Nicht nur hat das Dieselgate massgeblich dazu beigetragen, die sogenannte Energiewende voranzutreiben, es hat die Verantwortlichen in Brüssel auch veranlasst, einen harten Kurs gegen die Luftverschmutzung zu fahren, sodass den Herstellern immer strengere CO2-Vorgaben auferlegt werden. Seit 1. Januar dieses Jahres gilt: Jedes in Europa zugelassene Auto, das mehr als 95 g CO2/km ausstösst, gilt als Umweltsünder. Ab Anfang nächsten Jahres werden dann heftige Geldstrafen fällig. Für die Hersteller zeichnet sich ein düsteres Bild ab: Wenn sich nicht schnell etwas ändert, könnte die Gesamtsumme der Strafzahlungen im Jahr 2021 über 30 Milliarden Euro betragen. Klar ist, dass die Hersteller und Importeure diese Bussen in irgendeiner Form auf den Kunden abwälzen werden.
Die Lösung für das Problem? Offensichtlich die grossflächige Elektrifizierung des Antriebsstranges – unter anderem. Ironischerweise ist auch die «Dieselfizierung» eine mögliche Lösung. Da Dieselmotoren dank des höheren Treibstoffbrennwerts einen tieferen Verbrauch aufweisen als Benzinfahrzeuge, stossen sie auch weniger CO2 aus. So erklärt sich der jüngste – blasphemische – Coup von Audi: S-Modelle mit Dieselantrieb.
Vom V8-Benziner zum V6-Diesel
Wer hätte 2007, als der erste S5 in den Handel kam, geahnt, dass das Ingolstädter Sportcoupé eines Tages seinen 4.2-Liter-Saugmotor gegen einen 1.2 Liter kleineren V6-Turbodiesel eintauschen würde? Vermutlich kaum jemand. Und doch – genau dieses Sakrileg hat Audi jetzt im Zug der Modellpflege bei den Baureihen A4 und A5 begangen. Ein radikaler Philosophiewechsel, der auch unter den Testern der «Automobil Revue» für heftige Diskussionen sorgte: Verdient es eine Diesel-Limousine, den S-Badge am Heck zu tragen? Gilt das noch als Sport – eigentlich die Ur-Prämisse für ein S-Modell? Und was macht ein sportliches Auto überhaupt erst aus? Muss ein sportliches Auto Emotionen bieten, oder reicht es aus, wenn es schnell ist? Und wer soll das Zielpublikum dafür sein, typische Dieselfahrer oder Fans der alten S-Modelle? Sie sehen, die Fragen sind vielfältig – und Antworten darauf haben wir auch nicht gefunden. Die Argumentationen reichten von «Ein Heizölverbrenner kann kein S sein!» bis «Er ist stark, er ist schnell – was will man mehr?»
Und in der Tat hat Audi mit dem mehrfachen Sieg der 24 Stunden von Le Mans bewiesen, dass Dieselantrieb und Sport sich nicht grundsätzlich ausschliessen. Sofern man Sport primär mit roher Leistung assoziiert. Denn das gilt auch für den Audi S5 Sportback. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h und einer Zeit von 4.9 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h (5.4 s nach unserer eigenen Messung) ist das «fünftürige Coupé» kein Kind von Traurigkeit und schneidet sogar noch besser ab als sein Vorgänger mit V8 (0–100 km/h in 5.1 s, Spitze 250 km/h).
Kampfmaschine
Der V6 unter der Haube ist nicht einfach irgendein Traktordiesel, sondern eine echte Kampfmaschine, die eine ganze Armada von Hightech-Helfern einsetzt: ein 48-Volt-Mildhybridsystem, ein Verbrennungsdruck von bis zu 205 bar, Common-Rail mit bis zu 2500 bar Einspritzdruck, Reibungsoptimierung an Kurbel- und Nockenwelle und ein elektrischer Verdichter, der in der Lage ist, die Ansprechverzögerung nahezu zu eliminieren. Das Resultat? Eine Leistung von 347 PS (ja, das sind 7 PS weniger als beim alten V6) und ein brachiales Drehmoment von 700 Nm (eine Steigerung um 200 Nm gegenüber dem Vorgänger).
Ein klarer Gewinn also, der sich in einer blitzschnellen Reaktionszeit des Motors widerspiegelt. Aber was ist mit der emotionalen Seite? Kann ein Diesel, kann das Auto als Ganzes den Fahrer begeistern? Die Drehzahlen halten sich dieseltypisch tief, die Höchstleistung liegt bereits bei 3850 U/min an, das maximale Drehmoment liegt zwischen 2500 und 3100 U/min. Drehzahlorgien dürfen also keine erwartet werden. Bei 5000 U/min geht dem Biest die Puste aus, und so wirklich stark ist er nur zwischen 2500 und 4000 Umdrehungen. Dass dies Emotionen auslösen würde, ist wohl etwas zu viel erwartet, denn auch klangtechnisch kann der TDI bei Weitem nicht mit seinen Benziner-Vorfahren mithalten. Trotzdem muss festgehalten werden, dass der S5 einen der klangvollsten Dieselsounds auf dem Markt bietet. Aus gutem Grund: Die Akkustikingenieure von Audi haben im Heck der Coupé-Limousine einen Subwoofer versteckt, der genauso klingt, wie er soll.
Sehr zivilisierter Krieger
Auf der Strasse erweist sich der Dieselkämpfer als sehr zivilisiert mit einem sehr weichen und komfortorientierten Fahrverhalten. Der S5 scheint mehr für deutsche Autobahnen entwickelt worden zu sein denn für die Nordschleife. Das bestätigt auch sein für das Segment recht hohes Gewicht: 1910 Kilogramm brachte der Ingolstädter bei unserer Messung auf die Waage. Das bedeutet, dass es den aktiven Feder-Dämpferelementen sicher nicht an Arbeit mangelt und man gerade auf kurvenreichen Strecken hin und wieder deutliche Anzeichen von Überforderung feststellt. Der Achtgang-Wandlerautomat arbeitet schnell und sanft, ausser im Dynamik-Modus, in dem die Gangwechsel – von Audi natürlich so gewollt – deutlich härter ausfallen. Der Quattro-Allradantrieb mit variabler Drehmomentverteilung verleiht dem S5 einen Anstrich von Gran Turismo, trotz hervorragender Effizienz des Antriebes.
Der GT-Geist findet sich mit einer grosszügig ausgelegten Fahrgastzelle (Innenbreite vorne 149 cm, hinten 146 cm, Kofferraumvolumen 430 l), einer sorgfältigen Verarbeitung und qualitativ hochwertiger Materialwahl auch im Innenraum wieder, sodass der S5 das Prädikat Premium verdient. Ausserdem sind natürlich alle Neuerungen, die das Facelift für den A5 gebracht haben, auch im S5 wiederzufinden. Das neue MMI-Infotainment kommt jetzt ohne den Dreh-Drückknopf auf der Mittelkonsole aus, und die intuitive Bedienung geschieht vollständig über den 10.1-Zoll-Touchscreen. Gemäss Angaben von Audi wurde die Rechenleistung des Geräts gegenüber dem Vorgänger noch verbessert.
Der Audi S5 ist mit einem Basispreis von 89 700 Franken sicher nicht für jedes Portemonnaie passend. Der V6-Diesel glänzt jedoch mit seinem ausgewogenen Verhältnis von Verbrauch und Leistung: 6.7 l/100 km erreichten wir auf unserer Normrunde – ein mehr als anständiger Wert für ein Auto in dieser Klasse.
FAZIT
Das Konzept des Diesel-Sportwagens darf auf jeden Fall in Frage gestellt werden – im Audi S5 funktioniert das Zusammenspiel von Dieselantrieb und Sportlichkeit aber alles andere als schlecht. Der EA897 Evo2, den Audi im S5 verbaut, ist ohne Zweifel einer der besten Dieselmotoren auf dem Markt, und mit seinem schier endlosen Drehmoment hat er es verdient, oberhalb der gewöhnlichen A5-Baureihe positioniert zu werden, sodass die S-Plakette nicht völlig fehl am Platz ist. Trotzdem ist es schade, dass Audi den Kunden nicht wenigstens die Wahl lässt zwischen Benziner und Diesel, so wie das früher zum Beispiel beim SQ5 der Fall war. Ingolstadt hätte sich so wohl die Gunst von vielen alten Fans der S-Modelle erhalten können.
Die technischen Daten und die AR-Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.