Etwas angeschlagen, aber immer noch gut aufgestellt. Der Passat, dieser feine Allround-Familienwagen von VW, wurde einem Facelift unterzogen – und setzt seine Fahrt trotz der starken SUV-Konkurrenz fort. 2015, im ersten Vermarktungsjahr dieser achten Passat-Generation, wurde das Modell weltweit 724 000-mal und in der Schweiz 4579-mal verkauft. Vier Jahre später sanken die Verkaufszahlen weltweit um fast zehn Prozent (auf 624 250 Exemplare) und in der Schweiz um die Hälfte (auf 2079 Exemplare). Der grosse Gewinner war hierzulande der Tiguan. Seine Verkaufszahlen stiegen um stolze 75 Prozent (von 4000 auf 7000 Exemplare). Diese durchmischten Resultate hinderten die Hersteller aus Wolfsburg nicht, nochmals alles zu geben: Der Passat aus dem D-Segment bleibt die weltweit meistverkaufte Limousine.
Im Detail
Bei den ästhetischen Änderungen, die diese Überarbeitung in der Laufbahnmitte mit sich brachte, handelt es sich eher um Einzelheiten als um wirklichen Fortschritt. Die vorderen und hinteren Stossstangen wurden neu gestaltet, und die Modellbezeichnung liegt nun unterhalb des VW-Logos hinten und nicht mehr auf der rechten Seite des Kofferraums. An der Front besteht die Hauptneuheit in den – übrigens sehr überzeugenden – Matrix-LED-Scheinwerfern mit dem Namen IQ Light (+2180 Fr.) Die wiederaufladbare Hybrid-Version des GTE, die wir hier getestet haben, verfügt immer noch über die für VW-Elektromodelle typischen C-förmigen LED-Tagfahrleuchten. Der leicht überarbeitete Kühlergrill beherbergt die Zugangsklappe zur Steckdose, um das Fahrzeug aufzuladen.
Ständig verbunden
Das Cockpit wurde so geringfügig überarbeitet, dass nur einem Experten auffällt, dass die analoge Uhr im Armaturenbrett durch eine – eher unschöne – Platte mit dem Passat-Schriftzug ersetzt wurde. Das Infotainment (bis zu 9.2 Zoll in der Diagonalen, optional) hat mit der dritten Generation des MIB, der modularen Infotainment-Plattform der Gruppe, ebenfalls eine umfassende Neugestaltung erfahren. Dank der integrierten SIM-Karte ist die Anlage ständig verbunden, bietet einen
Wlan- Zugang und aktualisiert die Karten für die Navigation automatisch. Besser noch: MIB3 ermöglicht es, die Temperatur im Innenraum zu steuern oder die Aufladezyklen zu programmieren. Laut VW schafft die Nähe zwischen dem Infotainment-Bildschirm und dem Bildschirm des digitalen Armaturenbretts eine Einheit, so wie dies beim Touareg der Fall ist. Das Wichtigste ist allerdings etwas anderes: Die beiden Bildschirme bieten qualitativ gute Bilder und eine hervorragende Ergonomie, auch wenn das digitale Armaturenbrett den Laien mit seinen zahlreichen und manchmal überflüssigen Einstellungsmöglichkeiten verwirren kann.
Enorm viel Platz
Was die Bandbreite an Einstellungen betrifft, so sind die Vordersitze kaum zu übertreffen: Entscheidet man sich für die Option ergonomische Sitze (+1330 Fr.), verfügt man über 14 verschiedene Möglichkeiten, den Sitz einzustellen. Die passende Fahrposition zu finden, wird damit zum Kinderspiel. Die hinteren Beifahrer verfügen ausserdem über reichlich Bein- und Kopffreiheit. Das grosszügige Platzangebot des Passat Variant GTE zieht sich bis in den Kofferraum, der 483 Liter fasst. Leider ist das deutlich weniger als die 650 Liter des normalen Variant. Der Grund dafür liegt im Benzintank, der unter den Kofferraumboden verschoben wurde. Die 13-kWh-Batterie befindet sich unter den Sitzen der hinteren Beifahrer.
Die sauberen Konturen des Kofferraums, die tiefe Schwelle, die Befestigungshaken und die Hebel für das Herunterklappen der hinteren Rückbank machen den Passat Variant zu einem hervorragenden Lasttier. Die elektrische Heckklappe lässt sich gleichermassen gut mit der Fernbedienung, einer Fussbewegung unter der Stossstange oder über einen in der Fahrertür integrierten Knopf steuern. Volkswagen hat unter dem Kofferraumboden auch einen Stauraum für die Aufladekabel eingebaut. Der Filz des Kofferraumbodens ist gut verarbeitet und stärkt das Gefühl der hohen Qualität im Cockpit. Leider gibt es ein Element, das die gepflegte Umgebung trübt: das Head-up-Display. Die Informationen werden nicht auf die Frontscheibe projiziert, sondern auf einem billig wirkenden Stück Plexiglas angezeigt. Dieses Gadget erweist sich als störend, zahlreiche Tester hätten es am liebsten deaktiviert. Gleiches gilt für den adaptiven Tempomaten, der die Geschwindigkeiten auf den Verkehrsschildern erkennt und das Tempo selber einstellt: Er sorgte für mehrere überraschende Bremsvorgänge.
Tag für Tag ohne einen Tropfen Benzin
Von allen diesen technischen Aktualisierungen ist die wichtigste zweifellos diejenige der Batterie auf das Hybridsystem. Die Batteriekapazität ist von 9.9 auf 13 kWh angestiegen, und die Reichweite beträgt laut Volkswagen im rein elektrischen Modus 70 Kilometer (NEFZ) oder 55 Kilometer gemäss WLTP-Zyklus. Der erste Wert ist lachhaft, doch der zweite entspricht beinahe der Realität: Gemäss unseren Resultaten können mit dem Elektroantrieb zwischen 35 und 40 Kilometern zurückgelegt werden. Dies entspricht genau der Strecke, die ein Normalverbraucher im Durchschnitt täglich zurücklegt. Sofern er die Akkus zu Hause oder am Arbeitsplatz gewissenhaft lädt, müsste er nur selten an die Zapfsäule. Es dauert zwischen fünf (an einer normalen Steckdose) und 3½ Stunden an einer 3.6-kW-Wallbox, um vollständig entladene Akkus wieder aufzuladen. Da der Passat Variant GTE darauf programmiert ist, in erster Linie die Batterie zu gebrauchen, kann dies regelmässig passieren, die Batterieladung kann allerdings dank des Modus Battery Hold bewahrt werden. In diesem Fall übernimmt der 1 .4-TSI-Motor mit seinen 156 PS. Der Verbrauch lag auf unserer Normrunde bei 4.0 l und 9.0 kWh/100 km, über die Testdauer kamen wir auf 6.3 l und 3.2 kWh/100 km.
Laut und wenig brillant
Die Übergänge zwischen dem Benzin- und Elektroantrieb gehen nicht unmerklich vonstatten, doch sie sind ein enormer Fortschritt im Vergleich zu den ersten GTE. Trotzdem meldet sich der Vierzylinder bei starker Beanspruchung heiser und etwas laut zu Wort. Er hat aber nur scheinbar Mühe, denn der TSI verfügt über 250 Nm Drehmoment, mit denen er die 1760 Kilogramm des Passat flüssig fortbewegen kann; die maximal 330 Nm des reinen Elektroantriebs ermöglichen eine Geschwindigkeit von bis zu 140 km/h.
Trotzdem wird für das Erreichen der versprochenen 7.6 Sekunden von 0 auf 100 km/h die Zusammenarbeit von Elektro- und Verbrennungsmotor benötigt, die gemeinsam über 218 PS verfügen. Dafür gibt es den GTE-Modus, der das Maximum aus beiden Antriebssystemen herausholt, während der Klang künstlich über die Lautsprecher verstärkt wird. Auch wenn die Leistung der 218 PS spritzig ist, so kann man nicht von Sportlichkeit sprechen, zumal das Gewicht bei schnellen Richtungswechseln zu einer gewissen Trägheit führt. Die Lenkung ist präzise, doch es fehlt an Feedback-Informationen. Auch der Bremspedaldruck, der sich künstlich anfühlt, ist schwierig zu dosieren. Das Fahrverhalten setzt auf Stabilität – mit Untersteuern, wenn man es übertreibt. Wir erkennen – erst recht bei dieser GTE-Version –, dass der Passat Variant seinem Ruf als gutes Allroundfahrzeug treu bleibt.
Die technischen Daten und die AR-Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.