Aufruhr um den Autosalon Genf

GIMS Nachdem die Organisatoren die finanzielle Hilfe des Kantons abgelehnt haben, zeichnet sich ab, dass es 2021 keinen Autosalon Genf geben wird.

Die desaströse Absage der GIMS 2020 könnte auch die Austragung 2021 mit in den Abgrund ziehen. Nach den Millionenverlusten von 2020 – 11 Millionen Franken zulasten der Stiftung, die die Messe organisiert, 15 Millionen zulasten der Palexpo SA – steht auch die Ausgabe 2021 kurz davor, abgesagt zu werden. Die Organisatoren waren bisher nicht in der Lage, das Loch in der Kasse zu stopfen.

Obwohl die Zeit drängt, lehnten die Organisatoren die vom Kanton Genf angebotene Unterstützung in der Höhe von 16.8 Millionen Franken überraschend ab. Das Darlehen war an die Bedingung geknüpft, die Kontrolle über den Anlass an die Palexpo abzutreten, was für die Veranstalter inakzeptabel war. «Der Kreditvertrag des Kantons sah vor, dass die Stiftung für die Organisation und Gestaltung des Autosalons unter die Gesamtaufsicht der Palexpo SA gestellt wird», erklärt Stiftungsratspräsident Maurice Turrettini. «Wir führen den Anlass seit 89 Jahren anstandslos durch, es gibt überhaupt keinen Anlass dazu, uns das wegzunehmen!»

Palexpo sollte Kontrolle übernehmen
Bisher hat sich die Palexpo, das sich zu 80 Prozent im Besitz des Kantons Genf befindet, darauf beschränkt, das Personal für den Autosalon zur Verfügung zu stellen. Mit dem jetzt vorgelegten Vertragswerk wäre die Palexpo plötzlich die alleinige Herrscherin über die GIMS gewesen. «Es ist unglaublich, dass sie uns den Anlass einfach so wegnehmen wollen. Wir sind ihr bester Kunde», ärgert sich Maurice Turrettini. «Wir bringen ein Drittel des gesamten Jahresumsatzes. So geht man doch nicht mit einem guten Kunden um!»

Die Schweizer Autoimporteure, die die Hälfte des Stiftungsrates besetzen, sehen das auch so: «Wir sind dagegen, dass die Palexpo die Organisation des Salons übernimmt», bestätigt François Launaz, Präsident des Dachverbandes der Schweizer Auto-Importeure. «Pierre Maudet hat gegenüber der Presse bekräftig, dass es ihm nur darum geht, die Arbeitsplätze der Palexpo zu erhalten. Wir sind nicht damit einverstanden, dass sie das mit unserem Geld tun!»

Pierre Maudet, der Genfer Regierungsrat für wirtschaftliche Entwicklung, sagt: «Eigentlich wird der Salon auch heute schon fast vollständig von der Palexpo organisiert, der einzige Angestellte des Autosalons ist sein Direktor (Sandro Mesquita – Red.).» Den Vorwürfen, dass man den Salon zu ­einer Messe der Ökomobilität machen wolle, widerspricht Maudet: «Die Veranstalter haben ja auch ohne Anweisung der Regierung den Salon stärker in Richtung nachhaltige Mobilität ausgerichtet, was wir sehr begrüssen. Unter diesem Gesichtspunkt würde ich sagen, dass sich unsere Standpunkte gar nicht so stark unterscheiden. Wir verstehen nicht, wovor die Stiftung Angst hatte.»

Salon 2021 mit Auflagen
Das eigentliche Problem zwischen der Regierung und der Stiftung sei denn auch nicht die strategische Ausrichtung der Messe, sondern die Verpflichtung, diese 2021 überhaupt durchzuführen. «Es handelt sich um ein dringend benötigtes Darlehen, und wir mussten dies an einige Bedingungen knüpfen. So haben wir gefordert, dass es 2021 einen Salon geben wird», führt Maudet aus. «Darauf haben wir bestanden, denn es stehen zahllose Arbeitsplätze auf dem Spiel, und die GIMS generiert Einnahmen in der Höhe von 200 Millionen Franken für die Region Genf.» Die Stiftung habe sich aber davor gedrückt, verbindliche Zusagen zu machen, so Maudet. «Die Palexpo hätte sich erst dann eingeschaltet, wenn es vonseiten der Stiftung Anzeichen gegeben hätte, dass man einfach das Geld einstreichen und dann dem Salon den Stecker ziehen will. Wir hatten von Anfang an das Gefühl, dass sie nicht so recht wussten, was sie eigentlich wollen. Wir konnten nicht riskieren, dass wir jetzt so viel Geld ausleihen, nur um uns dann im September mit einer Absage konfrontiert zu sehen.»

Marken wollen eine Absage
Die Organisatoren geben denn auch zu, dass sie derzeit keine Garantien für einen Salon 2021 geben können. Grund dafür ist die unsichere Haltung der Hersteller nach der Absage 2020 sowie angesichts der Corona-Krise und deren Folgen. «Die Marken haben durch die Absage in letzter Minute in diesem Jahr zweistellige Millionenbeträge verloren, sie wollen auf keinen Fall, dass sich das 2021 wiederholt», meint Maurice Turrettini. «Ausserdem rechnen die Hersteller für dieses Jahr mit katastrophalen Zahlen, und sie sagen uns ganz offen, dass sie froh wären, wenn kein Salon 2021 durchgeführt würde.» Diese Worte decken sich auch mit der Aussage von François Launaz: «Wir haben die verschiedenen Marken befragt, und ihre Antworten drängen uns förmlich dazu, auf einen Salon 2021 zu verzichten. Auch die übrigen Aussteller aus der Branche würden es vorziehen, nächstes Jahr nicht teilzunehmen.» Auch Maurice Turrettini sieht schwarz: «Die Absage ist noch nicht definitiv. Aber ich sehe derzeit nicht, wie wir die Veranstaltung entgegen den eindeutigen Signalen, die wir von den Marken erhalten, durchführen sollen.»

Solange aber kein endgültiger Beschluss vorliegt, kämpfen die Veranstalter weiterhin um finanzielle Unterstützung und klopfen dabei auch an die Türen von Banken und Finanzinstituten. Nicht nur, weil die Hoffnung auf einen Salon 2021 noch nicht ganz gestorben ist, sondern auch, weil man noch den Streit um die GIMS 2020 beilegen muss. Die Hersteller fordern eine Rückerstattung der bezahlten Beträge für ihre Standmiete. «Wir würden ihnen die entstandenen Kosten gerne zurückerstatten, aber solange wir keine flüssigen Mittel haben, können wir ihnen leider auch nichts anbieten», meint François Launaz bedauernd.

Verschiebung auf 2022?
Als Alternative zu einer Komplettabsage wurde auch die Möglichkeit einer kleinen GIMS geprüft – ähnlich der Auto Zürich. Das sei aber keine gute Idee, erklärt Turrettini: «Wir können nicht einfach eine Rabattmesse oder eine regionale Messe veranstalten, die Aussteller wollen das nicht, sie haben bereits die Auto Zürich im November. In Genf würde das nicht funktionieren. Die Aussteller haben deutlich gemacht, dass sie mit den 10 000 Medienvertretern eine internationale Ausstellung wollen, um ihre Welt- und Europapremieren zu zeigen.» Ausserdem besteht die Gefahr, den Status bei der Internationalen Automobilherstellervereinigung (OICA) zu verlieren. 

Aber kann der Autosalon Genf eine Pause von zwei Jahren verkraften – oder wäre das der Todesstoss? «Durch das Feedback, das wir von den Marken erhalten haben, gehen wir davon aus, dass sie 2022 gerne wieder dabei wären. So könnten sie den Verlust über zwei Jahre verteilen und 2022 wieder frisch beginnen», so François Launaz. Und auch Maurice Turrettini bleibt zuversichtlich: «Wir sollten die Geduld nicht verlieren und uns so gut wie möglich auf eine Austragung 2022 vorbereiten.»

«Die Palexpo muss sich ins Zeug legen»
Es bleibt abzuwarten, ob der Streit zwischen dem Kanton Genf, der Palexpo und der Stiftung bis dahin beigelegt wird. «Wir sind der Meinung, dass sich die Palexpo mehr ins Zeug legen muss, wenn sie den Autosalon behalten will. Wir sind mit den Anstrengungen, die sie unternimmt, nicht zufrieden», ärgert sich Launaz. Ein Verkauf der GIMS an den Kanton Genf wäre eine Möglichkeit gewesen, aber diese Tür scheint inzwischen geschlossen zu sein. Die Organisatoren versuchen es nun im Alleingang, indem sie sich bei Banken um Kredite bemühen. Insbesondere setzen sie dabei auf ihr Vermögen als Gegenwert – beispielsweise die 776 Aktien der Palexpo, die sie besitzen und die 16.8 Millionen Franken wert sind. Der Vorteil dabei wäre, dass sie die Kontrolle über die Veranstaltung behalten könnten. «Der Kanton hat uns ein Darlehen in der Höhe von 16.8 Millionen geboten, das wir über 15 Jahre hätten zurückzahlen müssen. Im Gegenzug hätten wir unsere Palexpo-Aktien, die genau 16.8 Millionen Franken wert sind, deponieren müssen», so Launaz. «Die Genfer Regierung ging keinerlei Risiko ein und verhandelte wie eine Bank. Erschwerend kam hinzu, dass die Organisation unter die Kontrolle der Palexpo gekommen wäre.» Das Spiel ist noch nicht vorbei, dunkle Wolken ziehen zwischen Genf und seinem beliebtesten Anlass auf. 

CO2-Gesetz: Bezahlen wir bald noch mehr?

CO2 Der Nationalrat debattiert, wie das CO2-Gesetz aussehen soll. Den Klimastreikern reicht das nicht.

Die CO2-Abgaben der Importeure sollen in Zukunft in einen Klimafonds statt in den NAF fliessen, was höhere Benzinpreise zur Folge haben dürfte.

Der Nationalrat wird nach dem Abbruch der Frühjahrssession in der kommenden Sommersession die Debatte über die Revision des CO2-Gesetzes, das sozusagen das Zentrum der schweizerischen Klimapolitik darstellt, nachholen. Es geht dabei um eine Halbierung der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990, die nach Meinung vieler nur mit einer generellen Verteuerung des Energiekonsums zu realisieren ist. Um dieses Ziel zu erreichen, soll neben der schon bestehenden Abgabe auf Brennstoffen, die der Bundesrat bis auf 210 Franken pro Tonne CO2 erhöhen könnte, neu auch der Benzinpreis mit einer Abgabe belastet werden. Der Benzinpreis würde bis 2024 um höchstens zehn Rappen und ab 2025 um höchstens zwölf Rappen steigen. Und eine Flugticketabgabe, die je nach Beförderungsklasse und Distanz zwischen 30 und 120 Franken variiert, soll ebenso helfen, das Klimaziel schneller zu erreichen.

Neu in den Klimafonds
Weiter ist vorgesehen, dass die Einnahmen aus den Strafzahlungen der Autoimporteure, die mit ihren neuen Fahrzeugen die Höchstwerte der CO2-Emissionen überschreiten, in den neu zu schaffenden Klimafonds sprudeln – und nicht mehr wie bisher in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Das dürfte zur Folge haben, dass die Reserven im NAF rasch sinken. Unterschreiten sie die Marke von 500 Millionen Franken, wird ein Mechanismus in Gang gesetzt, der ­eine automatische Erhöhung des Treibstoffzuschlags um vier Rappen pro Liter vorsieht. Diese Erhöhung käme zu den vorgenannten Belastungen noch dazu. Die Vorlage in der geplanten Ausgestaltung verteuert den Energiekonsum, besonders im Bereich der Mobilität.

Idealer Zeitpunkt?
Mit der Corona-Krise, welche die Wirtschaft verlangsamt und die Arbeitslosigkeit steigen lässt, stellt sich die berechtigte Frage, ob es sinnvoll ist, zum jetzigen Zeitpunkt Unternehmen und Private mit noch mehr Abgaben zu belasten. Nationalrat Roger Nordmann (SP/VD) ist in dieser Hinsicht unbeirrt und meint, die Klimafrage müsse gelöst werden, «Corona hin oder her». Zudem werde sich ein positiver Effekt einstellen, wenn die geplanten Massnahmen bei der Gebäudesanierung etwa einmal umgesetzt seien. Demgegenüber hält Walter Wobmann (SVP/SO) die vorgesehenen zusätzlichen Belastungen zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Das bringe zahlreiche Unternehmen trotz der Nothilfe und viele Privatpersonen in finanzielle Schwierigkeiten. Das gelte es zu bekämpfen.

Klimastreikbewegung will mehr
Die Klimastreikbewegung schlägt indes einen forscheren Ton an als die Befürworter des zu revidierenden CO2-Gesetzes. In ihrem Krisenaktionsplan fordert sie unter anderem autofreie Städte, die Reservation von Autobahnspuren ausschliesslich für den öffentlichen Fernverkehr oder ein Verbot von Kurzstreckenflügen innerhalb Europas sowie die massive Förderung emissionsarmer Verkehrsmittel. In den Augen der Klimastreikaktivisten wäre das neue CO2-Gesetz eigentlich nur ein Zwischenschritt zur Rettung des Klimas, mehr jedenfalls nicht. λ

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