Prinz Harry und seine Meghan wollen ja jetzt nicht mehr bei den Royals mitspielen. Doch Land Rover verfügt weiterhin über hochkarätige königliche Kundschaft, Queen Elizabeth II., ihr Prinzgemahl Philip und auch Thronfolger Charles, der Prince of Wales, vertrauen auf den Discovery. Wie übrigens seit 1989 auch mehr als 1.2 Millionen Kunden.
Der Discovery Sport hat allerdings nicht viel mit dem klassischen Discovery gemein. Mit ihm begründete der indische Automobilkonzern Tata Motors, zu dem Land Rover und Jaguar seit 2008 gehören, 2015 eine eigene Produktionslinie. Auch der Basispreis (49 900 Fr.) liegt um rund 17 000 Franken unter dem des Disco. Der Sport ist der direkte Nachfolger des Freelander, der ab 1998 seinerseits der Begründer der SUV-Ära bei Land Rover war. Als sogenannter Softroader war er nicht mehr so kompromisslos wie die anderen Land-Rover-Modelle auf Geländekompetenz ausgelegt, was die erste Auflage damals zum meistverkauften SUV Europas machte. Ganz so erfolgreich ist der Disco Sport nicht, in der Schweiz liegt er in der internen Rangliste hinter den drei Range-Rover-Modellen Evoque, Sport und Velar auf dem vierten Platz. Aber immerhin deutlich vor dem klassischen Discovery.
Wie dieser ist auch der Sport als Siebensitzer erhältlich, unser Testwagen war allerdings nicht mit dieser Option (1400 Fr.) ausgerüstet. Ausserdem erfreut der Discovery Sport mit einigen Annehmlichkeiten wie der automatisch ausfahrenden Anhängerkupplung samt optionalem, erweiterten Anhängerassistenten. Die im Verhältnis 40:20:40 teilbare Rückbank kann in der Länge verschoben und zusätzlich per Knopfdruck im Kofferraum umgelegt werden. Das Ladevolumen erhöht sich so von 897 auf maximal 1794 Liter.
Ähnlich variabel ist das Ausstattungsangebot. Der Testwagen in der zweithöchsten (SE) von vier Varianten bietet im Gegensatz zur Basis 19-Zoll-Felgen, einen zuverlässigen Fernlichtassistenten, die elektrische Heckklappe sowie einen fehlerfreien Tot-Winkel-Assistenten. Wer es – zumindest optisch – dynamischer will, greift zum Disco Sport R-Dynamic, der über ein etwas geändertes Aussendesign, grössere Räder und Schaltwippen verfügt. Allein, der Sport-Schriftzug prangt bei allen Varianten des Discovery Sport prominent am Heck, dazu gibt es einen Dachkanten-Spoiler sowie die beiden Auspuff-Endrohre. Im Profil geben die ausgestellten Radkästen sowie die dominant akzentuierten Seitenschweller ordentlich was her.
Unter Sport verstehen wir vor allem, was die Fahrdynamik betrifft, dennoch etwas anderes. In erster Linie liegt das am stärksten Dieselmotor der getesteten Variante. Die Leistung von 240 PS aus dem zwei Liter grossen Turboaggregat animiert in Anbetracht des Leergewichts von gemessenen 2140 Kilogramm mehr zur Gemütlichkeit denn zu wilden Beschleunigungsorgien. Mit gemessenen acht Sekunden ist Tempo 100 km/h aus dem Stand zwar durchaus flott erreicht, doch in Sachen Querdynamik besteht Nachholbedarf. Der Brite verhält sich in Kurven so, wie sich schwere Autos mit hohem Schwerpunkt und ohne aufwendige Eingriffe ins Fahrwerk eben verhalten. Die Federung ist zu weich, die Lenkung zu lasch, und die Sitze bieten zu wenig Seitenhalt.
Statt als Leistungswunder überzeugt der Disco Sport vielmehr als souveränes Arbeitstier. Das maximale Drehmoment von 500 Nm des Vierzylinders, das zwischen 1500 und 3000/min anliegt, sorgt nicht nur dafür, dass 2.5 Tonnen Anhängelast gezogen werden kann. Auch auf der Autobahn stehen stets mehr als ausreichend Durchzugsreserven bereit. Zudem agiert die von ZF entwickelte Neungang-Automatik derart feinfühlig, dass die Gangwechsel in den obersten Fahrstufen kaum wahrgenommen werden.
Im Alltagseinsatz bietet der Discovery Sport somit einen ausgewogenen Kompromiss aus Funktionalität und aussergewöhnlichen Eigenschaften, die einen durchdachten Mix aus dem Genpool der Modellpalette der Briten repräsentieren. Die Gestalt ist zwar klar die eines SUV, die Karosserieform aber mehr jene eines Kombis mit Einflüssen eines Minivans. Das Design wurde zusammen mit jenem des Range Rover Evoque entworfen.
Da erstaunt es nicht, dass der Discovery Sport auch das grosszügige Raumangebot mit den anderen Modellen des Herstellers teilt. Vorne wie hinten haben Kopf und Beine mehr als ausreichend Platz. Das Cockpit wirkt sehr aufgeräumt, wobei das hochwertige Interieur und die Mittelkonsole samt zehn Zoll grossem Touchscreen und dem digitalen 12.3-Zoll-TFT-Instrumentendisplay aus dem Evoque bekannt sind (AR 49/2019). Funktionsumfang des Infotainmentsystems und Bediendesign des Lenkrads genügen höchsten Ansprüchen. Auch fein: der Rückspiegel kann auf eine Videodarstellung umgeschaltet werden, damit bei schlechten Lichtverhältnissen oder bei durch Ladung eingeschränkten Sichtverhältnissen deutlich mehr wahrgenommen wird. Unter Normalbedingungen erfordert diese digitale Darstellung von den Augen allerdings einiges an Gewöhnung.
Die durchsichtige Motorhaube
Ebenfalls mit dem Evoque teilt sich der Discovery Sport die Stahl-Aluminium-Plattform PTA (Premium Transverse Architecture), die gegenüber dem Vorgänger um 13 Prozent steifer geworden und für den Einbau von elektrischen Antrieben vorbereitet ist. Alle verfügbaren Motoren (3 Diesel, 2 Benziner) sind an ein 48-Volt-Hybridsystem gekoppelt. Der integrierte Starter-Generator trägt mit einem Drehmoment von bis zu 140 Nm zum Antrieb bei. Zudem soll er den Treibstoffverbrauch um bis zu sechs Prozent senken. Der Testverbrauch fällt mit 7.9 Litern für einen Diesel trotzdem etwas hoch aus.
Die steifere Rahmen sowie das hohe Drehmoment sorgen dafür, dass der Discovery Sport nach wie vor ein echter Landy ist, der den Gang ins Gelände keinesfalls scheut. Das durften wir im vergangenen Sommer auf einer Testfahrt rund um Barcelona erleben (AR 39/2019). Die Regelung Terrain Response 2 dosiert Schlupf und Traktion perfekt. Durch das optionale Clear Sight Ground (1660 Fr.) erscheint die Motorhaube durchsichtig, damit man sieht, was sich unter dem Auto abspielt. Gut manövrieren lässt sich damit nach jedem Abenteuer auch auf der Parkplatzsuche oder in engen Gassen.
Der Discovery Sport jedenfalls lädt zu beinahe jeder Eventualität ein. Wie er sich durch den Neuschnee, der kürzlich in der Nähe von Solothurn niederging, pflügte, das zeugt von grosser Souveränität. Während viele andere Verkehrsteilnehmer unfreiwillig um die Kurve schlitterten, zog der allradgetriebene Discovery Sport locker seine Bahnen. Allein schon dafür sollte die Queen das Schwert ziehen und ihn zum Ritter schlagen.
Die technischen Daten und die AR-Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.