Der Grat zwischen Notwendigem und Überflüssigem ist oft schmal. Bei der Autoversicherung bedeutet dies, dass man schnell überversichert ist, wenn man seinen Versicherungsschutz nicht regelmässig überprüft. Zum Beispiel werden bestimmte Deckungen mit zunehmendem Fahrzeugalter unnötig. Oder man versichert sich doppelt oder lässt sich von einem Broker, der auf Provisionsbasis arbeitet, zum Abschluss einer Versicherung drängen.
Laut Experten könnten 80 Prozent der Schweizer durch eine regelmässige Prüfung ihrer Deckung bei der Versicherungsprämie Geld sparen. Für die Hälfte der Schweizer beträgt das Sparpotenzial gemäss Patrick Ducret, CEO des Online-Vergleichsdienstes Bonus.ch, mehrere Hundert Franken pro Jahr: «Die potenzielle Ersparnisspanne für jeden Schweizer liegt meinen Schätzungen zufolge zwischen 300 und 500 Franken pro Jahr.» Ausser bei einem Fahrzeugwechsel wechseln allerdings weniger als zehn Prozent der Schweizer pro Jahr den Versicherer. «Die hohe Kaufkraft in unserem Land veranlasst einige dazu, diese kleinen Einsparungen zu vernachlässigen, obwohl sie sich im eigenen Portemonnaie direkt niederschlügen», bedauert Ducret. Würde man nur schon die doppelten Versicherungen eliminieren, könnte man sich nach zehn Jahren schöne Ferien oder eine Anzahlung für ein neues Auto leisten. Um gut versichert zu sein, braucht man allerdings Zeit, sich eingehend mit dem eigenen Versicherungsschutz auseinanderzusetzen. Hier ein paar Tipps für mehr Effizienz.
Regelmässig überprüfen
Ein Fahrzeug erfordert über seinen Lebenszyklus hinweg nicht immer die gleichen Versicherungen. Laut Patrick Ducret sollte man sich als Erstes fragen, was man versichern will: «Dies muss am Anfang der Überlegung stehen.» Wenn das Auto noch neu und schön ist, muss man es bestmöglich versichern. Sobald der Restwert abnimmt, nützt es nichts, hohe Versicherungsprämien zu bezahlen. Die erstattete Summe bei einem Totalschaden des Fahrzeugs infolge eines Unfalls wäre oft kaum höher als die Prämie selbst. Daher ist es besser, den Versicherungsschutz zu reduzieren und dieses Geld für ein neues Auto zur Seite zu legen. Patrick Ducret rät, die Versicherungsbedürfnisse alle zwei oder drei Jahre zu überprüfen. So kann man beispielsweise den Selbstbehalt anpassen, die Parkschadenversicherung aufheben oder die jährliche Fahrleistung ändern, wenn man wenig fährt.
Vollkasko nur bis sieben Jahre
Mit der Zeit wird die Vollkaskoversicherung überflüssig. Die Vollkaskoversicherung, die Schäden am eigenen Fahrzeug deckt, auch bei selbstverschuldeten Unfällen, verliert mit dem Wertverlust zunehmend an Bedeutung. Experten legen die Höchstgrenze auf sieben Jahre fest. Ab dann bietet die Versicherung keinen Aufschlag mehr zum Verkehrswert des Fahrzeugs. Der Versicherer erstattet bei einem Totalschaden also bloss noch den Realwert des Fahrzeugs. Je nach Auto ist es sinnvoll, die Vollkaskoversicherung schon früher aufzuheben. «Sobald ein Auto älter ist als vier Jahre, kann man sich einen Wechsel von einer Voll- auf eine Teilkaskoversicherung überlegen», erklärt Andrea Auer, Mobilitätsexpertin bei Comparis. Jedoch spielen auch immer der Neuwert und die eigenen Bedürfnisse eine Rolle: «Je teurer das Fahrzeug, desto länger kann sich eine Vollkasko-
deckung lohnen.» Jeder Versicherer legt seinen eigenen Massstab für die Rückerstattung eines totgeschriebenen Autos fest. Laut einer von Comparis durchgeführten Studie können die ausbezahlten Versicherungssummen für einen sechsjährigen BMW X5 um 10 000 Franken variieren.
Verträge mit einem Jahr Maximaldauer
Bevor man einen neuen Vertrag für eine Autoversicherung unterzeichnet, sollte auf dessen Laufzeit geachtet werden. Die meisten Versicherer legen diese standardmässig auf fünf Jahre fest. Damit die Versicherung jederzeit frei gewechselt werden kann, sollte nach einer Vertragsdauer von maximal einem Jahr gefragt werden. Es ist allerdings möglich, dass einige Versicherer bei einer Vertragsdauer von fünf Jahren Rabatte gewähren. In diesem Fall sollte eine Klausel verlangt werden, mit welcher der Vertrag jährlich gekündigt werden kann.
Vojislav Mijic, Leiter Versicherungsmanagement Westschweiz des VZ Versicherungszentrums, weist noch auf ein Detail hin, das nur wenige kennen: «Wenn einem Kunden die Prämienerhöhung infolge eines Schadens im darauffolgenden Jahr zu hoch erscheint, hat er das Recht, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen nach der Auszahlung zu kündigen.»
Unbedingt vergleichen!
Die Experten von Comparis, Bonus.ch und VZ sind sich einig: Um die Versicherungsprämie zu senken, braucht es einen Konkurrenzkampf. Mithilfe von Webseiten wie Comparis.ch oder Bonus.ch lassen sich Prämien mit wenigen Klicks vergleichen: So kann man dem Broker seines Vertrauens ein vergleichbares Angebot der Konkurrenz unterbreiten und ihn um ein entsprechendes Angebot bitten. Ist der angebotene Rabatt nicht zufriedenstellend, kann jederzeit von einem anderen Broker oder Versicherer eine Offerte eingeholt werden.
Das Auftauchen von Online-Versicherern hat einen starken Preisdruck erzeugt. Laut einer Studie von Comparis sanken die Prämien seit 2017 um 16.9 Prozent (s. Seite 18). Patrick Ducret bestätigt diese Dynamik, welche die Direktversicherer geschaffen haben: «Vorher dauerte es fünf Jahre, bis eine Versicherungsgesellschaft ihre Tarife neu kalkulierte und sich an die Konkurrenz anpasste. Jetzt variieren die Preise von Monat zu Monat, ja sogar von Woche zu Woche.»
Jagd auf doppelte Versicherungen
Doppelte oder gar dreifache Deckungen sind die Hauptursachen dafür, dass in der Schweiz zu hohe Prämien bezahlt werden. VZ schätzt, dass 80 Prozent der Schweizer über doppelte Versicherungen verfügen. Eine der häufigsten und teuersten Doppelungen ist die Insassenversicherung, die alleine schon 50 bis 100 Franken pro Jahr ausmacht. «Diese Leistung doppelt sich mit der Unfallversicherung des Arbeitgebers oder der Krankenversicherung», erklärt Vojislav Mijic. «Wir empfehlen diese Deckung nur, wenn der Kunde Familie ausserhalb der Europäischen Union hat, die ihn regelmässig in der Schweiz besucht.» Ein weiterer überflüssiger Posten ist die Versicherung für mitgeführte Sachen: Die Hausratversicherung deckt einfache Diebstähle auswärts von 2000 bis 5000 Franken bereits ab. Diesen Punkt aus dem Fahrzeugversicherungsvertrag zu streichen, bedeutet eine Ersparnis von 40 bis 60 Franken pro Jahr. Schliesslich gibt es noch eine Versicherung, die oft doppelt und dreifach vorhanden ist: die Pannenhilfe. Viele Schweizer sind Mitglied des TCS, der bereits eine Pannenhilfe anbietet. Einige Schweizer profitieren darüber hinaus von einem Pannenservice ihres Fahrzeugherstellers, der diese Leistung für Neuwagen anbietet. Verzichtet man in seinem Versicherungsvertrag auf die Pannenhilfe, reduziert sich die Prämie um 100 Franken pro Jahr. Alle Doppelungen zusammen ergeben jährlich eine Summe von 200 Franken. Mindestens!
Bei kleinen Schäden kalkulieren
Bei einem kleinen Unfall sollte die erste Reaktion nicht sein, die Versicherung anzurufen, sondern zu rechnen. Denn die Schadenkosten können tiefer sein als der Selbstbehalt, aber vor allem können sie tiefer sein als die anschliessende Prämienerhöhung infolge des Schadens. Tatsächlich führt ein von der Versicherung gedeckter Schaden – sofern Sie keinen Bonusschutz haben – im Folgejahr zu einer Prämienerhöhung. Danach dauert es vier Jahre, bis wieder das vorherige Bonusniveau erreicht ist. Über die Jahre bezahlt der Kunde so womöglich mehr Geld, als wenn der Schaden aus der eigenen Tasche berappt worden wäre. Gemäss Patrick Ducret bringt es nichts, der Versicherung einen Schaden von weniger als 1000 Franken zu melden.
Unerlässliche Deckungen
Neben doppelten und unnötigen Versicherungen gibt es auf der anderen Seite auch solche, auf die man laut Experten nicht verzichten sollte. Der Bonusschutz wird einstimmig empfohlen. «Er macht 20 bis 50 Franken aus und kann eine Prämienerhöhung von mehreren Hundert Franken infolge eines Schadens verhindern», erläutert Vojislav Mijic von VZ. Ein weiteres Muss: die Schadendeckung bei Grobfahrlässigkeit. Wählt man diese Option, so verzichtet die Versicherung darauf, den Kunden in Regress zu nehmen, wenn dieser grobfahrlässig einen Unfall verursacht hat – wie zum Beispiel beim Überfahren eines Rotlichts. «Die Summen in solchen Fällen sind enorm, zum Beispiel wenn Schadenersatz an eine verletzte Person zu leisten ist», sagt Vojislav Mijic, «deshalb ist ein Grobfahrlässigkeitsschutz für mich unerlässlich.» Wichtiger Hinweis: In sehr schwerwiegenden Fällen wie bei einem Unfall infolge Fahrens in angetrunkenem Zustand ist die Versicherung rechtlich verpflichtet, Regress zu nehmen, selbst wenn der Kunde gegen Grobfahrlässigkeit versichert ist (s. Box rechts).
Leasing-Ende und Fahrtrainings angeben
Auch ein Ablauf des Leasingvertrags sollte umgehend der Versicherung gemeldet werden, betont Vojislav Mijic: «Die Versicherung eines Leasingfahrzeugs kostet ungefähr zehn Prozent mehr, da der Versicherer davon ausgeht, dass einem Fahrzeug, das nicht einem selber gehört, weniger Sorge getragen wird. Endet der Vertrag, muss dies dem Versicherer zwingend mitgeteilt werden, um den Rabatt zu erhalten.» Freiwillige Fahrsicherheitstrainings, wie sie zum Beispiel vom TCS angeboten werden, sind eine weitere Möglichkeit, eine Prämienreduktion (von bis zu zehn Prozent) zu erhalten: Dafür reicht es aus, die Kursbestätigung an den Versicherer zu schicken.
Alternative Modelle berücksichtigen
Crash-Recorder, Drive-Recorder, Fahrcoach – Versicherer bieten immer mehr Versicherungsmodelle an, die auf im Fahrzeug installierten Blackboxes basieren, die die Anzahl Kilometer und den Fahrstil aufzeichnen. Einige Unternehmen wie Smile Direct und Kasko2go verzichten auf die Blackbox und verwenden eine Smartphone-App. Laut Patrick Ducret ist es so für die guten Fahrer möglich, ihre Prämie im Vergleich zu einem herkömmlichen Angebot zu halbieren. Andererseits kann sie mehr als doppelt so viel kosten für alle, die viel und waghalsig fahren. Ein Modell, das vor allem für junge Fahrer gedacht ist, die im Allgemeinen am stärksten von hohen Prämien betroffen sind. Und für alle, die nicht zu empfindlich sind, wenn es um den Schutz der Privatsphäre geht.
Die Online-Angebote sorgen für Preisdruck
Stark sinkende Preise der Automobil-Versicherungsprämien!» Solche Schlagzeilen würde man gerne öfter lesen. So lautet das Fazit des Online-Vergleichsdienstes Comparis nach einer Erhebung im vergangenen August. Noch nie bewegten sich die Prämien auf so niedrigem Niveau wie heute: die Studie ermittelt einen Rückgang von 8.4 Prozent seit 2019 und sogar um 16.9 Prozent seit 2017.
«Der Einstieg von Direktversicherer (wie Smile Direct, Dextra, Kasko2go usw. – Red.) hat die Prämien in den letzten Jahren ins Rollen gebracht», erläutert Andrea Auer, Mobilitätsexpertin von Comparis. «So sahen sich traditionelle Versicherer gezwungen, vermehrt günstige Onlineangebote zu lancieren.» Beim grossen Konkurrenten von Comparis, Bonus.ch, kommt man zu einer ähnlichen Schlussfolgerung: «Während der letzten vier Jahre gab es zwei Wellen mit jeweils zehn Prozent Senkung», erklärt Patrick Ducret, Geschäftsleiter von Bonus.ch. «Früher gab es eine Tarifanpassung alle zwei bis drei Jahre, heute kann dies innerhalb von zwei bis drei Monaten geschehen. Die Digitalisierung hat dem Markt eine ganz neue Dynamik verliehen.»
Solche Schwankungen können aber auch bedeuten, dass die Versicherungsprämien im darauffolgenden Jahr wieder steigen. Patrick Ducret ist sich sicher: «Die Dinge sind ständig in Bewegung. Eine Versicherung, die heute beispielsweise gute Prämien für junge Fahrer hat, kann wegen einer anderen Schadenshäufigkeit im Jahr danach wieder teurer sein. Es ist unmöglich geworden, zu sagen, wer die drei günstigsten Versicherer auf dem Markt sind.»
Kein Rabatt, wenn er nicht verlangt wird
Dieser Online-Preiskrieg hatte natürlich Auswirkungen für die traditionellen Versicherer, die ebenfalls konkurrenzfähige Angebote online machen mussten. «Wer jedoch nicht von sich aus aktiv wird, profitiert nicht vom Prämienrückgang», so das Fazit von Andrea Auer. «Wer bei der Autoversicherung sparen will, muss neue Angebote vergleichen und zu einem anderen Anbieter wechseln oder bei der eigenen Versicherung eine Vertragsmutation vornehmen.» Patrick Ducret rät ebenfalls, dem Makler seines Vertrauens die Mög-
lichkeit zu geben, mit den Online-Angeboten gleichzuziehen: «Wenn ein Verbraucher lieber über einen Makler geht, dann rate ich ihm, das mit diesem zu besprechen und ein Angebot einzuholen. Danach kann man dem Makler ein Online-Angebot vorlegen. In den meisten Fällen kann dann der Makler, mit der Zustimmung seiner Vorgesetzten, einen zusätzlichen Rabatt einräumen.» Dieses ständige Unterbieten dürfte allerdings bald abnehmen und die Prämien dürften einen Tiefststand erreichen, so die Experten. «Der Prämienrückgang wird sich fortsetzen. Er wird jedoch geringer ausfallen als in den vergangen Jahren», prognostiziert Andrea Auer, «das Einsparungspotenzial durch den Einsatz digitaler Technologien ist nicht grenzenlos. Versicherer müssen deshalb Produkte entwickeln, die individuelle Bedürfnisse stärker abbilden.» Die Expertin meint damit auch die Formel «Pay as you drive», wie man sie schon in den USA und in Deutschland kennt. Dabei errechnet sich die individuelle Prämie nach der Anzahl zurückgelegter Kilometer anhand des Smartphones oder eines Fahrtenschreibers. Laut einer Umfrage von Bonus.ch im Juli dieses Jahres befürworten 65 Prozent der Schweizer eine entsprechende Lösung. Manche bezweifeln allerdings die Erfolgsaussichten eines solchen Angebots mit einem Schnüffler im Auto: «Crash-Recorder und Drive-Recorder gibt es seit einigen Jahren. Sie sind aber noch eine Ausnahme», erklärt Vojislav Mijic, Experte bei VZ, «ich glaube, dass die Personen am Steuer keine totale Überwachung wollen.»
Sogar die Farbe des Autos beeinflusst die Prämie
Alter des Fahrers, Geschlecht, Wohnort, Kilometerfahrleistung, Fahrzeugwert: Das sind die bekannten Parameter für die Berechnung der Versicherungsprämie fürs Auto. Einige andere haben aber auch einen grossen Einfluss, wie zum Beispiel die Staatsangehörigkeit: Laut einer Umfrage von Bonus.ch im Jahr 2020 zahlt ein 30-jähriger serbischer Fahrer bis zu 836 Prozent mehr für eine Haftpflichtversicherung (3001 statt 320 Fr.). Auch überraschende Parameter haben einen Einfluss auf die Prämie, so zum Beispiel die Autofarbe. Patrick Ducret, Geschäftsführer der Vergleichsplattform Bonus.ch, enthüllt uns solche Aspekte und äussert sich zur Zukunft der Autoversicherungen.
Automobil Revue: Welche Parameter beeinflussen die Prämienberechnung am stärksten?
Patrick Ducret: Nach unseren Erhebungen wissen wir, dass die Nationalität eine wesentliche Rolle bei der Prämienberechnung spielt. Ausserdem ist es leicht verständlich, dass ein junger Autofahrer für den Versicherer ein höheres Risiko darstellt. Stammt er dann noch aus dem Kosovo, dann ist seine Prämie im Vergleich zu einem Schweizer sehr viel höher. Dann gibt es noch eine Reihe subtiler Elemente, die die Berechnung bis auf den Rappen genau beeinflussen. Die Farbe des Autos gehört überraschenderweise auch dazu. Eine rote Farbe verbindet man eher mit sportlicher Fahrweise, die Prämie kostet einige Rappen mehr als die für ein graues Auto. Der Versicherer hat solche Schemata, die er mit der Realität abgleicht, und kalkuliert die Prämien so knapp wie möglich.
Worauf muss beim Abschluss eines neuen Auto-Versicherungsvertrags geachtet werden?
Die vom Versicherer angebotenen Pakete können eine Falle sein. So wird der Versicherer ein Basic-, Medium- oder Large-Paket anbieten: Dadurch werden manchmal Elemente hinzugefügt, die man als Versicherungsnehmer nicht unbedingt braucht. Idealerweise möchte man eine Abdeckung, die zwischen zwei Paketen liegt, die es aber so im Angebot nicht gibt. Dann wählt man sicherheitshalber das Paket darüber inklusive der Elemente, die man nicht unbedingt will. Man sollte immer das definitive Angebot genau prüfen, damit es wirklich dem persönlichen Bedarf entspricht. Ein anderer prüfenswerter Aspekt ist der unterschiedliche Selbstbehalt, der ein weiteres Hindernis für einen direkten Vergleich darstellen kann: Manchmal liegt dieser bei 200 Franken, manchmal bei 500 Franken. Dasselbe gilt für die Versicherungsdeckung im Schadensfall. Eigentlich müsste man diese auch vergleichen, aber ich bezweifle, dass das viele machen.
Geht insgesamt die Tendenz immer mehr in Richtung individualisierte Versicherung wie Pay as you drive?
Einige Anbieter wie Kasko2go oder Dextra kommen mit solchen Angeboten auf den Schweizer Markt. Die Idee dabei ist, dass man seine Prämie je nach Kilometerleistung und Fahrstil bezahlt, das funktioniert über eine App im Smartphone. Dadurch kann sich die Prämie bis zu verdoppeln. Laut unserer Umfrage befürworten die Schweizer solche Angebote sehr. Dafür gibt es bisher nur wenige Anbieter, aber alle Versicherungen werden mit solchen Produkten nachziehen. Wenn man weniger als 10 000 Kilometer pro Jahr fährt, kann dies eine gute Option sein. Es wird auch ein Modell kommen, bei dem der Versicherungsschutz aktiviert wird, wenn man am Lenkrad Platz nimmt, und beim Abstellen des Autos auf dem Parkplatz wieder unterbrochen wird.
Kannibalisieren die Versicherer mit billigen Online-Angeboten nicht ihre Offline-Produkte – und damit einen wichtigen Teil ihres Geschäfts?
Nein, denn die tieferen Preise kommen von der besseren Effizienz bei Online-Versicherungen, da weniger Personal für administrative Aufgaben erforderlich ist. Wenn ein Verbraucher lieber über seinen Makler geht, dann empfehle ich, mit diesem zu diskutieren, sich ein Angebot machen zu lassen und danach mit einem Online-Angebot wieder zu kommen. In den meisten Fällen kann der Makler mit der Zustimmung seiner Vorgesetzten einen weiteren Rabatt einräumen.
Der Graubereich der Grobfahrlässigkeit
Die Schadendeckung bei Grobfahrlässigkeit gehört zu den empfohlenen Versicherungsleistungen. Konkret bedeutet dies, dass der Versicherer darauf verzichtet, den Versicherten in Regress zu nehmen, wenn dieser der Grobfahrlässigkeit schuldig gesprochen wird und einem Dritten einen materiellen oder körperlichen Schaden zugefügt hat. Ist diese Deckung nicht vorhanden, kann der Versicherer die Leistung des Kunden entsprechend der Schwere des Verstosses kürzen und diese Summe beim Versicherten einfordern. Es handelt sich dabei oftmals um fünfstellige Summen. Der Versicherte muss dann vor Gericht, um dies anzufechten. Hier wird es komplizierter, denn streng genommen existiert keine Liste mit grobfahrlässigen Verstössen. «Als Grobfahrlässigkeit werden alle Fälle betrachtet, in denen die Person objektiv gesehen unvorsichtig war», erklärt Fanny Roulet, Anwältin für Strassenverkehrsrecht, «es ist alles und doch nichts!» Ein gängiges Beispiel ist das Überfahren eines Rotlichts, doch die Genfer Anwältin führt noch weitere auf: «Ein Autofahrer, der mit 30 km/h in einer Zone mit erhöhtem Fussgängerverkehr fährt, ein Motorradfahrer, der infolge einer Notbremsung auf nasser Fahrbahn stürzt und dessen Motorrad mit einem Fussgänger zusammenstösst, oder ein Autofahrer, der vom Sonnenlicht geblendet wird, aber seine Geschwindigkeit innerorts nicht reduziert.» Das Massnahmenpaket Via sicura verpflichtet die Versicherungsunternehmen sogar, den Fahrer in Regress zu nehmen, wenn sich dieser in angetrunkenem Zustand befand, fahrunfähig war oder ein Raserdelikt begangen hat. Allerdings soll diese Bestimmung nach der aktuellen Gesetzesrevision aufgehoben werden.