Hinter dem Abenteurerlook steckt häufig ein Wagen für den Stadtverkehr. Ein SUV muss heutzutage nicht unbedingt mit vier angetriebenen Rädern aufwarten, schon gar nicht im B-Segment. Weshalb sollen sich auch die hochbeinigen Kombi das Zusatzgewicht und den höheren Verbrauch des Allradantriebs aufbürden, wenn sie ohnehin nie aus den Strassenschluchten herauskommen?
Andererseits besteht in der Schweiz in den Bergregionen ein erwiesenes Bedürfnis nach kleinen Autos mit Allradantrieb. Die beiden asiatischen Hersteller Hyundai und Suzuki wollen auch diese Kunden bedienen. Kona und Vitara sind die europäischen Bestseller unter den wenigen Allradlern im B-Segment. Ein Vergleichstest der Leichtgewichte aus dem Fernen Osten drängte sich deshalb geradezu auf. Umso mehr, als der Vitara vor Kurzem eine Auffrischung erhielt: Suzuki modernisierte den 1.4-Liter-Boosterjet mit einer leichten Elektrifizierung (s. AR 23/2020). Der 129 PS starke Verbrennungsmotor bekommt neu Schützenhilfe von einem 13.6-PS-Stromer. Unter dem Fahrersitz steckt eine kleine Batterie, die im Schiebebetrieb die zurückgewonnene Energie speichert. Der Kona 1.6 T-GDi 4×4 mit 177 PS muss auf solche Hilfen verzichten, hier ist nur der Benziner am Werk. Seit 2019 gibt es zwar den Kona Hybrid (1.6 l, 105 PS), aber dieser verfügt nur über Vorderradantrieb.
Offroader gegen Stadtindianer
Unsere Testkandidaten treiben zwar beide alle vier Räder an, sie tun das aber auf ihre ganz eigene Art. Der Suzuki Vitara ist der gestandene Offroader mit kantiger Karosserie und mehreren Programmen für den Geländeantrieb. Der Japaner protzt sogar mit einem Zentral-Sperrdifferenzial. Beim Hyundai Kona findet man zwar auch einige typische SUV-Eigenschaften wie die verkleideten Radausschnitte und die Dachreling, aber mit seiner Grösse und seinem Auftritt gibt er sich eher als hochbeiniger Stadtwagen.
Die unterschiedlichen Philosophien – der Vitara als Allradler im Taschenformat gegen den Kona als aufgepeppten Stadtflitzer – wirken sich klar auf das Fahrverhalten aus. Das bedeutet auch, dass die beiden Asiaten konsequent ihren Weg gehen, und dass die Kunden klar wissen, was sie bekommen. Wir müssen dennoch einen Sieger küren, und der Suzuki drängt sich hier als Mildhybrid mit seinem überlegenen Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Aber leider gibt es den Vitara Hybrid nur mit Schaltgetriebe (33 190 Fr.). Der Benziner mit Automat kostet hingegen 36 900 Franken. Das sind nur 1300 Franken weniger als der Hyundai Kona. Wer also nicht selber schalten mag, ist mit dem moderneren Koreaner besser bedient.
Fahrverhalten – Leistung oder Leichtbau?
Die Wahl zwischen Hyundai Kona und Suzuki Vitara liesse sich auch auf die Formel «Crosstrainer oder Wanderschuhe» zusammenfassen. Das bedeutet aber nicht, dass der Kona auf Strassen mehr Komfort bieten würde: Sein Fahrwerk ist für ein aktiveres Handling straffer ausgelegt als jenes des Vitara. Beim Koreaner fällt bei Unebenheiten einiges Kopfnicken auf, der Japaner neigt sich in Kurven viel deutlicher nach aussen. Die Lenkungen folgen der gleichen Logik. Das Steuer ist beim Kona mit zweieinhalb Umdrehungen einiges direkter ausgelegt als das des Vitara (3 Umdrehungen). In beiden Fällen gibt es am Fahrverhalten nicht viel zu beanstanden. Die Untersteuerneigung setzt berechenbar und nicht zu früh ein. Der Vitara kann aber ein gewichtiges Argument einbringen: Er wiegt gut 200 Kilogramm weniger (1280 kg gegen 1490 kg). Damit ist der Japaner mit seinem 140 PS starken 1.4-Liter-Boosterjet spritziger und leichtfüssiger. Er gibt zwar 37 PS auf den 1.6 T-GDi des Hyundai Kona ab, aber im Fahrbetrieb hält der Vitara stets mit. Dank des höheren Drehmoments – 235 statt 195 Nm – spricht der Japaner gar bulliger und flotter auf das Gaspedal an. Klar, auf längeren Beschleunigungsabschnitten, etwa auf der Autobahn, setzt sich der Kona mit seinen Mehr-PS durch: 0 bis 100 km/h schafft er in 8.1 Sekunden, zwei Sekunden schneller als
das Nippon-SUV (10.2 s). Der Hyundai Kona ist für flotte Fahrten die bessere Wahl, aber der leichtere Vitara hält dem eine komfortablere Fahrwerksabstimmung entgegen.
Innenraum – zweimal eine moderne Ausstattung
Trotz kompakter Abmessungen überzeugen beide Asiaten mit genügend Bewegungsfreiheit für die Passagiere. Trotz des zehn Zentimeter kürzeren Radstands (2.50 m gegen 2.60 m) überrascht der Vitara mit mehr Beinfreiheit. Beim japanischen SUV haben die hinteren Mitfahrer mindestens zwölf Zentimeter Platz für die Knie, beim Kona sind es zehn. Und der Raum geht nicht auf Kosten kürzerer Sitz-
kissen: Die Schenkelauflage misst beim Vitara 52, beim
Koreaner nur 47 Zentimeter. Der Hyundai Kona punktet dafür mit mehr Kopffreiheit, aber die geht auch auf das Konto der tiefer platzierten Sitze (49 bis 55 cm über der Fahrbahn). Im Vitara thronen die Insassen fünf Zentimeter höher, was dem Gefühl einer erhabenen Sitzposition zugute-kommt. Allerdings fanden unsere Tester die Fahrerhaltung im Kona natürlicher.
Bei den Innenraumabmessungen schenken sich die beiden Rivalen nicht viel, selbst der Gepäckraum ist ähnlich: 375 (Vitara) gegen 361 Liter (Kona). Die echten Unterschiede zeigen sich bei der modernen Ausstattung. Das jüngere koreanische SUV (2017 vorgestellt, Suzuki 2015) gefällt mit einem zeitgemässen Cockpit, in dem der Acht-Zoll-Bildschirm des Infotainmentsystems besser im Blickfeld des Fahrers liegt und einfacher zu bedienen ist als das gleich grosse Mäusekino des Vitara. Im Kona ist auch die Auflösung deutlich höher, sodass das Bild viel schöner wirkt. Der Koreaner verfügt ausserdem über etwas angenehmere Innenraummaterialien, aber mit viel Hartplastik setzt er sich in dieser Beziehung nicht entscheidend ab.
Den klaren Punktesieg sichert sich der Hyundai Kona in der Topversion Vertex mit seinem Ausstattungsniveau. Schon die schönen Ledersitze machen mehr her als die Stoffbezüge mit Kunstledereinsatz im Vitara. Beide Wagen verfügen über Sitzheizungen vorne, aber der Hyundai doppelt mit einer Exklusivität in dieser Klasse nach: einer Sitzbelüftung. Ausserdem gibt es bei ihm auch die Induktionsladung für das Smartphone und ein Head-up-Display (leider nur die Budgetvariante mit der Projektion auf Plexiglas). All das ist im Vitara auch gegen Aufpreis nicht verfügbar. Der Kona ist ausserdem mit einem modernen Spur-halteassistenten versehen, mit dem er gut selbständig in der Spurmitte fährt. Das System im Vitara ist vergleichs-weise rudimentär und tritt erst mit einem korrigierenden Lenkeingriff in Aktion, wenn der Wagen die Linie bereits überfährt. Beide Kontrahenten bieten Rückfahrkameras, Parksensoren, Toter-Winkel-Assistent und hintere Quer-verkehrswarnung.
Der etwas grosszügigere Innenraum und ein serienmässiges Panoramadach (750 Fr. beim Kona) sind nicht genug, dem Suzuki Vitara zum Sieg in der Interieurwertung zu verhelfen. Der Hyundai Kona hat mit seinen modernen Technologien die Nase vorn.
Budget – eine Frage des Getriebes
Die Kostenrechnung ist in dieser Klasse ein entscheidender Faktor. Dem Japaner kommt im Vergleich der Topausrüstungen sein tieferer Preis entgegen (33 190 gegen 38 200 Fr.). Er weist auch die niedrigeren Betriebskosten auf, dank Hybridisierung verdient er sich die Umweltetikette B (Kona: G), was sich direkt auf die Verkehrsabgaben auswirkt. Damit nicht genug: Der Vitara verbraucht deutlich weniger als sein koreanischer Konkurrent. Wir haben auf unserer Normrunde einen Schnitt von 4.7 l/100 km gemessen, beim Kona waren es 7.9 l/100 km. Der Suzuki Vitara scheint also bei den Kosten und damit beim Preis-Leistungs-Verhältnis auf einen eindeutigen Sieg zuzusteuern. Aber dann macht ihm ein wichtiger Aspekt einen Strich durch die Rechnung. Der zuletzt lancierte Vitara Hybrid ist nämlich nur mit Schaltgetriebe verfügbar. Der koreanische Rivale hingegen ist mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe versehen. Will der Kunde einen vergleichbaren Vitara, muss er den Benziner mit Sechsstufen-Automat wählen. Dessen Preis von 36 990 Franken unterbietet den Kona nur noch um 1300 Franken. Nebenbei erwähnt: Die Preise des Vitara stiegen im Wechsel von Modelljahr 2019 auf 2020 ohne Erklärung um 2800 Franken (s. AR 9/2019). Unter dem Strich ändert die Wahl des Getriebes die gesamte Sachlage und führt zu einer differenzierten Empfehlung: Wer eine Automatik bevorzugt, bekommt bei Hyundai mehr für sein Geld. Käufer, die selber schalten, sind mit dem Suzuki Vitara Hybrid besser bedient.
Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.