Allmählich steigt bei den Neuzulassungen der Anteil teilweise oder ganz elektrifizierter Autos. Auch wenn das Wachstum noch sehr langsam ist, sorgt es doch für eine kontinuierlich steigende Nachfrage nach Batteriekraft, also nach Rohstoffen für die teuren Energiespeicher und die kräftigen Motoren. Für die Batterieherstellung werden nicht nur sehr viele, sondern teilweise auch schwer abbaubare und aus ökologischen Gründen oft fragwürdige Materialien benötigt. Die Produkteskala umfasst dabei fast das gesamte Periodensystem chemischer mineralischer Rohstoffe. Und weil es sich bei der Batteriefertigung um weitgehend neue Produktionstechnologien handelt, spielen Recycling und Sekundärrohstoffe noch keine wichtige Rolle. Das heisst, dass hinsichtlich dieser Rohstoffe eine grosse Importabhängigkeit besteht – und damit ein entsprechendes Marktrisiko.
Neue Materialien
Mit dem elektrifizierten Fahrzeug geht die Rohstoffpalette nun weit über die Grenzen des konventionellen Autobaus hinaus. Bei der Herstellung der Karosserie sind Elektroautohersteller in erster Linie nach wie vor auf Stahl und Aluminium angewiesen. Sie profitieren hier von den Errungenschaften bestandener Werkstofftechniker. Im Karosseriebau kommen neben unterschiedlichen Stählen und Aluminium verschiedenste Kunststoffe vom billigen Füllmaterial bis hin zum teuren Hightech-Kohlefaser-Verbundwerkstoff zum Einsatz.
Für die Energiespeicherung und den Antrieb von Elektroautos werden nun aber viele zusätzliche Materialien benötigt. Bei der Batterieherstellung spielen Nickel, Kobalt, Lithium, Mangan und Grafit wichtige Rollen, während für die Traktionsmotoren Kupfer und Seltene Erden wie Neodym und Dysprosium benötigt werden.
Nickel ist ein fundamentaler Batterierohstoff, der wesentlich mithilft, die Energiedichte zu steigern. Allerdings wird nur etwa die Hälfte des produzierten Metalls zu batterietauglichem Sulfat verarbeitet. Aufgrund der derzeit niedrigen Preise für Nickel blieben notwendige Investitionen in neue Produktionsanlagen in jüngster Zeit aus. So könnte es ab Mitte der 2020er-Jahre schwieriger werden, genügend Nickel für Elektroautos zu bekommen. Daher müssen längerfristig neue Kapazitäten geschaffen werden. Hauptlieferanten sind Indonesien, Kanada und Australien.
Kobalt wird benötigt, um die Molekularstruktur der Elektrode und damit die Sicherheit der Batterie zu gewährleisten. Ein Grossteil der weltweiten Produktion von Kobalt stammt aus der Republik Kongo. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen – auch in Form von Kinderarbeit – sowie die unsicheren politischen Verhältnisse im Kongo und instabile Preise machen Kobalt teilweise zu einem problematischen Rohstoff. Auch deshalb wird in der Forschung versucht, den Kobaltanteil in den Akkus weiter zu senken. Schon seit längerem ist man vom Mischungsverhältnis 1:1:1 zwischen Nickel, Kobalt und Mangan auf 8:1:1 übergegangen. Trotzdem müsse die Kobaltbranche zur Befriedigung der Nachfrage jedes Jahr ein neues Abbauprojekt starten, fordern Experten. Hauptlieferanten von Kobalt sind die Republik Kongo (61 %), China und Australien. Die Schweiz ist dabei gross im Geschäft. Weltweit wichtigster Kobaltproduzent ist der Rohstoffhändler Glencore mit Hauptsitz in Baar ZG.
Lithium ist der Namensgeber der aktuellen Batterietechnik. Das leichte Alkalimetall ist zwar ein unverzichtbarer Rohstoff, macht jedoch mengen- und wertmässig nicht den grössten Bestandteil moderner Traktionsbatterien aus. Mit seinen speziellen physikalischen Eigenschaften kann das Lithium-Ion zwischen den Elektroden hin und her wandern und so damit dafür sorgen, dass Strom fliesst. Lithium stammt heute hauptsächlich aus drei Ländern. Grösster Produzent ist Australien. Dort wird das Metall aus Hartgestein gewonnen und anschliessend zur Weiterverarbeitung grösstenteils nach China exportiert. In Chile und Argentinien wird Lithium aus Solen gewonnen und lokal weiterverarbeitet. Dort drohen aber durch den Abbau Konflikte um die regionalen Wasserressourcen. Trotzdem wird die Nachfrage nach dem Leichtmetall bis 2030 Jahr für Jahr zweistellig wachsen. Dem steigenden Bedarf begegnen die Produzenten vor allem in Australien mit schnellen Produktionssteigerungen.
Mangan wird wie Nickel und Kobalt als Werkstoff für Kathoden verwendet. In der Natur kommt das Metall vorwiegend als Braunstein vor. Die grössten Mengen Mangan werden bei der Stahlproduktion eingesetzt, um die Festigkeit zu verbessern. Hauptlieferanten sind Südafrika, China und Australien.
Grafit ist der Werkstoff für die Anode von Lithium-Ionen-Batterien. Dagegen kommen in der Kathode verschiedene Konfigurationen zum Einsatz. Meistens wird heute ein Gemisch aus natürlichem und synthetischem Grafit verwendet. Der Naturgrafitanteil liegt bei rund 50 Prozent, geliefert wird das Material vorwiegend aus China. Da Grafit in grossen Mengen benötigt wird, stellt es auch kostenseitig einen beträchtlichen Faktor dar. Hauptlieferanten sind China (70 %), Indien und Brasilien.
Grössere Produktionsmengen
Mengen- und wertmässig sind Nickel und Kobalt wichtiger als Lithium. Aber: Die Zellchemie ist in jedem Fall auf Lithium angewiesen – sowohl im Lithium-Eisen-Phosphat-Akku (LFP) als auch im Nickel-Mangan-Kobalt-System (NMC) und sogar in der Feststoffbatterie. Gemessen an der heutigen Produktionsmenge wird der Bedarf an Lithium bis 2025 Experten zufolge um rund 300 Prozent ansteigen, an Kobalt und Grafit um je etwa 85 und an Nickel um schätzungsweise 50 Prozent.
Somit könnte es bis 2025 zu Versorgungsengpässen und zu steigendem Druck auf die Lieferketten kommen. Deshalb müssen früh genug neue Quellen erschlossen und die dazu notwendigen Investitionen getätigt werden. Das vorrangige Problem bei der Versorgung mit Batterierohstoffen sind also nicht mangelnde Vorkommen, sondern rechtzeitiges Investieren in mehr Förderkapazität. Bei Nickel beispielsweise können vom Start eines Erschliessungsprojekts bis zum Produktionsstart zehn Jahre vergehen. Wichtig ist ausserdem, die Bedingungen zu hinterfragen, unter denen diese Rohstoffe in Asien, Afrika und Südamerika gefördert werden. Nur so können verantwortungsvolle und nachhaltige Lieferketten aufgebaut werden.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für elektrifizierte Autos lässt zudem den Kupferbedarf massiv ansteigen. Während ein konventionelles Modell mit rund 23 Kilogramm Kupfer auskommt, sind in einem Elektrofahrzeug etwa 80 Kilogramm notwendig.
Seltene Erden
Mit der Herstellung von Batterien ist es im neuen Elektroauto aber nicht getan. Elektromotoren sind nämlich auf weitere Materialien angewiesen, die hinsichtlich Ressourcen, Gewinnung und Kosten nicht problemlos sind. Der Bedarf an Seltenen Erden beispielsweise steigt mit der Verbreitung der E-Autos kräftig an. Einige Vertreter dieser Metallgruppe – Neodym, Dysprosium, Praseodym und Terbium – kommen in Permanentmagneten für die Motoren zum Einsatz, und andere – Lanthan, Cer – werden als Legierungsbestandteile für Nickel-Metallhydrid-Batterien gebraucht. Hauptlieferanten von Seltenen Erden sind China (85 %), Australien, Indien und Vietnam.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Batterierohstoffe aus geologischer Sicht nicht knapp sind. Temporär können sich aber Angebots- und Preisprobleme ergeben. Mit Sicherheit gilt aber, dass die Materialpreise weiterhin einen beträchtlichen Teil der Batteriekosten ausmachen werden. Dank neuer Recyclingverfahren ist die Rückgewinnung der Wertstoffe heute zwar technisch möglich, doch löst sie vorläufig die Versorgungsprobleme noch nicht, da ausreichende Mengen aufgrund der langen Verweildauer der Materialien wohl frühestens in zehn Jahren zur Verfügung stehen werden.
Vom Lithium-Ionen-Akku zum Metall-Luft-Batteriesystem
Noch immer dominieren Lithium-Ionen-Akkus und etablierte Hersteller wie BYD, CATL, LG Chem, Panasonic und Samsung den Batteriemarkt. Auf die heute üblichen Lithium-Ionen-Batterietypen Nickel-Kobalt-Aluminium (NCA) und Nickel-Mangan-Kobalt (NMC), die sich vor allem in der Zusammensetzung der Kathoden unterscheiden, dürften im Pw-Bereich ab etwa 2025 Systeme mit einer flüssigen Kathode aus Nickel, Kobalt und Lithium sowie einer Kohlenstoffanode vorherrschend sein. Festkörperbatterien mit höheren Energiedichten werden ebenfalls nicht vor 2025 im Massenmarkt erwartet.
Daneben wird kontinuierlich an neuen Systemen geforscht. So könnten beispielsweise Metall-Luft-Batterien für Elektroautos wichtig werden. Das indische Mineralölunternehmen Indian Oil und der israelische Batteriespezialist Phinergy wollen gemeinsam Metall-Luft-Batterien zur Serienreife entwickeln. Phinergy ist spezialisiert auf Aluminium-Luft- und Zink-Luft-Batteriesysteme, die ein grosses Potenzial für die Elektromobilität und stationäre Anwendungen haben sollen. Derzeit sind Gespräche mit führenden Autoherstellern im Gang.