Fahrspass pur

GENERATION 2020 Alfa Romeo Giulia und Stelvio kommen qualitativ aufgemöbelt und mit verbesserten Assistenzsystemen sowie besserer Konnektivität. Wir fuhren die Veloce-Varianten.

Die derzeit sportlichsten Herzen der Limousine beziehungsweise des SUV der Generation 2020 von Alfa Romeo leisten 210 PS als Diesel und 280 PS als Benziner. Wobei der 280er-Benziner wohl am ehesten zur Giulia passt, während der Stelvio mit dem 210-PS-Diesel sehr gut bedient ist. Beide gibt es aber mit beiden Motorisierungen und die Giulia auch mit Allrad. Dem Kunden bleibt die Qual der Wahl, vor allem, wenn er die Ausführungen Super, Business, Ti oder Sprint ins Auge fasst. «Es sind Autos, die man erfahren muss, nicht nur fahren», betonte Alfa-Romeo-Chef Alberto Cavaggioni. Als Zielpublikum definiert er vor allem «mehr junge Leute, mehr Frauen – und Kunden, die nach einer Alternative suchen».

Giulia Veloce 2.0 Turbobenziner
Als Testauto wählten wir zuerst den Giulia Veloce Q4, was für 4×4 steht, in Misano Blue. Der Startknopf links im neuen Multifunktionslenkrad liess den Vierzylinder soundgedämpft grummeln. Die Testroute im süditalienischen Apulien führte von Bari die Küstenstrasse SS16 entlang bis Egnazia durch idyllische Orte wie Polignano a Mare oder Monopoli. Sie unterforderte die Giulia völlig. 280 Pferde wollen eigentlich springen, zumindest ab und zu, sie mussten aber zurückgebunden werden, weil es die Strassenverhältnisse und die vielen Ortspassagen schlicht nicht zuliessen. Schade, vor allem, weil später am Tag von Alfa Romeo wiederholt auf die neue Dynamik des Produktes hingewiesen wurde. So war auch wenig von den Vorteilen eines Allradantriebs zu spüren. Dafür zeigte sich der Spurassistent im städtischen Raum ebenso äusserst aktiv wie der Abstandsregeltempomat, der hier zwischen 0 und 60 km/h limitierbar ist (aus­ser­orts 0 bis 145 km/h), um bei plötzlichen Stopps Auffahrkollisionen vermeiden zu helfen. Der Spurassistent sorgte bei halbautonomem Fahren dafür, dass nicht nur das Auto mittig zwischen die weissen Begrenzungslinien gezwungen wurde, sondern auch dafür, dass der Lenker nach spätestens acht Sekunden energisch ermahnt wurde, seine Hände wieder ans Steuer zu legen, sollte er dieses (hier aus Versuchsgründen) unterlassen haben. 

Immerhin, so die Alfa-Leute, vermag das modernisierte System autonomes Fahren der Stufe 2 zu erfüllen. Denn auch der italienische Autohersteller steuert Stufe 3 oder höher an. Die Frage sei erlaubt, ob ausgerechnet ein Alfa dafür prädestiniert ist, dessen ureigenste Charaktereigenschaft doch Vermittlung des Fahr­spasses sein soll und schon immer war. Der Motor lieferte die geforderte Leistung klaglos, sobald man sie brauchte. Dass er ein Vierzylinder ist, war aber unüberhörbar. Das Alfa-Herz schlug heftig und brachte 400 Nm auf die Strasse.

Attraktiv: Das Interieur von Giulia (o.) und Stevio (u.) ist sportlich-elegant gestaltet. Der 8.8-Zoll-Touchscreen dürfte etwas grösser ausfallen. 

Nerviges Navi
Das Navi mit dem etwas kleinen 8.8-Zoll-Touchscreen verunsicherte, weil es einerseits zu spät Abzweigungen ankündigte, andererseits hartnäckig immer wieder auf ein programmiertes Zwischenziel zusteuerte, obwohl man eigentlich längst das Endziel angepeilt hatte. Das Umprogrammieren beziehungsweise das Löschen des Zwischenziels erwies sich als aufwendig, selbst im Stillstand. Also blieb am Ende nichts anderes übrig, als mit gesundem Menschenverstand weiterzufahren. Hier ist einzuräumen, dass man möglicherweise das System auf die Schnelle nicht völlig verinnerlicht hatte, das Alfa Romeo als «anwenderfreundlich und intuitiv» anpreist.

Stelvio Veloce 2.2 Turbodiesel
Dass voluminösere Raumgefühl beim Entern des Stelvio in der klassischen Farbe Competizione Red stellt sich sofort ein, die etwas höhere Sitzposition ist vorteilhaft, wobei der Stelvio es irgendwie fertigbringt, eher wie ein luxuriöser Kombi als wie ein SUV anzumuten. Der Fahrersitz ist sehr gut auf die individuelle Physiognomie einstellbar, das gut in der Hand liegende Multifunktions-Lenkrad kann wie bei der Giulia nur mechanisch justiert werden. 

Obwohl er das etwas schwerere Fahrzeug ist und mit den 210-Diesel-PS etwas schwächer motorisiert scheint, liess sich der Stelvio ziemlich flink bewegen. Letztendlich gibt hier das Drehmoment (470 Nm) den Ausschlag – typisch Diesel übrigens.

Die Varianten
Die Variantenvielfalt der Generation 2020 sollte für jeden etwas bieten: Die Giulia gibt es ebenso wie den Stelvio als Basisversion Super, gefolgt von der Ausstattungsvariante Business und dem sportlichen Ti (Turismo internazionale), aber auch als Sprint und Veloce. Der Giulia vorbehalten bleibt die Ausführung Veloce Ti. Hier stehen folgende Motoren zur Verfügung: der 2.0-Liter-Benziner mit 200 PS und der 2.2-Liter-Turbodiesel mit 136 PS, beide mit Heckantrieb und Automatikgetriebe. Die Super-Ausführung ist auch mit 160- beziehungsweise 190-PS-Dieselmotoren zu haben, während die sportlichsten Giulia Veloce und Veloce Ti von 280- beziehungsweise 210-Diesel-PS angetrieben werden.

Beim Stelvio stehen zwei Automatikvarianten mit einem 200-PS-Benziner (4×4) und einem 2.2-Liter-Turbodiesel mit 160 PS und Hinterradantrieb im Angebot. Den Super treibt ein 190 PS starker 2.2-Liter-Turbodiesel an (4×4), den Ti gibt es mit 200- und 280-PS-Benzinern sowie 160-, 190- und 210-PS-Dieselmotoren, ausserdem den Veloce mit 280 PS (Benzin) und 210 PS (Diesel).

Alfa Romeo packt in die beiden aktualisierten Modelle die neueste ­Generation an Fahrassistenten – im Bild der Totwinkelwarner.

Der Fahrspass dominiert
Kann man die Dynamik beider getesteten Autos wirklich auskosten, bereiten sie extrem (Fahr-)Spass und sind mehr als nur Fortbewegungsmittel. Man hätte sich dafür ein paar Kilometer mehr völlig abgelegene Landstrassen Apuliens gewünscht. Beide Alfa sind ausnehmend schön, vor allem die Giulia ist ziemlich sexy. Das Interieur macht optisch etwas her, es bewegt sich zwischen edel und sportlich, ist allerdings nur begrenzt exklusiv. Der Will-haben-Reflex wird auf jeden Fall ausgelöst. Zwar kann man bei derartig beworbenen Produkten immer ein paar PS mehr gebrauchen, aber die Sportherzen der beiden Modelle genügen vollauf. Die Luft nach oben bieten dann Motoren der Quadrifoglio-Varianten mit 510 PS, die 2020 kommen. Die viel gepriesenen verbesserten Fahrassistenten sind bei Mitbewerbern längst Standard. Vor allem beim Navi wäre mehr möglich, ihm fehlt es an Schnelligkeit und Präzision. 

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