Zur dieser Sorte gehört die Triumph Bonneville T100. Wir durften den Retro-Klassiker der englischen Marke auch dank Moto91 in Höri ZH ausgiebig testen und haben eines bereits auf den ersten Metern verstanden: Mit diesem Bike jagt man ganz sicher keine Kurven. Wenn man einmal auf der Bonnie sitzt, ist die Spitzengeschwindigkeit etwas vom Letzten, woran man denkt. Und nach ein paar Kilometern wird klar, warum sie keine Autobahn-vignette braucht. Die Triumph Bonneville T100, deren Design stark an die legendäre 1959er-Bonneville angelehnt ist, möchte nicht schnell sein. Sie möchte vielmehr geniessen. Sie bringt einen dazu, die weiten Landstrassen mit langgezogenen Kurven zu suchen. Mit gemütlichen 80 km/h sanft in die Kurve zu liegen und währenddessen dem Brummen des kräftigen Zweizylindermotors zuzuhören. Beim Halt im nächsten Kaff sind die beeindruckten Blicke der vorbeigehenden Passanten garantiert, und irgendwann gewöhnt man sich auch daran, mehrmals täglich von Neuem zu erklären, was das für ein Motorrad sei. Oder man lässt die Schaulustigen auch einfach die zahlreichen Designelemente der Bonneville bestaunen, von denen es nebst der Motorradabdeckung aus gebürstetem Aluminium, den beiden verchromten Doppelschalldämpfern und den traditionellen Triumph-Emblemen noch so einige zu entdecken gibt.
Ohne Schnickschnack
Technisch hat Triumph das Rad nicht neu erfunden, und wer sich von Griffheizung, Assistenzsystemen, digitaler Geschwindigkeitsanzeige und Tempomat beeindrucken lässt, ist hier an der falschen Adresse. Denn auch in dieser Beziehung liefert die Bonneville ein klares Statement: Weniger ist mehr. Nebst dem Pflicht-ABS und der Traktionskontrolle hat man sich mit dem 900-Kubikzentimeter-Bonneville-Motor (2 Zylinder, Viertakt) nicht nur auf eine verbesserte Treibstoffeffizienz konzentriert, sondern das maximale Drehmoment mit 80 Nm bei 3230/min ganz schön weit unten angesiedelt, was die Triumph Bonneville T100 einmal mehr zum perfekten Geniesser-Motorrad macht. Mit dem 14.5-Liter-Tank und einem Verbrauch bei unserem Test von rund 4.2 Litern auf 100 Kilometer legt man ausserdem ziemliche Distanzen zurück, ohne an die nächste Tankstelle denken zu müssen. Doch bei allem Geniessen und idealer Kraftentfaltung: Wenn man eine Verbesserung anbringen könnte, würde man wohl hinsichtlich der Bremsen noch einmal über die Bücher gehen. Denn auch wenn die Bonneville den Fahrstil entschleunigt, scheint sie selbst wohl kein Fan des Anhaltens zu sein. Wenn man sich aber einmal daran gewöhnt hat, etwas kräftiger in die Eisen zu stehen, tut auch dies dem Fahrspass keinen Abbruch mehr.
Die Legende zum Einsteigerpreis
Original bringt die 213-Kilogramm-Maschine übrigens 55 PS auf den Boden – bei unserem 35-kW-Test-Bike waren es 48 PS, wodurch dem Motorrad aber kein Zacken aus der Krone fällt, im Gegenteil. Nach den ersten zwei Tagen der Testfahrt haben wir erst noch einmal den Fahrzeugausweis unter dem Sattel hervorgeholt, um zu prüfen, ob wir auch wirklich mit der 35-kW-Variante unterwegs waren. Somit ist die Bonneville, sofern man sich der Klassikerphilosophie verschrieben hat, auch für die A- Führerscheinklasse bestens adaptierbar. Erhältlich ist die Bonneville T100 in der Schweiz bereits ab 11 900 Franken. Wobei die Betonung auf ab liegt, denn optional bietet Triumph über 150 Zubehörteile und nach Wunsch natürlich auch komplett individualisierte Anpassungen.
Wer ein Fan traditionsreicher Motorräder ist, dennoch aber seine ganz eigenen Vorstellungen vom perfekten Motorrad hat, keine Spitzengeschwindigkeiten, sondern eher Spitzen-Geniessertouren jagen möchte und sich nicht zu schade ist, das ein oder andere Mal einem Passanten die Geschichte seines Motorrads zu erzählen, der ist mit der Bonneville T100 bestens beraten.
Wenn das Frauchen dem Hund gleicht
Ich hatte vor einigen Jahren einen Hund. Einen kleinen Spaniel mit langen, lockigen Haaren. Wenn man mir sagte, er passe zu mir, weil wir die gleichen Haare hätten, war das ziemlich belustigend und irgendwie nachvollziehbar. Wenn mir aber jemand sagt, das Motorrad, auf dem ich sitze, passe zu mir, dann frage ich mich doch ab und zu, was ich mit einem Bike denn jetzt gemeinsam habe. Zumal mir das sowohl auf der Suzuki SV650 als auch auf der BMW F900R und der Triumph Bonneville T100 gesagt wurde. Ob es wohl an den Gummisohlen liegt, da ich mich gekonnt, wenn immer möglich, von unbequemen Highheels fernhalte? Oder ob es vielleicht ganz einfach die Freude und Begeisterung ist, die es mir vermittelt, wann immer ich auf einem Motorrad sitze? Denn genau das ist es, was mich in den letzten Wochen immer mehr selber begeistert hat. Meine eigene Begeisterung. Klingt komisch, ist aber so. Als ich vor Jahren zum ersten Mal auf einem Motorrad sass, einer KTM Duke 390, war ich davon überzeugt: Das ist mein Traummotorrad. Ich fühlte mich von der ersten Sekunde an pudelwohl. Etwas später durfte ich mit damals gerade 18 Jahren eine Yamaha R3 bewegen – und das Gefühl war dasselbe. Verschiedenste Motorräder aller Arten folgten, zwischendurch sogar mal ein Roller, auf dem ich, zugegeben, nicht ganz dieselbe Begeisterung verspürte. Aber das ist ja, je nachdem, wen man fragt, eh kein Motorrad. Schliesslich kaufte ich mir letztes Jahr mein erstes eigenes Bike, meine Suzuki SV650, obwohl ich doch überraschend lange davon überzeugt war, dass mein erstes Motorrad eine Yamaha MT-07 sein würde. Nun durfte ich dieses Jahr bereits die BMW F900R und gerade kürzlich die Triumph Bonneville T900 testen. Gerade bei Letzterer war für mich vorab klar: Das Motorrad interessiert mich, aber ich bin nicht der Cafe-Racer-Typ. Bin ich nicht? Nach dem zweiwöchigen Test bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Denn bei all diesen Motorrädern habe ich eines verstanden: Motorradfahren ist zwar nicht gleich Motorradfahren. Doch unabhängig von Marke, Motorradart, Fahrstil oder Untergrund haben alle Bikes doch eines gemeinsam: Wir lieben das Fahrgefühl, die Freiheit und die unbeschwerten Minuten, die sie uns bescheren, wenn wir unsere Zeit im Sattel eines Motorrads verbringen dürfen.