bringen eine extreme Vereinfachung der Produktionslinien mit sich. «Die On-Demand-Funktionen ermöglichen eine Vereinheitlichung der Produktionslinien, weil die Hersteller dadurch alle Autos mit Vollausstattung produzieren können», so Tobias Schlager von der Universität Lausanne. Denn die Herstellung der Autos mit verschiedenen Ausstattungen birgt erhebliche Kosten für den Hersteller. Philipp Lüchinger von Audi bestätigt dies: «Dieses neue Angebot ermöglicht uns, die Komplexität unseres Online­konfigurators zu reduzieren. Der Kunde ist mittlerweile überfordert von dessen Unfang. Und wir müssen reduzieren, wenn wir eines Tages ­Autos nur noch online verkaufen wollen.» Reizt man diese Idee ganz aus, dann zwingt das Modell der Funktionen auf Wunsch die Hersteller, Autos mit Vollausstattung zu bauen, die sich nur noch durch die Aussenfarbe, das Leder und die unterschiedlichen Felgen differenzieren. Später aktiviert der Kunde die gewünschten Optionen.

Hemmschwelle überwinden
Für die Hersteller liegen die Vorteile der On-Demand-Optionen auf der Hand. Aber wie sieht das aus Kundensicht aus? «Unsere Umfragen haben gezeigt, dass die Konsumenten mit diesem Angebot erst einmal nicht sehr glücklich sind», gibt Tobias Schlager zu. «Die Verbraucher fühlen sich manipuliert, denn sie wissen, dass sie auf diesen Optionen sitzen, diese jedoch nur über ein Abo zugänglich sind.» Und die Kunden riskieren, Ende Monat eine horrende Rechnung für Zusatzausstattung im Biefkasten zu finden.

Es gibt jedoch durchaus positive Aspekte für solche Abonnementsoptionen. Die Vereinfachung in der Produktion dürfte die Preise der Neufahrzeuge senken, denn die Hersteller werden die dadurch erzielten Einsparungseffekte an die Kunden weitergeben müssen. Vor allem aber dürfte auch der Wert von Occasionsautos steigen, wenn ein Gebrauchtwagenkäufer sich nachträglich sein Fahrzeug neu konfigurieren kann. «Die Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt spiegeln die Wahl und den Geschmack der Erstbesitzer wieder», so Tobias Schlager. «Dank der später aktivierbaren Funktionen kann der Käufer einer Occasion sein Auto nach Gusto persönlich gestalten.»

Fluch und Segen zugleich
Der zwischen einem Kunden und einem Hersteller bestehende Vertrag verpflichtet die Marken, ihre Leistungen ständig zu verbessern. «Man sieht das bei Netflix oder Spotify: Die Kunden haben neue Erwartungen, man muss einen dauerhaften Mehrwert bieten», warnt Wolfgang Ulaga. «Die Anbieter müssen deshalb den Kunden permanent Inhalte anbieten, sonst kündigen diese ihr Abo. So gesehen sind sie Fluch und Segen zugleich.» 

Damit stellt sich die Frage: Wie soll man einen ständigen Mehrwert anbieten bei einer traditionellen Sitzheizung? Michael Mansard von Zuora nennt eine Möglichkeit: «Man kann sich vorstellen, dass diese an einen Wetterdienst gebunden ist, in Verbindung mit anderen Komfortelementen für die Insassen.» Da stellt sich schnell die Frage, wie weit die Grenze der Serienausstattung in Richtung Aboangebot verschoben werden kann. Muss man demnächst jedesmal bezahlen, wenn man die Klimaanlage einschaltet? «Das werden die Kunden entscheiden müssen, je nachdem, wie sie auf die Angebote reagieren. Es kann auch zu einer generellen Abwehrreaktion kommen, wenn sie der Meinung sind, für eine wertlose Option bezahlen zu müssen», meint Michael Mansard. «Ich würde allerdings die Sicherheitsausstattungen von den Abo­angeboten ausschliessen.» Tobias Schlager rechnet jedoch damit, dass die Funktionen auf Wunsch noch nicht so bald die normalen Optionen beim Kauf ersetzen werden: «Die Automobilindustrie erlebt einen tiefgreifenden Wandel. Ich glaube nicht, dass das Abomodell den Erwerb von Optionen in den nächsten fünf oder zehn Jahren ersetzen wird. Aber vielleicht in 30 Jahren.»

BMW bietet auch den nach­träglichen Kauf von ­Fernlichtassistenten sowie den Spurhalte­assistenten an.

Ressourcenverschwendung
Ein Aspekt, der die Kunden abschrecken könnte, ist die potenzielle Ressourcenverschwendung: Damit das Modell überhaupt funktioniert, müssen alle Fahrzeuge mit Vollausstattung produziert werden. Einiges davon wird allerdings während der Lebensdauer des Fahrzeugs wohl gar nie benutzt werden. Philipp Lüchinger von Audi gibt sich trotzdem zuversichtlich: «Ob ein Infotainmentsystem mit oder ohne Smartphone-Schnittstelle gebaut wird, braucht nur unwesentlich mehr Hardware. Funktionen on demand werden nicht die Optionen mit grossem Materialbedarf wie ­eine Anhängerkupplung oder ein Schiebedach, sondern digital orientierte Technologien.» Michael Mansard relativiert dieses Problem ebenfalls: «Wenn man wie derzeit Milliarden Möglichkeiten verwaltet, dann hat dies auch seine ökologischen Auswirkungen. Deshalb bin ich der Meinung, dass ein solches System sich als ressourcenschonend erweisen kann.» Ganz zu schweigen davon, dass die Funktionen auf Wunsch die Lebensdauer des ­Autos verlängern können: «Ich meine, dass eine Option eine längere Lebensdauer aufweisen wird, denn sie kann später durch den zweiten oder dritten Käufer aktiviert werden. Dies verlängert auch die Lebensdauer des Fahrzeugs.»

Wie man sieht, macht das Abomodell durchaus Sinn. Damit es sich aber durchsetzt, müssen die Kunden ebenfalls einen Vorteil darin sehen. «Aus meiner Sicht müssen die Hersteller damit unbedingt einen Mehrwert für den Verbraucher schaffen», warnt Tobias Schlager. «Wenn die Marken lediglich eine Gewinnmaximierung anstreben, dann wird die Akzeptanz schwierig. Aber der Teufel steckt im Detail: Werden die Marken die Konsumenten dazu drängen, Optionen zu abonnieren, die sei eigentlich gar nicht wollen? » Die Frage ist durchaus berechtigt, denn BMW bietet bereits Online-Servicepakete als Abonnement an, deren echter Gegenwert nicht eindeutig zu erkennen ist.

Den Hackern Tür und Tor öffnen?
Mit On-Demand-Funktionen sitzt man in einem potenziell voll ausgestatteten Fahrzeug. Bloss: Die Zusatzausstattungen sind per Software gesperrt. Das ist natürlich ein Anreiz für Hacker, sämtliche Optionen freizuschalten. «Wir sind uns bewusst, dass es kriminelle Versuche geben wird, die Dienstleistungen illegal ohne Entgelt zu aktivieren», heisst es bei BMW.  «Wir haben eine Reihe von Massnahmen ergriffen, die ein solches Vorgehen praktisch unmöglich oder sehr kostspielig machen sollten.» Ganz zu schweigen von den Autos, die ständig mit der Cloud in Verbindung stehen und dadurch Betrüger entlarven können: «Die Verbindung mit dem Server von BMW erlaubt es, festzustellen, ob Softwareprobleme vorliegen oder ob eine Manipulation durchgeführt wurde.» Schliesslich behaupten BMW und Audi unisono, dass sie sich auch «das Recht vorbehalten würden», gegen Betrüger Klage zu erheben.

«Die grösste Schwierigkeit ist die Kundenakzeptanz»

In einer Zeit, in der sich Mobilitätsdienste entwickeln und das Abo den Kauf ersetzt, scheint die Zeit reif für On-Demand-Funk­tionen. Das bedeutet zum Beispiel, dass nach dem Kauf eines Fahrzeugs während einiger Monate eine Funktion hinzugemietet werden kann, beispielsweise Matrix-LED-Scheinwerfer. Tobias Schlager, Assistenzprofessor für Marketing an der Universität Lausanne, arbeitete mit Audi an einem solchen Projekt, das heute auf den Markt kommt. Auch wenn die On-Demand-Funktionen für die Kunden eine Chance bieten können, weil sich der Wiederverkaufswert der Fahrzeuge erhöht, müssen die Hersteller erst das Misstrauen der Kunden überwinden. Tatsächlich ist es schwierig, einem Kunden zu vermitteln, dass sein Auto physisch über eine gewisse Ausstattung verfügt, diese aber durch eine Software gesperrt ist. Ganz zu schweigen vom Risiko horrender Rechnungen, die für die Abonnements anfallen können.

Laut Tobias Schlager sind Abo-Modelle eine Chance, sofern die Kunden nicht das Gefühl haben, dass diese zu ihrem Nachteil sind.

AUTOMOBIL REVUE: Wie sind die Hersteller auf die Idee gekommen, einzelne aufpreispflichtige Optionen im Abo anzubieten?

Tobias Schlager: Das ist auf vier Gründe zurückzuführen. Erstens: die Digitalisierung. Diese bietet den Unternehmen neue Möglichkeiten, Geschäfte zu machen. Dann ist da der Konkurrenzdruck von Tesla, der diese Art von Abonnement für Optionen erstmals angeboten hat. Ein weiterer Grund: Die On-Demand-Funktionen führen zu einer Vereinheitlichung und dadurch Vereinfachung der Produktionslinien. Von nun an können alle Fahrzeuge mit dem Maximum an Optionen ausgestattet werden. Die Herstellung von Fahrzeugen mit personalisierten Optionen stellt für die Hersteller tatsächlich einen der grössten Kostenpunkte dar. Schliesslich ist da noch der Gesamtkontext: Die Menschen sind sich Abonnementssysteme gewohnt. Es gibt zahlreiche Computerprogramme, zum Beispiel Microsoft Office, die nur noch auf diese Weise funktionieren. Dieses Modell sichert den Unternehmen einen regelmässigen Cashflow.

Wer profitiert am stärksten davon? Werden die Kunden nicht dazu gezwungen, jeden Monat für Abonnements zu bezahlen?

Ja, das ist tatsächlich so. Unsere Studien haben gezeigt, dass die Konsumenten mit diesem Angebot zunächst nicht sehr glücklich waren. Sie fühlen sich manipuliert, denn sie haben das Gefühl, über die entsprechende Ausstattung zu verfügen, doch der Zugriff darauf ist an ein Abonnement gebunden. Das ist ein psychologischer Effekt. Allerdings glaube ich auch, dass die Konsumenten, je nach Bedürfnis, auch von On-Demand-Funktionen profitieren können, da diese den Wiederverkaufswert des Fahrzeugs steigern.

Inwiefern?

Heute widerspiegeln Occasionsfahrzeuge die Wahl und die Vorlieben des Erstkäufers. Wenn Funk­tionen später aktiviert werden können, kann ein Gebrauchtwagenkäufer das Auto seinen Wünschen entsprechend personalisieren. Das Occasionsfahrzeug besitzt so einen grösseren Wert. Natürlich hat der Kunde auf der einen Seite regelmässige Ausgaben, aber auf der anderen Seite hat er auch die Möglichkeit, sein Fahrzeug mit der Zeit zu personalisieren. Wenn der Kunde eine Option nur über einen begrenzten Zeitraum benötigt, zahlt er ausserdem weniger, als wenn er beim Kauf den vollen Preis dafür bezahlt hätte.

Besteht nicht das Risiko, dass Kunden horrende monatliche Rechnungen bekommen, weil sie viele Optionen abonniert haben?

Bei einigen Kunden ist das möglich, denn durch die Aufteilung der Kosten geht der Überblick verloren. Wenn sie viele Optionen über einen langen Zeitraum abonnieren, zahlen sie am Ende mehr, als wenn sie die Option einmalig gekauft hätten. Aber dieses Risiko kann durch den besseren Preis, den sie beim Wiederverkauf erzielen, kompensiert werden. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass die Hersteller tiefere Produktionskosten haben, die sie auf den Verkaufspreis der Fahrzeuge übertragen können. Für Kunden, die das Abomodell richtig nutzen, kann es aus wirtschaftlicher Sicht sogar vorteilhaft sein. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass das Auto theoretisch mit dem Kunden wachsen kann. Zum Beispiel kann ein Kunde nach dem Kauf eines Fahrzeugs später noch eine Funktion aktivieren, die ihm zu Beginn verwehrt wurde, da sie nicht in seinem Budget lag.

Glauben Sie wirklich, dass die Hersteller die Einsparungen bei der Produktion an die Kunden weitergeben und die Preise senken werden?

Ja, das glaube ich. In dieser Hinsicht kann die neue Vorgehensweise ein Win-win-Modell sein.

Was ist Ihrer Meinung nach das grösste Problem der On-Demand-Funktionen?

Die Akzeptanz durch die Kunden, vor allem durch diejenigen, die ihr Auto auf klassische Weise erwerben. Gemäss unseren Recherchen sind sich Kunden Abos im digitalen Bereich gewohnt. Aber es wird Jahre dauern, bis ein Käufer die Digitalisierung eines physischen Produkts akzeptiert und bereit ist, ein Abonnement für etwas zu bezahlen, das bereits physisch in seiner Garage steht. Die Marken müssen sorgfältig kommunizieren und die Vorteile dieses Angebots gut erklären.

Ist es nicht eine Verschwendung von Ressourcen, wenn alle Autos mit Zusatzausstattungen produziert werden, die möglicherweise nie genutzt werden?

Das kann sein. Aber ich denke nicht, dass das ein grosses Problem sein wird. Alles hängt vom Typ der Ausstattung ab: Wenn physisches Zubehör installiert werden muss, dann kann das zu Ressourcenverschwendung führen. Allerdings werden sich einige der aktivierbaren Optionen auf einen digitalen Dienst beschränken, wo kein Material benötigt wird. Ausserdem können mit einem vereinfachten Herstellungsprozess Ressourcen eingespart werden. Auf lange Sicht denke ich schliesslich, dass die Lebensdauer einer Option verlängert wird, da sie später von einem zweiten oder dritten Käufer aktiviert werden kann. Dies erhöht ebenfalls die Lebensdauer des Fahrzeugs. Aber alles hängt davon ab, um welche Option es sich handelt. Im Fall von Tesla kann man von Verschwendung sprechen, denn der Hersteller hat in allen Modellen die grössten Batterien verbaut, obwohl bekannt ist, dass die Batterien im Hinblick auf das Ressourcenmanagement problematisch sind.

Glauben Sie, dass das Modell der On-Demand-
Optionen den Kauf von Ausstattungsoptionen schliesslich ersetzt?

Das ist schwierig zu beantworten, denn die Automobilindustrie erlebt eine tiefgreifende Veränderung. Es geht nicht mehr um Fahrzeuge, sondern um Mobilität. So sind die Hersteller nicht mehr bloss Fahrzeugverkäufer, sondern werden zu Mobilitätsdienstleistern. In dieser Hinsicht macht das Abonnementssystem für die Optionen Sinn, denn man kann ein Auto mit genau der gewünschten Ausstattung mieten. Ich glaube allerdings nicht, dass das Abonnementsmodell den Kauf der Optionen in den nächsten fünf oder zehn Jahren ersetzen wird. Aber vielleicht in 30 Jahren.

Denken Sie, dass dies Hacker anlocken wird, die alle Optionen gratis freischalten können?

Audi hat sich eingehend mit diesem Problem auseinandergesetzt. Ich denke, dass es ein Katz-und-Maus-Spiel geben wird. Es wird Hacker geben, aber der Hersteller wird die Sicherheitslücken beheben. Und so geht es immer weiter. Es wird sicherlich Hackversuche geben, aber ich glaube nicht, dass das einen grossen Einfluss haben wird. Audi zum Beispiel war eher zuversichtlich, dass sich die Mehrheit der Konsumenten nicht für so etwas strafbar machen würde.

Wo muss Ihrer Meinung nach die Grenze gezogen werden zwischen Optionen mit und ohne Abonnement?

Ich denke, es existiert keine wirkliche Grenze, solange die Angebote zum Vorteil der Kunden ausgelegt sind. Dem Kunden mehr Sicherheit zu bieten, indem er im Winter gegen eine Gebühr den Allradantrieb aktivieren kann, wäre auch vertretbar. Gesetzlich vorgeschriebene Dinge, wie ein Blinker, werden allerdings nie als Abonnement konfiguriert werden können.

Finden Sie persönliche die On-Demand-Funktionen eine gute Idee?

Selbst wenn ich von der Idee der On-Demand-­Funktionen begeistert scheine, war ich in der Zusammenarbeit mit Audi eine der kritischsten Stimmen, insbesondere weil ich die Meinung vertrat, dass die Kunden womöglich zu viel bezahlen. Die Hersteller müssen dieses Angebot meiner Ansicht nach unbedingt als Mehrwert für den Kunden anbieten. Wenn sie nur daran denken, ihre Gewinne zu maximieren, dann wird es mit der Akzeptanz schwierig werden. Dann ist es nicht nachhaltig. Aber der Teufel steckt im Detail: Werden die Marken die Konsumenten dazu drängen, Optionen zu abonnieren, die sie nicht brauchen? Es ist vergleichbar mit den sozialen Medien: Die Technologie kann richtig oder falsch genutzt werden.

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