Keine Frage, mit der Wiederbelebung der Marke Alpine hat Renault die Fans von Sportwagentradition im Jahr 2012 in einen Freudentaumel gestossen. Zwar mussten sie weitere fünf Jahre warten, bis sich die ersten Produkte materialisierten, doch das Warten hat sich gelohnt. Wie dereinst schon Gründervater Jean Rédélé Mitte der 1950er-Jahre zielt die Marke heute auf Performance durch Leichtbau. Alpine ist zur Philosophie Rédélés zurückgekehrt und zugleich an jenen Ort, wo Rédélé seine Fahrzeuge gebaut hatte, ins nordfranzösische Dieppe.
Wie das Original heisst der Wagen heute wieder A110 und ist optisch eng an das Urkonzept angelehnt. Das gefällt auch bei der neusten Variante, die als A110S in diesen Tagen anrollt und bei Preis und Leistung die neue Spitze bei Alpine darstellt. Feine optische Unterschiede, ein strafferes, agiler abgestimmtes Fahrwerk und eine Leistungssteigerung sind die wichtigsten Merkmale des Modells. Das zusätzliche Feuer in der A110S signalisiert Alpine mit dem Wechsel von blauen zu orangen Farbakzenten bei Bremssätteln, Kontrastnähten und Flaggensymbol.
Härter und stärker
Im Nacken des Fahrers wurde die Leistung des bekannten 1.8-Liter-Turbomotors mittels erhöhtem Ladedruck um 40 PS auf 292 PS gesteigert. Unverändert bleibt die Drehmomentspitze, wobei die 320 Nm viel länger anstehen als beim etwas schwächeren Motor (bis 6400 statt 5000/min). Die Mehr-PS wirken sich auf Beschleunigung und Topspeed aus (s. technische Daten), die Drehmomentkurve wiederum steigert die Elastizität. Obwohl die Veränderungen auf diesem Niveau im Alltag von akademischer Natur sein dürften, reichen die Werte in jedem Fall zu erhöhter Adrenalinausschüttung. Wenn das Gas mit Nachdruck bedient wird, dann wird die A110 zum wahrhaftigen Energiebündel.
Die Anpassungen im Fahrwerksbereich sind gut spürbar. Abstimmung, Dynamikregelung, Radgeometrie und Reifenmischung wurden bei der A110S in eine Richtung zugespitzt, welche das Fahrerlebnis zusätzlich schärft. Damit einher gehen eine um vier Millimeter tiefergelegte Karosserie und eine spürbar straffere Abstimmung, welche durch um 50 Prozent härtere Federraten und entsprechend angepasste Dämpfer erzielt wird. Gleichwohl ist es Alpine gelungen, die Alltagstauglichkeit nicht zu sehr zu beschneiden, nur bei kurzen Stössen oder auf Kopfsteinpflaster werden von den Insassen gewisse Nehmerqualitäten vorausgesetzt.
Ambitionen im Sportwagenbereich zeigen sich zudem durch das Feintuning bei Felgen und Reifen, allerdings kaschierten die saisonbedingten Winterreifen bei uns die Verbesserungen. Das ändert nichts am bereits sehr guten Ansprechverhalten der Lenkung und am höchst lebhaften Kurvenverhalten des sportlichen Zweisitzers. Spürbar verändert der Fahrer den Wagencharakter mittels Lenkradtaste in drei Stufen (Normal, Sport, Track), wobei mit 1114 Kilogramm ein bemerkenswertes Leistungsgewicht von nur 3.82 Kilogramm pro PS geboten wird.
Eine echte Spassmaschine
Der in Aluleichtbauweise konstruierte Wagen reagiert auf Gas und Bremse sehr dezidiert und vermittelt auf Bergstrecken eine Agilität, die sich an der berauschenden Leichtfüssigkeit der Supersportwagen von McLaren zu orientieren scheint. Kurve für Kurve manifestieren sich die Meriten von Alpine, die eine harmonische Mischung aus Agilität, Komfort und Fahrspass abgeben. Nach unserem ausgedehnten Ausritt sind wir sicher, dass Jean Rédélé mit der neuen Interpretation seiner Philosophie zufrieden wäre.
Teil der spezifischen Ausstattung in der A110S sind Hochleistungsbremsen mit grösseren Scheiben (4×320 mm). Dazu kommen bequeme, gut stützende Sabelt-Sportsitze, Karbonapplikationen und eine wohlklingende Focal-Audioanlage. Beim Modellmix rechnet Alpine bei der A110 Pure mit den geringsten Zahlen. Den Löwenanteil teilen sich die luxuriöser getrimmte A110 Légende und die neue, sportlichere A110S – mit leichtem Vorteil für die Légende. In der Alpine-affinen Schweiz, wo die Marke über fünf Händler vertrieben wird, wiederum sehen die Franzosen die S leicht vorne.
Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.