Doch, doch, man sieht es schon, dass die dritte Generation des Fiat 500 grösser geworden ist, auch wenn der (weiterhin und seit 2008 fast unverändert angebotene) Vorgänger nicht direkt daneben steht. Vor allem auf der Hüfte hat sie zugelegt, 5.6 Zentimeter, um genau zu sein, und damit verliert sie ein wenig von ihrem bislang doch kindlichen Auftreten. Aber der stattlichere Auftritt mit auch sechs Zentimetern mehr Länge passt in eine Zeit, in der alles ernster wird – gerade die E-Automobile müssen seriös wirken, das Thema ist allerorten so wichtig und gross. Mit seinen jetzt 3.63 Metern Länge, einer Breite von 1.68 Metern und 1.53 Metern Höhe verbleibt der Fiat 500e aber im A-Segment. Und ist, nicht nur unter den Kleinwagen, das derzeit einzige rein elektrische Cabriolet. Und auf jeden Fall das einzige Automobil, das sich auf der Strasse im Langsamverkehr mit der Titelmelodie aus einem Fellini-Film ankündigt.
E geht auch fröhlich
Die kugelige Silhouette bleibt in der dritten Generation erhalten (obwohl nur gerade vier Prozent der Teile des bisherigen Modells verwendet werden). Und auch wenn der 500e rundum deutlich moderner wirkt, in der Harmonie der Linien sogar eleganter, in manchen Details (noch) hübscher als sein Vorgänger, so bleibt er doch fröhlicher als all seine Konkurrenten. Das war bisher schon sein Erfolgsrezept (immerhin ist er seit einer Ewigkeit nicht nur in der Schweiz der mit Abstand meistverkaufte Kleinwagen), das darf auch in Zukunft so bleiben: Die Italiener haben einfach das feinste Händchen in Sachen Lifestyle. Das gilt auch für das Innenleben, das eine ausgewogene Mischung zwischen Digital und Retro darstellt, es gibt selbstverständlich einen grossen Touchscreen, aber es gibt auch noch Knöpfe und Schalter (erstaunlicherweise sogar für die Schaltung), die Bedienung erfolgt sehr intuitiv – und das Auge freut sich. Selbstverständlich surfen auch die Italiener auf dem Zeitgeist, es gibt Sitzbezüge, die aus aus dem Meer gefischten Plastikflaschen hergestellt werden, doch irgendwie wirkt das entspannter, natürlicher als anderswo. Und 42 Millimeter mehr Innenbreite gibt es auch noch. Unschön sind allerdings die Hartplastik-Verschalungen der Innentüren, das hätte man unbedingt mit mehr Stil lösen müssen.
Zu diesem optisch so stimmungsvollen Paket passt auch der Antrieb. Die 42-kWh-Batterie ist nicht übermässig gross, die Systemleistung ist mit 87 kW und einem maximalen Drehmoment von 220 Nm auch nicht jenseits von Gut und Böse – und dafür hält sich das Gewicht mit ab 1290 Kilogramm auch in einem vernünftigen Rahmen. Und das spürt man beim Fahren sehr direkt, der Kleine macht Spass. Nicht bloss, dass er in 3.1 Sekunden auf 50 km/h schiesst – er wirkt sehr agil und wendig, sitzt trotzdem satt auf der Strasse, die Lenkung ist präziser als in anderen Fiat. Im Stadtverkehr (und dafür ist so ein 500e ja gedacht) bewegt man sich fast wie ein Motorrad, man erspäht die Lücke, die Leistung kommt sofort – und schon hat man die halbe Kolonne hinter sich gelassen. Wir bewegten den Italiener einmal quer durch Turin (I) und zurück, staunten auf den teilweise üblen Strassen über das Fahrwerk, das sehr komfortabel ausgelegt ist und noch so vieles wegsteckt, trotzdem kaum Seitenneigung in den Kurven zeigt – und waren mit Sicherheit flotter als alle AMG-, M- und RS-SUV. Der Fiat hat nicht ganz diesen brutalen längsdynamischen Schub, den andere E-Autos bieten können, aber das ist ja (in der Stadt) ohnehin unnötig. Vernunft liegt nie falsch.
Gebaut im Premiumwerk
Dafür soll er gemäss WLTP mit 13.8 kWh Strom auf 100 Kilometern auskommen, die Reichweite beträgt gemäss Werk trotz verhältnismässig kleiner Batterie dann 320 Kilometer (in der Stadt sollen es dank Rekuperation bis zu 458 Kilometer werden). Laden lässt sich der Italiener übrigens mit bis zu 85 kW, das ergibt dann für die Dauer eines Espresso an der Bar zusätzliche 50 Kilometer, in 35 Minuten ist die Batterie zu 80 Prozent geladen. Fiat verspricht, sich ab sofort am Auf- und Ausbau einer umfassenden Ladeinfrastruktur zu beteiligen (zumindest in Italien, wo auch noch reichlich Nachholbedarf besteht). An der Haushaltsteckdose dauert es über 15 Stunden, bis der Kleine wieder über seine volle Reichweite verfügt.
Gebaut wird der Fiat 500e mitten in Turin, im legendären Mirafiori-Werk. Dort hat FCA für den Maserati Levante eine neue Produktionsstrasse für Fahrzeuge mit Premiumanspruch eingerichtet, auch der elektrische Fiat wird dort produziert, mit noch erstaunlich viel Handarbeit. 205 Zulieferer sind engagiert, der wichtigste ist sicher Samsung, der die (in Ungarn hergestellte) Batterie anliefert. 290 Kilogramm schwer ist das Teil, das im Unterboden montiert wird, dazu kommen der Elektromotor (der über ein Eingang-Getriebe die Vorderräder antreibt) und die Steuerungseinheiten, die den Motorraum ausfüllen, der Kofferraum hinten fasst mit 185 Litern etwas mehr als bei den konventionell angetriebenen Vorgängern. Die Kapazitäten liegen in Mirafiori derzeit bei 80 000 Exemplaren pro Jahr, das ist weniger als die Hälfte der derzeit üblichen 500er-Verkäufe (2019: rund 190 000 Stück, zu einem im Schnitt 20 Prozent höheren Verkaufspreis als alle anderen Kleinwagen).
Erst der Anfang
Das mit einem Preis von 39 900 Franken nicht gerade günstige erste Modell La Prima ist als Cabriolet bereits ausverkauft, ausgeliefert wird bereits ab Mitte Oktober. Deshalb wird jetzt die geschlossene Version nachgereicht, für 3000 Franken weniger. Und dann ebenfalls mit allem ausgerüstet, was es heute an Assistenzsystemen (autonomes Fahren auf Level 2), Infotainment-Features und Connectivity-Gadgets auf dem Markt so gibt, erstmals bei Fiat mit einer 360-Grad-Kamera.
Zwar hält sich Fiat noch bedeckt über die weiteren Pläne mit dem 500e, doch es darf als sicher gelten, dass auf jeden Fall günstigere Varianten auch mit kleinerer Batterie folgen werden (Modelle mit Verbrennungsmotor allerdings nicht); ebenfalls sicher ist neben dem Cabrio und dem Coupé eine dritte Karrosserievariante des 500e (wird am 5. Oktober vorgestellt – und nein, ein Viertürer ist es nicht). Auch sagen die Verantwortlichen (ganz leise), dass man bei Fiat keinen Sinn darin sehe, grössere E-Autos mit schwereren Batterien zu entwickeln.
Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.
Hoffentlich gibt es bald eine Giardinetta (Kombi). Die wäre ein Renner