Weiter wie gehabt

DEZENT Für das Modelljahr 2020 merzt Alfa Romeo einige der Schwächen des Stelvio aus, aber nicht alle. Der Fahrspass bleibt unangetastet.

Die Verantwortlichen im FCA-Konzern lassen sich nicht hetzen. Während die Konkurrenz ihren Modellen alle vier Jahre ein gründliches Facelifting angedeihen lässt, findet man bei den 2016 lancierten Alfa Romeo Giulia und Stelvio dieses Jahr nur gerade eine Auffrischung. Wir wollen damit aber nicht sagen, dass der Stelvio mit Jahrgang 2020 nur die leichten jährlichen Retuschen verpasst bekommt – die Ingenieure nahmen ihre Aufgabe ernst. Nur am Erscheinungsbild ändert sich nichts, wenn man von zwei neuen Lackfarben absieht. ­Eine davon ist das hier gezeigte Blu Anodizzato.

Die Verbesserungen sind im Innenraum sofort ersichtlich. Alfa Romeo hat sich die Kritik am Vorgänger zu Herzen genommen. Die Verarbeitung ist viel sorgfältiger, die Mittelkonsole wurde neu gestaltet und die Materialien sind von besserer Qualität. Der Wählhebel ist jetzt mit Kunstleder bezogen, die Handyablage wurde mit Induktionsladung versehen und der Drehschalter für das Infotainmentsystem wirkt solider als bisher. Letzterer wird aber wohl kaum zum Einsatz kommen, denn der Stelvio MY 2020 wird auch mit einem Touchscreen aufgerüstet. Damit macht die bereits sehr gute Ergonomie des Alfa noch einen Schritt vorwärts.

Bestnoten verpasst der Wagen nur, weil die Bildschirmgrösse (8.8 Zoll) und die etwas träge Reaktion des Systems noch nicht mit den besten Kontrahenten gleichziehen. Elektronikfans, die ein volldigitales Cockpit wollen, werden beim Stelvio nicht fündig, die Informationen im Armaturenbrett werden über die bewährten Analog-Rund­instrumente angezeigt. Reine Geschmackssache, denn an der Lesbarkeit ist nichts auszusetzen.

Die Mittelkonsole wurde völlig neu gestaltet, die Materialien sind jetzt von höherer Qualität. Der Bildschirm des Infotainments wurde benutzerfreundlicher und ist jetzt ein Touchscreen.

Diskrete Fahrerhilfen
Der Stelvio erfährt auch eine Anreicherung an den unumgänglichen Fahrhilfesystemen. Neu ist ein diskreter Spurhalteassistent, der erst aktiviert wird, wenn der Wagen die Markierung leicht berührt. Das System ist damit weniger ausgeklügelt als bei manchen Mitbewerbern, die das Fahrzeug konstant in der Spurmitte halten. Andere Vorrichtungen glänzen gar durch Abwesenheit, wie etwa Head-up-Display oder Sitzlüftung. Aber dieses Vorgehen passt bestens zur Philosophie von Alfa Romeo, denn der Stelvio bleibt eine Fahr­maschine.

Der fahraktive Charakter zeigt sich vor allem an der Abstimmung der Lenkung. Sie ist mit 21/4 Umdrehungen sehr direkt ausgelegt, was im Stadtverkehr nicht immer willkommen ist, zumal in Kombination mit einem eher unhandlichen Wendekreis von 11.8 Metern. Aber das italienische SUV ist ja auch kein Stadtauto, es punktet umso mehr auf kurvigen Strecken. Dort machen die schnellen Reaktionen Sinn, die Vorderräder lassen sich millimetergenau dirigieren. Die selbst im Soft-Modus straffe Fahrwerksabstimmung spielt perfekt mit. Der Stelvio lenkt mit ungeahnter Willigkeit ein und erlaubt Kurvengeschwindigkeiten, die man dieser Art Auto nicht zumutet. Der kräftige Zweiliter-Turbo verhilft dem Stelvio beim Herausbeschleunigen aus dem Scheitelpunkt dank seiner 280 PS und 400 Nm zu fulminantem Temperament in allen Drehzahlbereichen. Schade, dass der Vierzylinder seit der Umstellung auf Euro 6d nicht mehr gleich leichtfüssig hochdreht. Bei unseren Messungen konnten wir die Werksangabe von 5.7 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h nicht bestätigen und erreichten nur einen Wert von 6.8 Sekunden. Unsere Verbrauchsmessungen auf der Normrunde zeigten hingegen mit 6.9 statt 8.1 Litern pro 100 Kilometer eine markante Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. 

FAZIT
Mit der Auffrischung hat der Alfa Romeo Stelvio punkto Technologien zur Konkurrenz aufgeholt, erreicht aber noch nicht Top-Niveau. Auffällig ist unter anderem das Fehlen von Sitzlüftung und eines Head-up-Displays. Das italienische SUV wird nicht die erste Wahl der Hightech-Liebhaber sein, diese werden bei den deutschen Marken besser bedient. Aber für Fahrernaturen bleibt der Stelvio ganz oben auf der Liste. Sein feuriges Temperament gehört zum Besten in dieser Klasse. Leider nähert sich das SUV der Traditionsmarke seinen Kontrahenten auch beim Preis: Unser Stelvio Veloce Testwagen war mit Fr. 82    500.– angeschrieben. Früher war der Italiener ein Schnäppchen, heute kann man ihn noch als konkurrenzfähig einstufen. 

Die technischen Daten und die AR-Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.

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