Das Cap de Formentor ist das östliche Ende der gleichnamigen Halbinsel auf Mallorca. Die Felsküste wurde von Wind und Wasser bizarr geformt – und war offensichtlich Vorbild für das erste von Cupra selbst entworfene Auto. «Wir starteten auf einem weissen Blatt Papier», erklärte Cupra-CTO Marta Almuni unlängst (s. AR 10/2020).
Zwar wurden die sportlichsten Varianten des Ateca und Leon bereits unter der Marke Cupra vertrieben, so richtig Vollgas geben die Spanier aus Martorell aber erst jetzt. Unkonventionell soll der Auftritt sein, was sich beim Formentor unter anderem an der Gestaltung des Innenraums mit den serienmässigen Schalensitzen zeigt. Die Ambientebeleuchtung erstreckt sich über die gesamte Breite der Armaturentafel. Besonders pfiffig: Die Warnleuchte für den Totwinkelwarner ist in der seitlichen Beleuchtung integriert. Das Sportlenkrad beherbergt prominente Tasten für den Motorstart und die Fahrmodi (Offroad, Comfort, Sport, Cupra), wie wir es bisher im Konzern nur vom Audi R8 kennen. Der grosse Zwölf-Zoll-Bildschirm zeigt das schön strukturierte und intuitive Infotainment an. Allgemein sind sowohl die Materialauswahl wie auch die Verarbeitung hervorragend, beinahe überall wurden weiche Strukturen verwendet – insbesondere wenn man den Preis von 50 000 Franken und die für den Konzern unüblich kurze Optionenliste berücksichtigt. Ausser den 18-Zoll-Brembo-Bremsen (2600 Fr.), der 360-Grad-Panorama-Kamera (700 Fr.) und den Ledersitzen (1400 Fr.) ist nicht mehr viel darauf zu finden.
Der letzte Biss fehlt
Aussen verleiht dem Formentor die lange und stark konturierte Haube einen präsenten Auftritt. Das Spiel der kupferfarbenen Elemente gefällt, noch mehr aber sind es die vielen Ecken und Kanten, beispielsweise über dem hinteren Kotflügel, die für viel Kraft sorgen. Die coupéartige Linienführung setzt das Auto sportlich auf die Strasse, hinten ist es das durchgängige Leuchtband, das wiederum Breite vermittelt. Sämtliche Lufteinlässe sind auch funktional, ebenso die in den Diffusor integrierten vier Endrohre, die einen kernigen, aber nicht übertriebenen Klang erzeugen.
Trotzdem: Das letzte Quäntchen CUP-RAcing – daher der Markenname – steckt im Formentor dann doch nicht. Dafür ist die Spreizung der Fahrmodi zu klein. Ausser, dass der Formentor im Cupra-Modus nochmals (künstlich) lauter wird, passiert wahrlich nicht mehr viel. Was nicht heissen soll, dass der Crossover nicht auch sportlich sein kann – nur extrem wird er eben nie. «Das wissen wir. Allerdings gab es auch Rückmeldungen, dass der Wagen im Cupra-Modus bereits zu hart abgestimmt sei», sagt Marc Geissmann, verantwortlich für den Markenaufbau von Cupra in der Schweiz.
Butterweich hingegen schaltet das Siebengang-DSG, das in der Mittelkonsole vor allem aufgrund von Shift-by-Wire durch den kleinen Stummel auffällt. Ebenfalls aus dem Konzernregal ist der nach wie vor souveräne Zweiliter-TSI. Mit 310 PS, 400 Nm und Allradunterstützung sprintet der Formentor in 4.9 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Einiges in der Pipeline
Die Schweiz ist für Cupra der viertgrösste Markt. «Weltweit haben wir bereits über 55 000 Autos verkauft», sagt Ferran Andreu, Verkaufsleiter Cupra Schweiz. «Hierzulande erwarten wir, dass jeder zweite verkaufte Cupra ein Formentor sein wird.» Wenn auch erst zwei Jahre alt, deckt die Marke mit dem Leon als Sportback und Kombi und dem Ateca als SUV bereits sämtliche wichtigen Segmente ab. Und das Portfolio wird laufend ausgebaut. Umso mehr, als dass der Formentor 2021 mit zwei weiteren Motoren (190 und 245 PS) und als Plug-in-Hybrid (245 PS) kommt – über den grandiosen Fünfzylinder von Audi wird noch verhandelt. Ebenfalls startet nächstes Jahr dann auch der vollelektrische El-Born als (und nur als) Cupra. Marc Geissmann: «Das zeigt die Wichtigkeit und die Akzeptanz von Cupra gegenüber Seat. Früher wurden die sportlichen Cupra-Versionen immer zum Schluss vorgestellt. Heute ist Cupra ein wichtiger und teilweise exklusiver Leuchtturm.»
Die technischen Daten und unsere Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der AUTOMOBIL REVUE.